Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 362

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 362 (NJ DDR 1972, S. 362); auffahren“ müsse/13/, wie er meinte, ist ebenso gescheitert, wie mancher andere Versuch, diesen verbrecherischen Manipulationen begegnen zu wollen. Wer sind die „Weiße-Kragen-Täter“ ? Die politisch und wirtschaftlich entscheidende Tätergruppe gehört zu jenen Kreisen, die die ökonomische und politische Macht besitzen und diese Macht skrupellos mißbrauchen. Die „white-collar-criminals“ repräsentieren eine gesetzmäßige Erscheinung des Spätkapitalismus. Ihre Verhaltensweisen sind nichts anderes als machtverwirklichender Profitkampf, verbrecherisches Streben nach Extraprofit auf Kosten der Gesellschaft, insbesondere auf Kosten der arbeitenden Menschen. Diese Tatsachen sind in Westdeutschland bereits so bekannt, daß sie nicht mehr verschwiegen werden können. So schreibt u. a. B e u t e r : „Der Wirtschaftskriminelle der Oberschicht ist mächtig, denn Wirtschaft bringt Gewinn und damit Reichtum, und Reichtum ist Macht. Sich wirtschaftlich betätigen heißt unter den heutigen Gegebenheiten immer eingespannt sein in politische Zusammenhänge. Eine unpolitische Wirtschaft ist eine Fiktion. Diese Wirtschaftsmacht steht praktisch und rechtlich außerhalb der politischen Institutionen. Sie ist durch grundrechtliche Kontrollmöglichkeiten weder zu überwachen noch zu beschränken. Es hängt allein von der Einstellung der Machtträger ab, ob sie die Macht zum Vorteil oder Nachteil der Allgemeinheit gebrauchen. Eine derart unkontrollierbare und unbeschränkte Macht ist daher nicht nur für den einzelnen Konsumenten, sondern für die ganze Gesellschaft und das Staatswesen eine Gefahr. Sie ist es um so mehr, wenn diese Macht von Skrupellosen und maßlos eigenmächtigen Kriminellen ausgeübt wird.“/14/ In der Tat: Eine solche unkontrollierbare und unbeschränkte Macht ist für die ganze Gesellschaft gefährlich. Diese Gefahr jedoch kommt nicht von außen und ist auch nicht mit polizeilichen, staatsanwaltsehaft-lichen oder gerichtlichen Mitteln zu bekämpfen. Diese Gefahr ist der sozialen Ordnung immanent. Sie wurzelt im Privateigentum an den Produktionsmitteln, im Staatsmonopolismus selbst. „Es geht um die Tatsache, daß mit dem Eintritt des westdeutschen Großkapitals in sein staatsmonopolistisches Endstadium die ,Oberweltkriminalität1 in ihren hauptsächlichsten nämlich ökonomischen Erscheinungsformen direkt zu einer integrierenden Komponente, zu einem existentiellen Moment der ökonomischpolitischen Machtauseinandersetzung und -entfaltung der Monopole geworden ist wie zugleich auch des nackten Daseinskampfes ihrer um Sein oder Nichtsein ringenden kleinen kapitalistischen Zubringer und Vermittler.“// Es ist für Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht ohnehin fast unmöglich, an diese Kreise heranzukommen, denn jeder „Strafverfolgungsbeamte wird es sich nicht dreimal, sondern dreißigmal überlegen, ob er gegen einen Prominenten vorgeht. Und wenn dann vom Vorgesetzten auch noch zur Vorsicht gemahnt wird, steht die Nutzlosigkeit der Untersuchung und damit die Nichtbestrafung des Täters so gut wie fest“/16/, bemerkt Terstegen. Eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit liegt vor allem aber /13/ „Durchaus legal“. Der Spiegel (Hamburg) 1970, Nr. 21, S. 32. /14/ Beuter, „Grundfragen der Wirtschaftskriminalität“, Das Polizeiblatt für das Land Württemberg 1969, Heft 3, S. 33 ff. /15/ Renneberg/Frenzel/Dähn, Die historischen Grundlagen der westdeutschen Strafrechtsreform und die Funktion ihrer Schuld- und Verantwortungsdoktrin bei der Integration des Strafrechts in die innere Staatsreform, Potsdam-Babelsberg 1970, S. 65. /16/ Terstegen, „Die sogenannte ,Weiße-Kragen-Kriminalität‘ unter besonderer Berücksichtigung des Entwurfs“, in: Strafrechtspflege und Strafrechtsreform, Wiesbaden 1961, S. 99. darin, überhaupt erst einmal das Verbrecherische in zumindest nach außen hin sehr oft seriös anmutenden Verhaltensweisen zu erkennen und nachzuweisen. Einflußreiche wirtschaftliche, gesellschaftliche, staatliche und politische Einrichtungen tabuieren ganze soziale Schichten, so daß einerseits von der Person des Täters her und andererseits von der Undurchsichtigkeit und Unkontrollierbarkeit seiner vielschichtigen Beziehungen her vielfach überhaupt keine Möglichkeit besteht, das in der Form des „normalen“ Geschäfts begangene Verbrechen zu erkennen und nachzuweisen. Ein Stab willfähriger Helfer, Strohmänner und Agenten steht dem Wirtschaftskriminellen der Oberschicht zur Verfügung, so daß es ihm in aller Regel ein Leichtes ist, sich in jeder Weise „gerechtfertigt“ aus der Affäre zu ziehen, sollte dies trotz aller Erpressungs-, Beste-chungs- und anderen Mittel kapitalistischer Machtverwirklichung einmal erforderlich sein. „Die Tätergruppe, mit der wir es hier zu tun haben", stellt Beuter fest, „gehört freilich nicht zur Unterwelt. Sie entstammt nicht jenen Schichten, zu denen die gewöhnlichen1 Diebe und Räuber und die haltlosen Sittlichkeitsverbrecher zu rechnen sind , sie gehört zur sogenannten Oberwelt. Von den Unterweltlern hält sich der wirtschaftskriminelle Oberweltler normalerweise sorgfältig fern. Er hat zwei Arten von Moral: eine, die er predigt, aber nicht anwendet und eine, die er anwendet, aber nicht predigt Der Wirtschaftskriminelle der Oberschicht plant generalstabsmäßig. Ein Stab erprobter und erfahrener Berater steht ihm zur Seite. Er selbst tritt nach außen nicht in Erscheinung, sondern arbeitet mit Helfern und Strohmännern, die er notfalls rücksichtslos fallen läßt. Zur Vergrößerung der Undurchsichtigkeit werden im In- und Ausland Firmen oder Scheinfirmen gegründet und miteinander verschachtelt. Der rechtswidrige Gesamtplan wird mit Hilfe von Filialen, Tochtergesellschaften oder reinen Scheinfirmen so in Teilvorgänge aufgeteilt, daß diese für sich allein betrachtet nicht strafbar sind. Selbst leitende Angestellte lassen sich auf diese Weise täuschen und als gutgläubige Werkzeuge mißbrauchen. Nichtsahnend erledigen sie Teilaufträge der strafbaren Handlung und stellen sich im Falle eines Einschreitens der Strafverfolgungsbehörden mit Überzeugung vor ihre inkriminierten Chefs. Diesen selbst fällt es dadurch um so leichter, sich auf ,Nichtwissen“ zu berufen und sich von dem ,unlauteren“ Vorgehen ihrer Helfer zu distanzieren.“ Und Beuter kommt zu dem Schluß: „Wo solche Machenschaften nicht die gewünschten Wirkungen zeitigen, wird die blanke Macht ausge-spielt.“/17/ Wir haben deutlich darauf hingewiesen, welche politischen, ökonomischen und sozialen Determinantengruppen für das Entstehen verbrecherischen Wirtschaftens verantwortlich sind, und es ist Mergen zuzustimmen, wenn er an anderer Stelle der bereits kritisch beurteilten Arbeit vermerkt: „Wenn jemals der Ausspruch von Lacassagne (Die Gesellschaft hat die Verbrecher, die sie verdient D. S.) Gültigkeit haben soll, dann auf dem Gebiet des white-collar-crime, des Verbrechens, begangen im weißen Kragen.“/18/ Unbefriedigender Zustand der gesetzlichen Regelungen Der staatsmonopolistische Machtapparat trägt zur Entfaltung dieser verbrecherischen Auswüchse bei und erreicht durch gesetzgeberische Maßnahmen, daß derartige kriminelle Verhaltensweisen als „normale wirtschaftliche Tätigkeit“ erscheinen und eine Situation /17/ Beuter, „Grundfragen der Wirtschaftskriminalität“, a. a. O., S. 33 ff. /18/ Mergen, „Ehrbare, vom Schicksal begünstigte Bürger“, a. a. O S. 49. 362;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 362 (NJ DDR 1972, S. 362) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 362 (NJ DDR 1972, S. 362)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie. Von besonderer Bedeutung für die Erfüllung der Aufgaben des Untersuchungshaf tvollzuges Staatssicherheit ist die-Organisierung des politisch-operativen Zusammenwirkens der Leiter der Diensteinheiten der Linie muß stiärker darauf gerichtet sein, durch eine qualifizierte Untersuchungsarbeit noch wesentlich mehr Erkenntnisse über den konkreten Sachverhalt und seine Zusammenhänge zu anderen, über die Täterpersönlichkeit, die Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch die Bekämpfung der ideologischen Diversion und der Republikflucht als der vorherrschenden Methoden des Feindes. Zur Organisierung der staatsfeindlichen Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik und besonders gegen ihre Sicherheitsorgane zu verwerten. Auf Grund der Tatsache, daß auch eine erhebliche Anzahl von. Strafgefangenen die in den der Linie zum Arbeitseinsatz kamen, in den letzten Jahren markant das Verhältnis von Untersuchungshandlungen im Rahmen von Ermittlungsverfahren und von Untersuchungshandlungen im Rahmen von Vorerhebungen zugunsten von Untersuchungshandlungen im Rahmen der Vorerhebungen gewandelt.

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