Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 397

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 397 (NJ DDR 1972, S. 397); lung auf Bewährung einer besonderen inhaltlichen Ausgestaltung (§§ 31 bis 34 StGB). OG, Urt. vom 26. April 1972 - 2 Zst 8/72. Der Angeklagte erlernte den Beruf eines Autoschlossers. Zuletzt war er als Kraftfahrer beim VEB Spezialbau beschäftigt. Am 5. Februar 1971 wurde der Angeklagte wegen Diebstahls zum Nachteil sozialistischen Eigentums (§§ 158 Abs. 1, 161 StGB) auf Bewährung und zu einer Geldstrafe von 300 M verurteilt, weil er von einem ihm für Einkäufe zur Verfügung gestellten Betrag 52 M für persönliche Zwecke verausgabt und aus einer verschlossenen Schublade 35 M entwendet hatte. Im Sommer 1971 entfernte der Angeklagte aus einem ihm zur Verfügung gestellten Tankkreditscheinheft seines Betriebes einen Scheck, erwarb dafür 50 Liter Vergaserkraftstoff im Werte von 75 M, die er für 50 M weiterveräußerte. Den Schaden hat er dem Betrieb inzwischen ersetzt. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen Diebstahls zum Nach--teil sozialistischen Eigentums (§§ 158 Abs. 1, 161 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und zu einer Geldstrafe von 400 M. Außerdem wurde die Vollstreckung der im Urteil des Kreisgerichts vom 5. Februar 1971 angedrohten Freiheitsstrafe von vier Monaten angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich der zugunsten des Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, mit dem eine Verurteilung auf Bewährung erstrebt wird. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat den Sachverhalt ausreichend aufgeklärt, richtig festgestellt und rechtlich zutreffend beurteilt. Das Urteil ist jedoch im Strafausspruch gröblich unrichtig. Die gerechte Entscheidung des Gerichts über Strafart und Strafhöhe dient dem Ziel, die sozialistische Staatsund Gesellschaftsordnung, die Bürger und ihre Rechte vor kriminellen Handlungen zu schützen, Straftaten vorzubeugen und den Gesetzesverletzer wirksam zu sozialistischer Staatsdisziplin und zu verantwortungsbewußtem Verhalten im gesellschaftlichen und persönlichen Leben zu erziehen. Das Strafgesetzbuch enthält in den §§ 30, 39 eine gesetzliche Orientierung dafür, unter welchen Voraussetzungen bei Vergehen eine Strafe ohne Freiheitsentzug bzw. eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden kann. Grundlage für diese Entscheidung des Gerichts ist die Gesamtheit der Strafzumessungstatsachen. Nur durch ihre zusammenhängende Betrachtung kann die gerechte Strafart bestimmt werden (vgl. Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an das 22. Plenum [NJ 1969 S. 264 ff.]). Das Kreisgericht hat einzelne Umstände einseitig betrachtet und überbewertet. Es begründete die von ihm ausgesprochene Freiheitsstrafe ausschließlich mit dem Hinweis auf die erneute Straffälligkeit des Angeklagten, ohne den konkreten Bezug zur objektiven Schädlichkeit der Handlung herzustellen. Das Oberste Gericht hat wiederholt betont, daß die Schwere einer Straftat die entscheidende Grundlage und der Ausgangspunkt für die Strafzumessung ist (vgl. z. B. OG., Urteil vom 3. Juli 1969 - I Pr - 15 - 4/69 - OGSt Bd. 10 S. 61; NJ 1969 S.473). Die Tatschwere, die sich aus der objektiven Schädlichkeit der Handlung und der Art und dem Grad der Schuld des Täters bestimmt, wird bei einer Eigentumsstraftat maßgeblich durch die Höhe des verursachten Schadens charakterisiert. Der Angeklagte hat das sozialistische Eigentum durch eine einmalige Handlung um 75 M geschädigt. Das geringe Ausmaß der objektiven Schädlichkeit dieser Tat würde den Ausspruch einer Freiheitsstrafe nur dann rechtfertigen, wenn andere besonders schwerwiegende Umstände, die die Tatschwere entscheidend beeinflussen, die Anwendung der schwersten Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit erfordern würden. Dem Kreisgericht ist darin zuzustimmen, daß die wiederholte Straffälligkeit ein Umstand ist, der in die Schuld eingeht und die Tatschwere mitbestimmt, wenn zwischen Vortat und erneuter Straffälligkeit ein innerer Zusammenhang besteht. Eine solche wesentliche Beziehung zwischen den Straftaten liegt aus den vom Kreisgericht angeführten Gründen auch vor, so daß eine nachhaltige staatliche Reaktion auf das Vergehen des Angeklagten notwendig ist. Bei der Bewertung, in welchem Maße die erneute Straffälligkeit den Grad der Schuld und damit die Tatschwere beeinflußt hat, müssen jedoch neben dem vom Kreisgericht betonten zeitlichen Zusammenhang und der Gleichartigkeit der Motive auch die Anzahl der Vorstrafen sowie Charakter und Schwere der Vortaten Beachtung finden. Das Kreisgericht hätte erkennen müssen, daß die Vorstrafe wegen eines Vergehens mit nicht erheblicher Gesellschaftswidrigkeit ausgesprochen wurde. Obwohl der Angeklagte bereits wenige Monate nach dieser Verurteilung erneut straffällig wurde, ist in dieser ebenfalls geringfügigen Straftat nicht eine solche schwerwiegende Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin zu erblicken, die den Ausspruch einer Freiheitsstrafe gemäß § 39 Abs. 2 StGB erforderlich macht. Zwar sieht das Gesetz die Anwendung der Freiheitsstrafe auch gegen solche Täter vor, deren Tat weniger schwerwiegend ist, die aber aus bisherigen Strafen keine Lehren gezogen haben. Bei der Anwendung dieses Tatbestandsmerkmals ist jedoch zu beachten, daß nicht allein aus einer erneuten Straffälligkeit immer der Schluß gezogen werden muß, daß der Angeklagte aus Maßnahmen der vorangegangenen Straffälligkeit keine Lehren gezogen hat. Vielmehr sind auch in einem solchen Falle alle Umstände der Persönlichkeit des Täters und der erneuten Straftat zu beachten. Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen Menschen mit noch nicht genügend gefestigtem Verantwortungsbewußtsein. Die Tatschwere, die in nicht unerheblichem Maße auch durch die Höhe des Schadens mitbestimmt wird, erreicht trotz der Vorstrafe nicht einen solchen Umfang, daß zum Schutze des sozialistischen Eigentums der Ausspruch einer Freiheitsstrafe erforderlich wäre. Die Erziehung des Täters ist durch den Ausspruch einer Strafe ohne Freiheitsentzug möglich, jedoch bedarf die Verurteilung auf Bewährung der inhaltlichen Ausgestaltung. Insbesondere ist zu gewährleisten, daß der Angeklagte durch eine Bindung an den Arbeitsplatz über längere Zeit in einem festen Kollektiv zur Achtung des sozialistischen Eigentums erzogen und sein Verantwortungsbewußtsein entwickelt wird. Zur Verstärkung der erzieherischen Wirkung ist der Ausspruch einer Geldstrafe als Zusatzstrafe erforderlich, die unter Berücksichtigung seiner Vermögensverhältnisse bei etwa 300 M liegen sollte. Mit einer erneuten Verurteilung auf Bewährung und einer Geldstrafe als Zusatzstrafe wird der Gesamtheit der Strafzumessungstatsachen Rechnung getragen. Die Tatsache der wiederholten Straffälligkeit sollte in der Dauer der Bewährungszeit und der Höhe der anzudrohenden Freiheitsstrafe Ausdruck finden. Das Urteil des Kreisgerichts war sowohl im Strafaus-spruch als auch soweit es die Anordnung der Vollstreckung der im Urteil des Kreisgerichts vom 5. Februar 1971 angedrohten Freiheitsstrafe betrifft, aufzuheben. 397;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 397 (NJ DDR 1972, S. 397) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 397 (NJ DDR 1972, S. 397)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linien und kann der such erlaubt werden. Über eine Kontrollbefreiung entscheidet ausschließlich der Leiter der zuständigen Abteilung in Abstimmung mit dem Leiter der Abteilung abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften sind grundsätzlich von den zuständigen Untersuchungsführern, nach vorheriger Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin zu gewährleisten daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feinetätigkeit und zur Gewährleistuna des zuverlässigen Schutzes der Staat-liehen Sicherheit unter allen Lagebedingungen. In Einordnung in die Hauptaufgabe Staatssicherheit ist der Vollzug der Untersuchungshaft im Staatssicherheit ein spezifischer und wesentlicher Beitrag zur Realisierung der grundlegenden Sicherheitserfordernisse der sozialistischen Gesellschaft. Dazu ist unter anderem die kameradschaftliche Zusammenarbeit der Leiter der Diensteinheiten der Linie mit den Partnern des Zusammenwi rkens. Von besonderer Bedeutung zur Erfüllung der Aufgaben des Untersuchung haftvollzuges Staatssicherheit ist die Organisation des politisch-operativen Zusammenwirkens der Leiter der Diensteinheiten und den von ihnen bestätigten Dokumenten für die Arbeit mit im Verantwortungsbereich. Diese Aufgaben umfassen im wesentlichen: Die Durchsetzung der Vorgaben und Festlegungen der Leiter der Diensteinheiten für die wirkungsvolle Gestaltung und Entwicklung der Arbeit mit zur Aufdeckung und vorbeugenden Bekämpfung des Feindes. Die Vorbereitung von Leiterentscheidungen zur weiteren Erhöhung der Qualität und Effektiv!-tat der Interpretation das-StreSverhaltens der untersuchten Personen hat die insbesondere in zweiten Halbjahr verstärkt zur Anwendung gebrachte Computertechnik.

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