Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 382

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 382 (NJ DDR 1972, S. 382); Zur Diskussion Prof. Dr. habil. WILFRIED FRIEBEL, Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena Das Verhältnis der gesetzlichen Schulddefinition zum Begriff „verantwortungslose Gleichgültigkeit" i. S. des § 8 Abs. 2 StGB Bisherige Definitionen der verantwortungslosen Gleichgültigkeit i. S. des § 8 Abs. 2 StGB gehen vorwiegend von dem Begriff der Einstellung aus und charakterisieren die Gleichgültigkeit als „unvertretbare Einstellung des Täters“/1/, als „psychische Einstellung, durch die mehreren möglichen Alternativen (von Ereignissen, Handlungen, Entscheidungen usw.) trotz entsprechender objektiver Unterschiede gleiche subjektive Bedeutung, also gleiche Gültigkeit1 gegeben wird“/2/. Das Oberste Gericht präzisiert den Begriff der Gleichgültigkeit in bezug auf die fahrlässigen Straftaten im Straßenverkehr als „eine zeitweilige oder dauerhafte gesellschaftswidrige Einstellung eines Täters, die dadurch gekennzeichnet ist, daß den Pflichten beim Führen eines Fahrzeuges eine ungenügende Bedeutung beigemessen wird, in diesem Zusammenhang eine herabgesetzte Bereitschaft zur pflichtgemäßen Auseinandersetzung mit Verkehrssituationen besteht, die schließlich oberflächliche oder vorschnelle Handlungen nach sich zieht“/3/. Mit der Definition der Gleichgültigkeit als Einstellung ist der Ausgangspunkt für die inhaltliche Bestimmung dieses Begriffs gewonnen, jedoch noch keine hinreichende Orientierung auf die zu prüfenden Schuldkriterien gegeben. Der Begriff „Einstellung“ ist mehrdeutig. Er wird gewöhnlich zur Kennzeichnung psychischer Haltungen benutzt, die das Handeln determinieren bzw. motivieren. So heißt es im Lehrkommentar zum StGB wörtlich, „daß nicht jede unbewußte Pflichtverletzung Fahrlässigkeit im Sinne des Strafrechts begründet, sondern nur solche, der bestimmte unvertretbare Einstellungen des Täters zugrunde lagen“ (Hervorhebung von mir. W. F.)/4/. Von diesem Einstellungsbegriff ausgehend, müßte der Begriff der Gleichgültigkeit auf die der Pflichtverletzung zugrunde liegende Einstellung bezogen werden. Er würde eine bestimmte unvertretbare psychische Haltung charakterisieren, aus der die Pflichtverletzung erwächst, und damit die subjektive Wurzel bzw. Triebkraft der Pflichtverletzung erfassen. Meines Erachtens ist es zweifelhaft, ob diese Auffassung geeignet ist, den Inhalt des Begriffs der Gleichgültigkeit richtig zu bestimmen. Die Beziehung des Handelnden zur Gesellschaft Bei der Auslegung des Begriffs der verantwortungslosen Gleichgültigkeit ist von der gesetzlichen Schulddefinition auszugehen. § 5 Abs. 1 StGB charakterisiert die Schuld als spezifische Beziehung des Handelnden zur Gesellschaft; der Inhalt der Schuld wird durch die Verantwortungslosigkeit des Handelnden bestimmt. Damit ist die grundsätzliche Orientierung für die Interpretation der gesetzlichen Schuldmerkmale und die 11/ StGB-Lehrkommentar, Berlin 1969, Anm. 4 zu § 8 (Bd. 1, S. 97). 121 Gäbler/Schröder, „Feststellung der bewußten und unbewußten Pflichtverletzungen bei Verkehrsstraftaten“, NJ 1969 S. 333 ff. (337). 131 Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts zu einigen Fragen der Rechtsprechung in Verkehrsstrafsachen vom 2. Juli 1969, NJ 1969 S. 459 ff. (460 f.). /4/ In diesem Sinne kann der zitierte Hinweis aus dem StGB-Lehrkommentar (a. a. O.) verstanden werden. Prüfung und Bewertung der Schuld im Einzelfall gegeben und so auch der Ausgangspunkt für die Interpretation des Begriffs der Gleichgültigkeit bestimmt. Der Begriff der Gleichgültigkeit erfaßt als gesetzliches Schuldmerkmal die spezifische Beziehung des Handelnden zur Gesellschaft (bzw. ein bestimmtes Teilstück dieser Beziehung), die von § 5 Abs. 1 StGB als verantwortungsloses Handeln charakterisiert wird. Die Verantwortungslosigkeit des Handelns betrifft das subjektive Verhältnis des Handelnden zu den sich auf sein Verhalten beziehenden sozialen Anforderungen und Werten. Sie besagt, daß der Handelnde im konkreten Fall von seinen geistigen Fähigkeiten und individuellen Möglichkeiten einen diesen Anforderungen widersprechenden, also verantwortungslosen und pflichtwidrigen Gebrauch gemacht hat. Die gesellschaftlichen Verhaltensforderungen und Bewertungen, die in den Verboten und Geboten des sozialistischen Strafrechts und den ihrer Durchsetzung dienenden Rechtspflichten (Straßenverkehrsbestimmungen, Arbeitsschutzbestimmungen, Sicherheitsvorschriften usw.) geltend gemacht werden, verpflichten den einzelnen zu einem bestimmten, gesellschaftsgemäßen Verhalten. Sie bestimmen damit seine rechtliche Verantwortung gegenüber der Gesellschaft in bezug auf die Durchsetzung elementarer gesellschaftlicher Erfordernisse. Sie drücken das verbindliche Verlangen der Gesellschaft aus, das individuelle Handeln in der objektiv notwendigen und sozial geforderten Weise zu steuern und zu motivieren, die geistigen Fähigkeiten und individuellen Möglichkeiten verantwortungsbewußt zu nutzen, um die geforderten Entscheidungen zu treffen und sozialwidrige Handlungsimpulse und Bestrebungen zu unterdrücken. Unter diesem Aspekt betrachtet, sind die sozialen Anforderungen immer zugleich soziale Entscheidungsmodelle: verbindliche Aufforderungen, Maßstäbe und Richtwerte der Entscheidung des Individuums, des gesellschaftlich richtigen Gebrauchs seiner geistigen Fähigkeiten und moralischen Potenzen, seines Verstandes und Willens. Bei der vorsätzlichen Schuld besteht die Verantwortungslosigkeit in dem Mißbrauch der geistigen Fähigkeiten zu einer verantwortungslosen Entscheidung. Hier nimmt sie die Gestalt der offenen, bewußten Negierung der sozialen Anforderungen an. Bei der fahrlässigen Schuld besteht die Verantwortungslosigkeit darin, daß der Handelnde seine geistigen Fähigkeiten nicht genutzt hat, um die von ihm geforderte Entscheidung zu treffen. Sie hat hier die Gestalt der mangelhaften (oder fehlenden) Selbstbestimmung zu gesellschaftsgemäßem Verhalten, die bei den einzelnen Formen der fahrlässigen Schuld differenziert in Erscheinung tritt./5/ Die das Wesen fahrlässiger Schuld charakterisierende 151 Dabei muß hervorgehoben werden, daß es bei der Schuld immer um die subjektive Beziehung des Handelnden zu den für seine Tat maßgeblichen gesellschaftlichen Verhaltensforderungen bzw. Pflichten geht. Die Schuld betrifft (ihrer Form nach) die subjektive Beziehung des Handelnden zur Tat und (ihrem sozialen Inhalt nach) die in der Tat-Täter-Bezie-hung zum Ausdruck kommende subjektive Beziehung des Täters zur Gesellschaft, zu ihren Verhaltensforderungen und Werten. Sie charakterisiert den subjektiven Widerspruch zu diesen Verhaltensforderungen und Werten. 382;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 382 (NJ DDR 1972, S. 382) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 382 (NJ DDR 1972, S. 382)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Kreisdienststellen gewährleisten eine ständige Verbindung zum Leiter der Bezirks KreisInspektion der ABI. In gemeinsamen Absprachen ist der Kräfteeinsatz zu koordinieren, um damit beizutragen, die vOn der Partei und Regierung zu sichern. Die erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben, die sich daraus für alle Untersuchungskollektive ergaben, erforderte, die operative Lösung von Aufgaben verstärkt in den Mittelpunkt der Durchdringung des Einarbeitungsplanes zu stellen. Diese Erläuterung- wird verbunden mit der Entlarvung antikommunistischer Angriffe auf die real existierende sozialistische Staats- und Rechtsordnung, auf die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der insbesondere im Zusammenhang mit schweren Angriffen gegen die GrenzSicherung. Gerade Tötungsverbrechen, die durch Angehörige der und der Grenztruppen der in Ausführung ihrer Fahnenflucht an der Staatsgrenze zur Polen und zur sowie am Flughafen Schönefeld in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die effektivste und wirkungsvollste Abschlußart darstellt, ergeben sich zwingend Offizialisierungs-erfordepnisse. Diese resultieren einerseits aus der Notwendigkeit der unbedingten Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung bereits im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader voraus. Die Leiter und mittleren leitenden Kader müssen - ausgehend vom konkret erreichten Stand in der Arbeit der Diensteinheit - ihre Anstrengungen vor allem auf die zuverlässige Klärung politisch-operativ und gegebenenfalls rechtlich relevanter Sachverhalte sowie politisch-operativ interessierender Personen gerichtet; dazu ist der Einsatz aller operativen und kriminalistischen Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus den in den Struktur- und Stellenplänen der Diensteinheiten und den Funktions- und Qualifikationsmerkmalen getroffenen Festlegungen unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Erfüllung abzuleiten.

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