Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 385

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 385 (NJ DDR 1972, S. 385); tenden Mitarbeiter über Arbeitsschutzbestimmungen entsprechend ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und ihrer individuellen Möglichkeiten); die subjektiven Ausgangsbedingungen seines Verhaltens nicht verantwortungsbewußt überprüft (z. B. Fahrtüchtigkeit, persönliche Qualifikation für die übernommene Tätigkeit); sich nicht genügend darum bemüht, die objektiven Ausgangsbedingungen seines Handelns zu überprüfen (z. B. vorschriftsmäßige Überprüfung der Bremsanlage des Fahrzeugs, ordnungsgemäße Befestigung der Ladung); seine Aufmerksamkeit während der Ausübung der Tätigkeit nicht im gehörigen Maße auf das Handlungsgeschehen konzentriert und deshalb verhaltensrelevante Bedingungen nicht wahrnimmt, aus denen sich für ihn bestimmte Verhaltenspflichten ergeben (z. B. Übersehen von Verkehrszeichen); die erkannten verhaltensrelevanten Bedingungen subjektiv fehlerhaft oder gar nicht verarbeitet und deshalb nicht erkennt, wie er sich pflichtgemäß zu verhalten hat. Zur Definition des Begriffs „Gleichgültigkeit“ Das nichtgehörige Bemühen um das Bewußtmachen der Pflichten kann sowohl in der Ausgangsphase als auch in der Vollzugsphase des Verhaltens liegen. Es besteht in vielen Fällen darin, daß der Handelnde seine Aufmerksamkeit nicht in gehörigem Maße auf das Handlungsgeschehen konzentriert und deshalb nicht erkennt, wie er sich pflichtgemäß zu verhalten hat. Deshalb wurde die verantwortungslose Gleichgültigkeit auch definiert als „das nicht gehörige Zuwenden der Aufmerksamkeit auf die entsprechenden Vorgänge und Pflichten , das nicht durch Überforderung bzw. Versagen oder Unvermögen hervorgerufen worden ist“/9/. Diese Definition stellt nicht auf den Begriff der Einstellung ab. Sie arbeitet aber im wesentlichen die Prüfungsanforderungen der unbewußt fahrlässigen Pflichtverletzung richtig heraus. Unter diesem Aspekt kann die in der Rechtsprechung entwickelte Definition der Gleichgültigkeit noch nicht voll befriedigen. Sie gibt zwar eine hinreichende Charakterisierung der Merkmale, die den Inhalt der negativen Einstellung zu den sozialen Verhaltensforderungen und Werten kennzeichnen (den Pflichten ungenügende Bedeutung beimessen, herabgesetzte Bereitschaft zur pflichtbewußten Auseinandersetzung); sie beantwortet aber nicht die für die Schuldfeststellung primäre Ausgangsfrage, nach welchen Kriterien die herabgesetzte Bereitschaft zum Bewußtmachen der Pflichten zu beurteilen ist und gibt dadurch keine genügende Orientierung auf die im Einzelfall zu prüfenden Umstände. Ob der Handelnde seinen Pflichten genügende oder ungenügende Bedeutung beigemessen hat, kann nur danach beurteilt werden, ob er sich in der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Weise darum bemüht hat, sich diese Pflichten bewußt zu machen. Die Beantwortung dieser Frage erfordert, daß Inhalt und Umfang der Pflichten sowie die individuellen Möglichkeiten und die Grenzen der Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit, der Reaktionsfähigkeit usw. exakt bestimmt werden und geprüft wird, ob der Handelnde das ihm Gebotene und Mögliche getan hat, um sich pflichtgemäß zu verhalten.' Der eigentliche Inhalt der Schuldprüfung und das Kriterium der negativen, tatbezogenen Einstel- 191 Strafrecht der DDR Allgemeiner Teil, Femstudienmate-rial der Humboldt-Universität, Heft 5, S. 137 f.; Felfe, „Die strafrechtliche Relevanz der Fahrlässigkeit bei unbewußter Pflichtverletzung im Straßenverkehr“. NJ 1967 S. 401 ff.; Os-menda, „Zum Begriff .verantwortungslose Gleichgültigkeit“ bei Verkehrsdelikten“. NJ 1968 S. 558 f. lung bzw. Haltung zu den Pflichten erscheint in dieser Definition selbst nicht. Deshalb wird folgende Definition vorgeschlagen: Gleichgültigkeit ist die gesellschaftlich unvertretbare Einstellung zu den Pflichten, die dadurch gekennzeichnet ist, daß der Handelnde im konkreten Fall nicht die ihm objektiv gebotene und subjektiv mögliche Sorgfalt und Aufmerksamkeit aufgewendet hat, um sich die ihm obliegenden Pflichten bewußt zu machen und sein Handeln danach zu bestimmen. Der Begriff der Gleichgültigkeit in dem hier definierten Sinne bestimmt die Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, ob das Nichtbewußtmachen der Pflichten im konkreten Fall überhaupt den Charakter eines pflichtwidrigen Verhaltens hat. Die Gleichgültigkeit besagt, daß der Handelnde seine individuellen Möglichkeiten zu pflichtgemäßem Verhalten nicht oder nicht ganz ausgeschöpft hat. Die Verantwortungslosigkeit als qualifizierendes Kriterium der Gleichgültigkeit Nach § 8 Abs. 2 StGB muß die Gleichgültigkeit den Charakter einer verantwortungslosen Gleichgültigkeit haben, um strafrechtliche Fahrlässigkeit zu begründen. Griebe / Seidel ist zuzustimmen, daß dieses Merkmal „ein die Gleichgültigkeit inhaltlich ausgestaltendes, gewissermaßen qualifizierendes Kriterium“ ist und deshalb zu prüfen ist, „ob nicht nur Gleichgültigkeit gegeben ist, sondern ob diese Gleichgültigkeit unter den konkreten Umständen auch das Merkmal des Verantwortungslosen erlangt“./10/ Der Begriff „verantwortungslos“ verlangt eine bestimmte Qualität des gleichgültigen Verhaltens. Die Gleichgültigkeit selbst verkörpert zwar schon ein nicht verantwortungsgemäßes, pflichtwidriges Verhalten. Die verantwortungslose Gleichgültigkeit stellt aber eine spezifische Ausprägung der im Begriff der Gleichgültigkeit enthaltenen, auf das Bewußtmachen der Pflichten bezogenen Pflichtverletzung dar. Der Begriff „verantwortungslos“ ist in seiner Bezugsetzung zur Gleichgültigkeit der Maßstab für die subjektive Pflichtwidrigkeit, für das nichtgehörige Bemühen zum Bewußtmachen der Pflichten. Er sondert aus den gleichgültigen Verhaltensweisen diejenigen aus, bei denen das nichtgehörige Bemühen um das Bewußtmachen der Pflichten ein solches Maß an subjektiver Pflichtwidrigkeit verkörpert, daß es nach den Kriterien des § 5 Abs. 1 StGB als strafrechtliche Fahrlässigkeit zu qualifizieren ist. An das Merkmal der verantwortungslosen Gleichgültigkeit dürfen jedoch keine überspitzten Anforderungen gestellt werden, die zu einer nicht vertretbaren Einschränkung der fahrlässigen Schuld führen. Es kann nicht gefordert werden, dgß zusätzlich zu der Gleichgültigkeit, also der schuldbegründenden Nichtkenntnis der Pflichten, besondere Umstände hinzutreten, die die Schuld erschweren und das mangelhafte Bemühen um das Bewußtmachen der Pflichten als besonders nachlässiges oder grob unaufmerksames Verhalten charakterisieren. Griebe/Seidel schreiben: „§ 8 Abs. 2 enthält ausdrücklich das Merkmal verantwortungslos“, um nur solche Fälle von unbewußten Pflichtverletzungen infolge Gleichgültigkeit zu erfassen, bei denen der Handelnde in erheblichem (gesellschaftswidrigem) Maße die innere Bereitschaft zur Pflichterfüllung vermissen ließ.“/ll/ Dabei muß jedoch beachtet werden, daß die Gleichgültigkeit in der Regel schon selbst Ausdruck für 710/ Griebe/Seidel, „Zur unbewußten Pflichtverletzung Infolge verantwortungsloser Gleichgültigkeit 1. S. des § 8 Abs. 2 StGB“. NJ 1971 S. 418. (419). 711/ Griebe/Seidel, a. a. O., S. 419. 385;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 385 (NJ DDR 1972, S. 385) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 385 (NJ DDR 1972, S. 385)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Auf der Grundlage der Direktive und der zu erlassenden Durchführungsbestimmungen zur Direktive ist in den Diensteinheiten Staatssicherheit unverzüglich mit der Überarbeitung der Mobilmachungsplanung und der zusätzlichen organisatorischen Mobilmachungsmaßnahmen, die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben; die Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Rechts; Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher, Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gosellschafts-schädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischsn Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben abschließend zu beraten. Außerdem gilt es gleichfalls, die sich für die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen tatsächlich vorliegen.

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