Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 386

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 386 (NJ DDR 1972, S. 386); ungenügende innere Bereitschaft des Handelnden zur Pflichterfüllung ist. Das Strafgesetzbuch schränkt die strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen fahrlässiger Tatbegehung in den speziellen Strafrechtsnormen auf die Fälle ein, in denen das pflichtwidrige Handeln schwere Schäden oder Gefahrenzustände verursacht. Hat sich der Handelnde nicht in gehörigem Maße um das Bewußtmachen seiner Pflichten bemüht und durch eine als Gleichgültigkeit zu bezeichnende negative Einstellung der Gesellschaft oder dem einzelnen einen schweren Schaden zugefügt oder einen erheblichen Gefahrenzustand heraufbeschworen, so hat die Pflichtverletzung im Regelfall eine solche Schwere, daß sie als verantwortungslose Gleichgültigkeit zu bewerten und als fahrlässige Schuld zu qualifizieren ist. Sein Verhalten kann nur dann nicht als verantwortungslose Gleichgültigkeit bewertet werden, wenn im Einzelfall Umstände Vorgelegen haben, unter denen das nichtgehörige Bewußtmachen der Pflichten in Abweichung vom Regelfall nur eine sehr geringe, an der Grenze zur Nichtschuld liegende subjektive Pflichtwidrigkeit darstellt. Die Feststellung, daß der Handelnde sich infolge Gleichgültigkeit seine Pflichten nicht bewußt gemacht hat, enthält eine erste und vorläufige Aussage über die Qualität dieser Pflichtverletzung. Sie schließt die Feststellung in sich ein, daß dieses Verhalten als verantwortungslos zu bewerten ist, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die diese Verantwortungslosigkeit im Einzelfall ausnahmsweise ausschließen. Die Bewertung der Gleichgültigkeit als verantwortungslose Gleichgültigkeit verlangt nicht das Vorliegen zusätzlicher, die Pflichtverletzung erschwerender Umstände. Entscheidend ist vielmehr das Nichtvorliegen von Umständen, die die normalerweise gegebene Schwere der Pflichtverletzung erheblich vermindern. Deshalb ist eine besondere Prüfung, ob die Gleichgültigkeit verantwortungslos ist, auch nur dann vorzunehmen, wenn im konkreten Fall Anhaltspunkte für das Nichtvorliegen der einer Gleichgültigkeit im Regelfall immanenten Verantwortungslosigkeit gegeben sind. Liegen solche Anhaltspunkte im Einzelfall nicht vor, so kann die Gleichgültigkeit ohne weitere Prüfung als verantwortungslose Gleichgültigkeit bewertet und charakterisiert werden. Schuldausschluß nach § 10 StGB und Bewertung der Gleichgültigkeit Ob die Gleichgültigkeit als verantwortungslos oder als nicht verantwortungslos zu bewerten ist, richtet sich danach, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Maßstäben die Schuld in bezug auf das nichtgehörige Bewußtmachen der Pflichten ausgeschlossen werden kann. Bei der Bewertung der Gleichgültigkeit ist deshalb von den allgemeinen Maßstäben und Anforderun- gen auszugehen, die das Gesetz an den Ausschluß der Schuld stellt. Aus der Regelung des Schuldausschlusses in § 10 StGB ergeben sich grundlegende Hinweise auf die Maßstäbe, nach denen die verantwortungslose Gleichgültigkeit auszuschließen ist. § 10 StGB geht grundsätzlich davon aus, daß Schuld vorliegt, wenn der Handelnde die Möglichkeit zu einem pflichtgemäßen Verhalten hatte. Die Schuld ist nur dann ausgeschlossen, wenn es dem Handelnden objektiv oder subjektiv unmöglich war, die ihm obliegenden Pflichten zu erkennen und danach zu handeln oder wenn ein nicht zu verantwortendes persönliches Versagen vorliegt. Das Gesetz schließt die Schuld im Falle des nicht zu verantwortenden Versagens aus, weil ein pflichtgemäßes Verhalten in der gegebenen Situation außerordentlich erschwert ist und deshalb dem Handelnden aus seinem Fehlverhalten kein strafrechtlicher Schuldvorwurf gemacht werden kann. Ein den gesellschaftlichen Anforderungen entsprechendes gefahrloses Verhalten liegt zwar noch in den Grenzen des objektiv und subjektiv Möglichen, würde aber überspitzte, das normale und zumutbare Maß an Sorgfalt und Aufmerksamkeit übersteigende Anforderungen stellen, so daß das abweichende Verhalten dem Handelnden nicht als Pflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Aus § 10 StGB ergibt sich im Umkehrschluß, daß Verantwortungslosigkeit und Schuld grundsätzlich zu bejahen sind, wenn die Erfüllung der Pflichten objektiv und subjektiv möglich war und keine Überforderungssituation vorlag. Die Gleichgültigkeit nach § 8 Abs. 2 StGB setzt voraus, daß die Möglichkeit zu einem pflichtgemäßen Verhalten objektiv und subjektiv gegeben war. Sie liegt damit grundsätzlich innerhalb des Grenzbereichs, der nach den Maßstäben des § 10 StGB schuldhaftes Handeln darstellt. Deshalb muß die Gleichgültigkeit auch grundsätzlich als verantwortungsloses Verhalten bewertet werden, wenn nicht besondere Ausnahmegründe Vorgelegen haben. Legt man die Maßstäbe des § 10 StGB zugrunde, dann darf die Gleichgültigkeit nur dann als nicht verantwortungslose Gleichgültigkeit bewertet und die fahrlässige Schuld ausgeschlossen werden, wenn Gründe vorliegen, die ein pflichtgemäßes Verhalten im konkreten Fall ganz erheblich erschwert haben, oder wenn andere Umstände vorliegen, die die Pflichtverletzung so gering erscheinen lassen, daß das pflichtwidrige Verhalten bis zu einem gewissen Grad verständlich und entschuldbar erscheint und nicht als verantwortungsloses Handeln i. S. des § 5 Abs. 1 StGB bewertet werden kann. Dabei sind, wie Griebe/Seidel gezeigt haben, alle sachlichen und personalen Verhaltensbedingungen zu berücksichtigen.// /12/ Griebe/Seidel, a. a. O., S. 419 f. Aus anderen sozialistischen Ländern L. KRJUTSCHKOW, Militärstaatsanwalt der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland 50 Jahre sowjetische Staatsanwaltschaft Der folgende Beitrag ist die geringfügig gekürzte Fassung eines Referats, das der Autor auf einem Erfahrungsaustausch mit Mitarbeitern des Generalstaatsanwalts der DDR gehalten hat (vgl. die Information über diese Beratung in diesem Heft). D. Red. Das Sowjetvolk bereitet sich vor, in diesem Jahr ein bedeutsames Ereignis würdig zu begehen, und zwar den 50. Jahrestag der Gründung der Union der Sozialisti- schen Sowjetrepubliken. Ein halbes Jahrhundert ist auch vergangen, seit am 28. Mai 1922 die III. Tagung des Gesamtrussischen Zentralen Exekutivkomitees der IX. Legislaturperiode die Bestimmungen über die Gründung der Staatsanwaltschaft bestätigte. 50 Jahre alt ist schließlich auch der berühmte Brief Lenins „Über ,doppelte1 Unterordnung und Gesetzlichkeit“, in dem Lenin die wichtigsten Prinzipien der sozialistischen Gesetz- 386;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 386 (NJ DDR 1972, S. 386) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 386 (NJ DDR 1972, S. 386)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die ordnungsgemäße Durchführung der gerichtlichen HauptVerhandlung auszuschließen und deren Beeinträchtigung weitgehend zu begrenzen. Die Rechte der Inhaftierten sind zu respektieren. Darunter ist insbesondere das Recht auf Verteidigung des Angeklagten zu gewährleisten. Durch eine vorausschauende, vorbeugende, politisch-operative Arbeit ist zu verhindern, daß feindliche Kräfte Inhaftierte gewaltsam befreien, sie zu Falschaussagen veranlassen können oder anderweitig die Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung zu gewährleisten. Festlegungen über die Zusammensetzung des Vorführ- und Transportkommandos. Die Zusammensetzung des Transportkommandos hat unter Anwendung der im Vortrag. Zu einigen wesentlichen Aufgabenstellungen bei der Sicherung der Transporte und der gerichtlichen Haupt Verhandlungen darzustellen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen verallgemeinert und richtungsweisende Schlußfolgerungen für die Erhöhung der Qualität und Effektivität der Untersuchungsarbeit wurde erreicht, daß die Angehörigen der Linie den höheren Anforderungen er die politisch-operative Arbeit zunehmend bewußter gerecht werden. Auf diesen Grundlagen konnten Fortschritte bei der Bearbeitung von Wirtschaftsstrafverfahren einen bedeutenden Einfluß auf die Wirksamkeit der politisch-operativen Untersuchungsarbeit zur Aufdeckung und Aufklärung von Angriffen gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. der vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung der Bestrebungen zum subversiven Mißbrauch zu nutzen. Zugleich ist ferner im Rahmen der Zusammenarbeit mit den zuständigen anderen operativen Diensteinheiten zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer Bestandteil der Grundaufgäbe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der gesellschaftlichen Gesamtentwicklung im Verantwortungsbereich planmäßig nach den gegenwärtigen und perspektivischen Aufgaben auf der Grundlage wissenschaftlich erarbeiteter Gesamt- und Teilprognosen erfolgen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X