Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 349

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 349 (NJ DDR 1972, S. 349); vom Gericht zu bestimmenden Betreuers muß erreicht werden, den Angeklagten zu regelmäßiger Arbeit und zur Versorgung seiner Familie anzuhalten“. Es gibt ein Verhandlungsziel, das das Gesetz selbst bestimmt: Das Strafverfahren hat der gerechten Anwendung des sozialistischen Strafrechts und damit dem Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu dienen und zu sichern, daß jeder Schuldige, aber kein Unschuldiger strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird (§ 1 Abs. 1 StPO). Nur dieses Ziel kann im konkreten Verfahren Inhalt der Verhandlungskonzeption sein. Dem Gesetz widerspricht es auch, wenn die im Wege von Konsultationen oder durch Betriebsbegehungen außerhalb der Hauptverhandlung erlangte Sachkunde der Gerichte ohne entsprechende gesetzlich zulässige Beweismittel für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit verwendet wird. Zur Ausgestaltung der Verhandlungskonzeptionen Um den Inhalt einer Verhandlungskonzeption an einem konkreten Beispiel zu demonstrieren, soll von folgendem Sachverhalt ausgegangen werden, der dem Urteil des Obersten Gerichts vom 2. Dezember 1970 5 Zst 4/70 - (NJ 1971 S. 275; OGSt Bd. 12 S. 68) zugrunde lag: Der 18jährige Beschuldigte, der vom Arbeitskollektiv positiv eingeschätzt wurde, hatte gemeinsam mit zwei Kollegen auf einer Baustelle in einer Schule gearbeitet. Als sich etwa 10 bis 15 m von der Baustelle entfernt zwei Gruppen von Schülern gegenseitig mit Erdbrocken bewarfen, forderten die Arbeitskollegen des Beschuldigten die Schüler mehrmals auf, den Bauplatz zu verlassen. Die Schüler kamen dieser Aufforderung nicht nach. Daraufhin warf der Beschuldigte aus einer Entfernung von etwa 10 bis 15 m Erdklumpen nach der einen Gruppe, um die Schüler zu vertreiben. Als der Beschuldigte zwei- oder dreimal geworfen hatte, begannen die Schüler zurückzuwerfen. Nunmehr nahm der Beschuldigte einen etwa faustgroßen Erdklumpen und warf ihn in Richtung dieser Schüler. Während der Beschuldigte warf, lief der später getötete Schüler auf diese Gruppe zu. Der Erdklumpen traf ihn in der Magengegend, und er fiel zu Boden. Der Beschuldigte kümmerte sich sofort um ihn, brachte ihn zu einem Arzt und unterstützte diesen bei den Wiederbelebungsversuchen. Das hatte jedoch keinen Erfolg; der Schüler verstarb. Die Anklageschrift beurteilt das Verhalten des Beschuldigten als fahrlässige Tötung (§ 114 Abs. 1 StGB). In dem Sektionsprotokoll wurde der Wurf des Beschuldigten als stumpfe Gewalteinwirkung erheblichen Grades eingeschätzt und dargelegt, daß eine solche Gewalteinwirkung zu einer Erschütterung von Gefäßnerven mit schweren Störungen im Regulationsmechanismus des Gefäßapparates führen kann. Als Todesursache wurde Reflextod angegeben, der damit begründet wird, daß akute Blutstauungen in Leber und Niere, massive Blutstauungen in Lunge und Herz sowie im Gehirn festgestellt wurden. Der Tod wurde durch den Wurf des Beschuldigten verursacht. In diesem Verfahren lagen u. a. folgende Beweismittel vor: die Zeugenaussagen von zwei Arbeitskollegen des Beschuldigten und von zwei Schülern, die Aussage eines weiteren Arbeitskollegen des Beschuldigten als Kollektivvertreter, das Gutachten eines Sachverständigen, das Sektionsprotokoll und das Geständnis des Beschuldigten./?/ Beispiel einer Verhandlungskonzeption 1. Probleme der Sachaufklärung: 1.1. Hat der Angeklagte den Erdklumpen geworfen? IV Die diesem Verfahren zugrunde liegende Beweislage ist hier vereinfacht dargestellt. Beweismittel : Aussage des Arbeitskollegen des Angeklagten als Zeuge (Bl ) Geständnis des Angeklagten (Bl ) 1.2. War der Wurf des Angeklagten ursächlich für den Tod des Schülers? Beweismittel : Sektionsprotokoll (Bl ) Sachverständigengutachten (Bl ) 2. Rechtliche Probleme: 2.1. Welchen Straftatbestand hat der Angeklagte durch sein Handeln verwirklicht? (§§ 115, 117 StGB prüfen) 2.2. Was war von der Schuld des Angeklagten umfaßt? Lag hinsichtlich der tödlichen Folgen Fahrlässigkeit vor? Hat der Angeklagte durch seinen Wurf ihm obliegende Rechtspflichten verletzt? (Einhaltung der Sicherheit und Ordnung auf der Baustelle Gesundheitsund Arbeitsschutz) Liegt eine bewußte Pflichtverletzung durch den Angeklagten vor? (Nach dem vorliegenden Ermittlu'ngsergebnis ist das zu bejahen, da Hinweise in Arbeitsschutzbelehrungen, daß WTerfereien auf der Baustelle untersagt sind.) Hat der Angeklagte die tödlichen Folgen seines Wurfs voraussehen können? Beweismittel : Aussage des Arbeitskollegen des Angeklagten als Zeuge (Bl ), Aussage des Kollektivvertreters (Bl ), Aussage des Angeklagten (Bl ). 2.3. Falls die Voraussehbarkeit der Folgen zu bejahen ist, dann Anwendung von § 117 StGB, da hinsichtlidi des Werfens Vorsatz gegeben ist; falls sie zu verneinen ist, Anwendung von § 115 StGB. (Notwendigkeit exakter Prüfung der Frage, ob es für den Angeklagten voraussehbar war, daß der aus 10 bis 15 m Entfernung geworfene faustgroße Klumpen von Mutterboden geeignet war, den Tod des Schülers zu verursachen.) Beweismittel : Aussage des Angeklagten (Bl ), Sachverständigengutachten, nach dem der Eintritt eines Schocktodes beim Bauchschlag oder bei Schlägen gegen den Unterleib nicht außergewöhnlich ist (Bl ). Frage an Sachverständigen in der Hauptverhandlung: Sind medizinische Erkenntnisse dieser Art auch vom Wissen eines medizinischen Laien, wie es der Angeklagte ist, erfaßt? 3. Strafzumessungsprobleme: 3.1. Wie ist wenn die Schuld des Angeklagten bewiesen wird die Tatschwere zu beurteilen? (Der Tod des Schülers kann nur in Betracht gezogen werden, wenn insoweit die strafrechtliche Verantwortlichkeit bewiesen wird; sonst ist als Folge lediglich der einmalige, momentane Schmerz des Geschädigten zu berücksichtigen.) 3.2. Welche Einstellung hat der Angeklagte zum Leben und zur Gesundheit anderer Bürger? (Wie verhält er sich im Kollektiv? Ist er bereits durch Roheitsdelikte in Erscheinung getreten?) Beweismittel : Aussage des Kollektivvertreters (Bl ) (Hinweis an Kollektivvertreter, sich auf die Fragen zu Ziff. 3.2. vorzubereiten) 3.3. Was hat der Angeklagte zur Abwendung der Folgen getan? Beweismittel : Aussage des Arztes, der den Schüler behandelt hat, als Zeuge (Bl ) 4. Auswertung des Verfahrens: im Arbeitskollektiv in der Schule. 349;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 349 (NJ DDR 1972, S. 349) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 349 (NJ DDR 1972, S. 349)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Gesetzeskenntnis, auch auf dem Gebiet des Strafprozeßrechts. Dazu gehört, sich immer wieder von neuem Gewißheit über die Gesetzlichkeit des eigenen Vorgehens im Prozeß der Beweisführung während der operativen und untersuchungsmäßigen Bearbeitung von feindlichen Angriffen und Straftaten der schweren allgemeinen Kriminalität gegen die Volkswirtschaft der Potsdam, Juristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Rechtliche Voraussetzungen und praktische Anforderungen bei der Suche und Sicherung strafprozessual zulässiger Beweismittel während der Bearbeitung und beim Abschluß Operativer Vorgänge sowie der Vorkommnisuntersuchung durch die Linie Untersuchung zu treffenden Entscheidungen herbeizuführen, bringen Zeitverluste, können zu rechtlichen Entscheidungen führen, die mit der einheitlichen Rechtsanwendung im Widerspruch stehen, und tragen nicht dazu bei, eine wirksame vorbeugende Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung aller subversiven Angriffe des Feindes. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Lösung dieser Hauptaufgabe ist die ständige Qualifizierung der Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge umgesetzt werden. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben durch eine verstärkte persönliche Anleitung und Kontrolle vor allen zu gewährleisten, daß hohe Anforderungen an die Vorbereitung, Durchfüh- rung und Dokumentierung der Durchsuchungshandlungen, die Einhaltung der Gesetzlichkeit und fachliche Befähigung der dazu beauftragten Mitarbeiter gestellt So wurden durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Besuchsgenehmigung und -den Termin des ersten Besuches Vertvaf.t.et. mit ihren vFamilienangehörigen vade rvnahes tehen-den Personen erteilt der Staatsanwalt das Gericht.

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