Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 320

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 320 (NJ DDR 1972, S. 320); nung tragen muß. Gehemmte und schüchterne Menschen kann eine allzu brüske Frage schockieren, so daß sie sich ganz verschließen. Jede folgende Frage hängt von der Reaktion auf die vorangegangene ab, wobei man sich vor einer moralisierenden Stellungnahme hüte, den Befragten zu eigener Formulierung anrege, also nicht Sätze vorgebe, die der andere nur mit ja oder nein, mit. Kopfnicken oder Kopfschütteln zu beantworten braucht. Da sich viele Menschen genieren, über Intimprobleme zu sprechen, ist man oft geneigt, das Antworten zu leicht zu machen. Die so erhaltenen Informationen sind aber meist nicht nur spärlich, sondern auch ein ungenaues, blasses und verzerrtes Abbild der Wirklichkeit. Es ist auf jeden Fall anzustreben, dem Befragten Hemmung und Skepsis zu nehmen. Dahinter verbirgt sich oft sogar ein großes Mitteilungsbedürfnis, denn nur äußerst selten hat jemand wirklich nichts Wesentliches über die Intimsphäre zu sagen. Bei psychologisch geschickter Gesprächsführung sperrt sich kaum jemand gegen Fragen über das Geschlechtsleben. Ausweichende Antworten, scheinbares Überhören oder Mißverstehen einer klaren Frage, beleidigte Ablehnung einer Stellungnahme, aber auch allzu prompte Reaktionen mit allgemeinen Floskeln, daß sexuell alles in Ordnung sei oder nichts Besonderes vorliege, lassen gerade vermuten, daß etwas verschwiegen wird. Diagnostisch aufschlußreich ist nicht nur, was gesagt wird, sondern auch wie es ausgesprochen wird und von welchen mimischen und gestischen Verhaltensweisen als Ausdruck dahinterstehender Emotionen die Worte begleitet sind. Am ergiebigsten ist das Gespräch, wenn es gelingt, den Befragten aus eigenem Bedürfnis zu einem spontanen, flüssigen Bericht zu veranlassen. Es ist zweckmäßig, ihn dabei möglichst nicht durch Zwischenfragen zu unterbrechen, sondern zu ergänzende Fakten im Anschluß daran zu eruieren. Der aufmerksam zuhörende und erfahrene Richter wird dabei nicht nur eine Fülle von objektiven Daten gewinnen (wenngleich es natürlich oft nicht leicht ist, die Wahrheit von tendenziösen Übertreibungen und Phantasieprodukten zu unterscheiden), sondern, was oft auch wichtiger ist, sich ein Bild vom Stand des Partnerverhältnisses machen können (kalte Ablehnung; Hoffnung, daß doch alles wieder gut wird; Bereitschaft zum Verzeihen; harte Anklage oder Selbstvorwürfe; Bemühen um Entgegenkommen und Verständnis; Haßgefühl; Reue; abfälliges Bekritteln jeder Handlung und Eigenschaft des anderen oder übertrieben demütige Selbstkritik; unüberwindliche Abneigung gegen jegliche sexuelle oder zärtliche Kontakte mit dem Partner oder Sehnsucht nach Versöhnung und Wiederaufnahme intimer Beziehungen usw.). Die Informationen sind unbedingt durch die getrennt zu gewinnenden Aussagen des anderen Ehepartners zu ergänzen und mit diesen zu vergleichen. Sie divergieren gewöhnlich besonders dort erheblich, wo die eine Partei die Scheidung anstrengt, die andere die Ehe erhalten will. Nur im Einzelfall kann abgeschätzt werden, wessen Aussage bei Abweichungen wirklichkeitsgetreuer ist. Oftmals betreffen die Abweichungen gar nicht den sachlichen Gehalt der Aussagen, sondern nur unterschiedliche subjektive Bewertungen bestimmter sexueller Verhaltensweisen oder Störungen, je nachdem, wie Kläger oder Verklagter den Ausgang des Verfahrens wünschen. Als Standardfrage“ und leider manchmal einzige Frage zur Intimsphäre wird von Richtern die Frage nach dem Zeitpunkt des letzten Geschlechtsverkehrs gestellt. Es ist zwar durchaus richtig und wichtig, danach zu fragen, denn gewöhnlich kann man annehmen, daß eine Ehe nicht sehr erheblich zerrüttet ist, die Partner sich noch nicht weit und lange auseinandergelebt haben, wenn bis vor kurzem oder zum Zeitpunkt des Verfahrens noch intime Beziehungen bestanden haben. Jedoch darf dieser Indikator nicht allein und isoliert bewertet werden. Er ist aber ein konkreter, auch für die Parteien als notwendig einzusehender Ansatzpunkt für die Eröffnung des Gesprächs über Sexualprobleme. Man kann daran, je nachdem wie die Antwort ausfällt, weitere Fragen anknüpfen, deren Beantwortung Aufschluß über vorhandene Störungen in der Intimsphäre gibt, so daß die explorative Unterhaltung in Gang kommt. Die Fragen sollten sich einerseits auf die Bestandsaufnahme der wichtigsten sexuellen Verhaltensformen und Gewohnheiten der Ehepartner und andererseits auf individuelle Probleme des Sexualerlebens und der Befriedigung beim Koitus, auf die Arten intimer Vollzüge und die dabei auftretenden Schwierigkeiten beziehen, wobei man auch den Entwicklungsaspekt und mögliche Deviationen (Abweichungen) berücksichtigen muß. An die Frage nach dem letzten Verkehr und weshalb es zur Einstellung der Beziehungen kam, läßt sich auch die nach der durchschnittlichen Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Koha-bitationen vor dem Abbruch der Intimbeziehungen anschließen. Die Antwort darauf läßt Rückschlüsse auf die bisherige Stabilität der Intimpartnerschaft und damit auf die Prognose der Ehe zu. Sie ist meist ungünstiger, wenn bereits in der bisherigen Ehe die intime Begegnung sehr selten gesucht wurde und ohne zwingende äußere Gründe Perioden sexueller Abkehr vom Ehepartner dazwischen lagen./3/ Der Einfluß des Lebensalters ist für den durchschnittlichen Abstand zwischen den Kohabitationen weniger bestimmend als die individuelle Bedürfnisstruktur der Ehegatten. In dieser Hinsicht kommen recht erhebliche Abweichungen der Bedürfnisfrequenz der Partner vor, die nicht selten Anlaß zu ehelichen Dissonanzen wer-den./4/ Erhebliche Differenzen des Begehrens können, wenn eine Angleichung nicht gelingt, zu Ehekrisen führen und die Aufnahme außerehelicher Beziehungen begünstigen. Nicht selten ist der Fall, daß eine sexuell bedürfnislose Frau einen Mann mit starker Libido abweist oder ihm den Verkehr nur in größeren Abständen teilnahmslos gewährt, auch wenn er sich werbend um sie bemüht. Verschiedentlich wurde ich von Gerichten um gutachtliche Stellungnahmen zu Scheidungsklagen von Frauen gebeten, die außer unüberwindlicher Abneigung gegen sexuelle Beziehungen mit dem Gatten weder ernsthafte Faktoren einer Ehezerrüttung in anderen Bereichen noch gravierende Fehlverhaltensweisen des Mannes Vorbringen konnten. In fast allen Fällen ließ sich in eingehender Exploration nachweisen, daß es sich bei diesen Frauen nicht um eine generelle Geschlechtskälte, sondern um eine selektiv auf den Ehemann bezogene sexuelle Aversion handelte und daß diese Frauen gegenüber einem anderen (vor Gericht gern verheimlichten) begehrten Partner verlangend waren und orgastisch reagieren konnten. Das sind jene Fälle, in denen es dem Gericht schwerfällt, eine formal scheinbar intakte Ehe lediglich wegen sexueller Schwierigkeiten zu scheiden. Es stellt dann zwar ganz richtig /3/ Eine Durchschnittsnorm der Koitusfrequenz gibt es allerdings nicht. Die empirische Verteilung der Häufigkeit der Koitus der Ehepaare streut ziemlich flach zwischen einmal und fünfzehnmal pro Monat, wobei erwartungsgemäß bei jungen Leuten die höheren, bei älteren die geringeren Frequenzen überwiegen. So auch Aresin, „Was ist normal und was ist abnorm im Sexualleben?“, NJ 1970 S. 462 f. /4/ Gegenwärtig ist als Auswirkung unterschiedlicher Erziehungseinflüsse im Sinne einer Doppelmoral noch empirisch in Anonymbefragungen festzustellen, daß in ca. der Hälfte der Ehen der Mann den Koitus häufiger als die Frau wünscht, nur in einem Achtel der Ehen ist es umgekehrt, und eine völlige Übereinstimmung der Häufigkeit des Verlangens gibt ein Drittel der Männer und Frauen an. Etwa 15 % der Frauen, aber nur 2 % der Männer geben an, kaum sexuelles Verlangen zu verspüren. 320;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 320 (NJ DDR 1972, S. 320) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 320 (NJ DDR 1972, S. 320)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten zur Lbsung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten zur Lbsung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten zur Lbsung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung in den üntersuchungHaftans.ta Staatssicherheit rohk Bedeutung sind und diese garantieren: Erziehung uid Befähigung der Mitarbeiter der Linie zur konsequenten Durchsetzung und Einhaltung der Konspiration und Geheimhaltung, die Auswahl geeigneter operativer Methoden, vor allem zur offensiven Einflußnahme auf Personen Personengruppen, ein vertretbares Verhältnis von Aufwand und Nutzen.

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