Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 324

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 324 (NJ DDR 1972, S. 324); Mitunter wird das Argument angeführt, das Gesetz bringe durch das Weglassen des Tatbestandsmerkmals „wehrlosmachen“ zum Ausdruck, daß derartige Handlungen nicht mehr vom Strafrecht erfaßt werden sollen. Damit wird übersehen, daß nach der früheren Regelung das Mißbrauchen einer Wehrlosen nur dann eine Vergewaltigung darstellte, wenn der Täter das Opfer in einen wehrlosen Zustand versetzt hatte (§ 177 Abs. 1 StGB alt ), der bloße Mißbrauch einer Wehrlosen wurde dagegen als gewaltsame Unzucht (§ 176 Abs. 1 Ziff. 2 StGB - alt -) erfaßt. Nach § 121 Abs. 1 StGB sind beide Verhaltensweisen eine Vergewaltigung. Daraus ergibt sich, daß mit der Neuregelung der Schutz der Frau vor gefährlichen kriminellen Angriffen auf ihre sexuelle Integrität nicht eingeschränkt worden ist. Im Ergebnis dieser Überlegungen ist der Gewaltbegriff wie folgt zu definieren: Gewalt i. S. des § 121 StGB ist die Einwirkung auf einen anderen (mittels körperlicher Kraft oder der Anwendung von Betäubungsmitteln entgegen dem Willen des anderen) zur Überwindung eines tatsächlichen oder ernsthaft zu erwartenden Widerstands gegen die Vornahme des außerehelichen Geschlechtsverkehrs. Durch die Hinzufügung, daß die Betäubungsmittel entgegen dem Willen des Betäubten beigebracht werden müssen, wird ausgeschlossen, daß das Betrunkenmachen mit alkoholischen Getränken erfaßt wird, wenn das „Opfer“ sich selbst zur Einnahme alkoholischer Getränke entschieden hat. Die Anwendung von Betäubungsmitteln läge dagegen vor, wenn sie alkoholischen Getränken heimlich zugesetzt worden sind. Die Anwendung von Gewalt zur Brechung eines Widerstands setzt voraus, daß auf seiten des Opfers tatsächlich ein ernsthafter Widerstand vorlag oder ernstlich zu erwarten war. Die Gewalt muß mit einer den Umständen des Einzelfalls entsprechenden Intensität angewandt werden. Dabei sind sowohl die Art und das Ausmaß der aufgewendeten Kraft bzw. die Art und Stärke der angewendeten Betäubungsmittel als auch die körperliche Konstitution des Opfers und des Täters zu berücksichtigen. Die Gewalt ist das Mittel zur Erzwingung des außerehelichen Geschlechtsverkehrs. Sie muß dem Geschlechtsverkehr deshalb zeitlich vorausgehen oder gleichzeitig mit ihm angewandt werden./5/ In subjektiver Hinsicht muß die Gewalt darauf gerichtet sein, die Durchführung des außerehelichen Geschlechtsverkehrs gegen den Willen der Frau zu erzwingen. Die Gewaltanwendung i. S. des § 121 StGB setzt voraus, daß objektiv ein ernsthafter Widerstand geleistet wird bzw. zu erwarten ist und dieser vom Täter subjektiv als solcher erkannt wird. Anhaltspunkte dafür, daß ein ernsthafter Widerstand vorliegt bzw. zu erwarten und somit eine subjektiv relevante Gewaltanwendung in der Regel zu bejahen ist, sind gegeben, wenn: der Täter eine ihm völlig fremde Frau anfällt, der Täter das Opfer schlägt, würgt oder sonstwie größere Gewalt anwendet, das Opfer um Hilfe ruft oder körperlichen Widerstand leistet, das Opfer dem Täter derart körperlich unterlegen ist, daß ihm über die erkennbare Ablehnung des Vorgehens des Täters hinaus körperlicher Widerstand unmöglich ist, wie z. B. bei Angriffen auf Kinder. Ob der Widerstand als ernsthaft erkannt wurde, kann /5/ Vgl. OG, Urteil vom 8. Juli 1970 - 3 Zst 14/70 - (NJ 1970 S. 617); BG Frankfurt (Oder), Urteil vom 13. Januar 1970 I BSB 280/69 - (NJ 1971 S. 119). sich durch die Prüfung solcher Umstände ergeben, wie Ort und Art des Kennenlernens, Beziehungen zwischen Täter und Opfer, alters- und situationstypisches Verhalten zwischen den Geschlechtern, Verhalten der Frau unmittelbar vor und während des Geschlechtsverkehrs. Nimmt der Täter gewaltsam sexuelle Berührungen vor, um die Frau sexuell zu erregen und zum außerehelichen Geschlechtsverkehr geneigt zu machen, so liegt keine Vergewaltigung, sondern eine Nötigung zu sexuellen Handlungen (§ 122 StGB) vor./6/ Ob das der Fall ist, hängt wesentlich vom Umfang und von der Stärke der Gewaltanwendung ab. Mitunter wendet der Täter ein, er habe die geschädigte Frau nur mit Gewalt sexuell erregen wollen, um sie zur freiwilligen Gewährung des Geschlechtsverkehrs zu veranlassen. Dieser Einwand ist immer dann widerlegt, wenn sich aus den konkreten Umständen ergibt, daß der Täter in seinem Bestreben nach Ausübung des Geschlechtsverkehrs trotz einer von Anfang an bestehenden eindeutigen Abwehr der Frau sein gegen ihre sexuelle Unantastbarkeit gerichtetes gewaltsames Handeln fortgesetzt und sogar noch intensiviert hat. In solchen Fällen erstrebte der Täter über die Vornahme einer Nötigung zu sexuellen Handlungen hinaus eine Vergewaltigung (vgl. das in Fußnote 4 erwähnte Urteil des Obersten Gerichts vom 6. Juli 1971, a. a. O.). Andererseits kann die „Gewaltanwendung“ so minimal sein, daß nicht einmal eine Nötigung zu sexuellen Handlungen gegeben ist. In dem Urteil des Obersten Gerichts vom 21. September 1971 3 Zst 22/71 (NJ 1971 S. 716) wird beispielsweise dargelegt, daß sich nicht jedes insbesondere kurzzeitige Betasten ero-gener Zonen einer Frau gegen ihren Willen als Vergehen nach § 122 StGB darstellt. Solche Handlungen können sich als bloßer Moralverstoß oder als Beleidigung (Verfehlung oder Straftat) erweisen./7/ Zur mehrfachen Tatbegehung nach § 121 Abs. 2 Ziff. 3 StGB Eine mehrfach begangene Straftat nach der ersten Alternative des § 121 Abs. 2 Ziff. 3 StGB liegt vor, wenn mindestens zwei Straftaten nach § 121 StGB oder eine nach § 121 StGB und eine nach § 122 StGB begangen werden, die Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach sich ziehen. Das gilt auch für versuchte Straftaten nach diesen Bestimmungen. Eine mehrfach begangene Straftat liegt immer dann vor, wenn mehrere Frauen geschädigt sind. Sie kann aber auch gegeben sein, wenn nur eine Frau geschädigt ist. Allerdings darf in einem solchen Fall zwischen den verschiedenen Einzelhandlungen kein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen, z. B. ein über Stunden andauernder wiederholter Versuch der Vergewaltigung. Ob ein Täter bei mehrmaligem Geschlechtsverkehr mit demselben Opfer eine oder mehrere Vergewaltigungen begangen hat, muß nach den festgestellten objektiven und subjektiven Umständen der Tat beurteilt werden. Eine Vergewaltigung liegt immer dann vor, wenn die einzelnen Handlungsabschnitte durch das objektive Geschehen und die Zielsetzung des Täters als eine einheitliche Straftat charakterisiert werden. So stellt wiederholter Geschlechtsverkehr unter ununterbrochener Ge- /6/ Vgl. StGB-Lehrkommentar, a. a. O., Anm. 2 zu § 121 (Bd. 2, S. 87). m Vgl. auch OG. Urteil vom 10. März 1970 - 3 Zst 2/70 -(NJ 1970 S. 303). 324;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 324 (NJ DDR 1972, S. 324) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 324 (NJ DDR 1972, S. 324)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Dienstobjekte Staatssicherheit - Ordnung Sicherheit Dienstobjekte - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit o? - Ordnung zur Organisierung und Durchführung des militärisch-operativen Wach- und Sicherüngsdien-stes im Staatssicherheit ahmenwacbdienstordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ooeos Realisierung des sucherve kehr im Besuchergebäude Alfred-straße. Aus den persönlichen Kontakten der Verhafteten ergeben sich erhöhte Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchung shaft und ihres Vollzuges im Staatssicherheit belegt eindeutig, daß der Untersuchungshaftvollzug nicht nur eine Angelegenheit der Linie sondern nahezu aller Linien und Diensteinheiten hat das vorrangig einen spezifischen Beitrag zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und zur Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu leisten, indem dafür vorhandene Ursachen und begünstigende Bedingungen für Staatsverbrechen auszuräumen in ihrer Wirksamkeit zu paralysieren, die Verantwortung derg, Organe für vorbeugende Aktivitäten zu unterstützen und zu festigen.

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