Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 299

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 299 (NJ DDR 1972, S. 299); Zahl der Fälle nicht vor. Aus dem größten Land der BRD, Nordrhein-Westfalen, war jedoch bereits zu erfahren, daß die dort registrierten Rauschgiftdelikte im Jahre 1971 erneut gestiegen sind, und zwar um 50 Prozent./37/ In der BRD entwickelte sich die Zahl der registrierten Rauschgiftdelikte von 1963 bis zum Jahre 1970 entsprechend der nebenstehenden Tabelle. Selbst Innenminister Genscher mußte einräumen, daß „die Dunkelziffer in diesem Bereich der Kriminalität besonders groß (ist), da hier eine deutliche Verschiebung der Täter-Opfer-Beziehung, das einverständliche 737/ Die Welt (Westberlin) vom 22./23. Januar 1972. Jahr 1963 820 1964 992 1965 1 003 1966 1 080 1967 1 094 1968 1 891 1969 4 184 1970 16 104 Interessenverhältnis zwischen Händler und Konsument, die Seltenheit von Anzeigenerstattung vorliegen.“/38/ (wird fortgesetzt) /38/ Das Parlament (Bonn), S. 1. Rechtsprechung Strafrecht § 17 Abs. 1 StGB. Die begründete Annahme, daß ein Fremder unberechtigt zur Nachtzeit in ein Gebäude eingedrungen ist, rechtfertigt, wenn dieser sich trotz wiederholter Aufforderungen nicht entfernt, sondern gegenüber dem Besitzer sogar eine drohende Haltung einnimmt, das Vorliegen einer Notwehrsituation hinsichtlich des Hausfriedensbruchs und der drohenden Körperverletzung. BG Leipzig, Urt. vom 2. November 1971 2 BSB 412/71. Das Kreisgericht hat den Angeklagten wegen eines Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß § 116 Abs. 1 StGB auf Bewährung verurteilt. Der 42jährige, nicht vorbestrafte Angeklagte bewirtschaftet eine Gaststätte. Am 20. Juli 1971 hatte er die Gaststätte um 24 Uhr geschlossen und war damit beschäftigt, den Tageserlös abzurechnen, als gegen 0.15 Uhr der Bürger W., der noch eine Flasche Weinbrand kaufen wollte, an die bereits verschlossene Haustür klopfte. Der Sohn des Angeklagten und dessen Ehefrau befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Gaststätte. Letztere erklärte, daß die Gaststätte bereits geschlossen sei und nichts mehr verkauft würde. Kurze Zeit später begab sich der Sohn des Angeklagten zum Hof, weil er dort Geräusche gehört hatte. Vor der Herrentoilette begegnete ihm W. Auf die Frage, wie er ins Haus gelangt sei und was er dort suche, gab W. zur Antwort, daß er sich dazu erst äußern werde, wenn ihm etwas verkauft worden sei. Vor dem Eingang zur Gaststube wurde W. vom Angeklagten danach gefragt, wie er das Haus betreten habe, und aufgefordert, seinen Personalausweis zu zeigen. Der Geschädigte antwortete wiederum, daß er sich erst dazu äußern werde, wenn ihm etwas verkauft worden sei. Nunmehr forderte der Angeklagte den W. mehrfach zum Verlassen des Grundstücks auf, und die Zeugin T. öffnete die Haustür. Der Angeklagte faßte den Geschädigten jetzt am Genick und versuchte, ihn zur Tür hinaüszuschieben. Als der Geschädigte sich aus diesem Griff herausgewunden hatte und dem Angeklagten mit halb erhobenen Armen gegenüberstand, führte dieser sofort von unten her einen Faustschlag in Richtung des Gesichts des Geschädigten, der diesen an der Kinnspitze traf. Der Geschädigte stürzte und schlug mit dem Kopf auf den Schamottefußboden des Flurs. Er wurde vom Angeklagten und seinem Sohn vor die Haustür getragen, wo er sich nach einigen Minuten erhob und den Heimweg antrat. Am gleichen Tage wurde der Geschädigte ins Krankenhaus eingeliefert. Dort wurde eine Gehirnerschütterung und beiderseitige Mittelohrblutung festgestellt. Infolge einer durch Aufschlagen des Kopfes auf den Fußboden eingetretenen Frakturverletzung ist Gehörverlust auf dem linken Ohr des Geschädigten eingetreten. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger Berufung eingelegt, mit der Freispruch erstrebt wurde. Die Berufung hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat den Sachverhalt gründlich aufge klärt und in Übereinstimmung mit dem Ergebnis de Beweisaufnahme richtig im Urteil festgestellt. Bei de rechtlichen Würdigung der Verhaltensweise des Ange klagten hat die Strafkammer jedoch zu Unrecht da: Vorliegen einer Notwehr i. S. des § 17 Abs. 1 StGE verneint. Durch die Verteidigung ist zutreffend darau) hingewiesen worden, daß der Geschädigte widerrechtlich in die Gaststätte des Angeklagten eingedrungen ist und sich trotz mehrfacher sachlicher Aufforderungen hartnäckig geweigert hat, das Lokal zu verlassen. Auf Grund des Zeitpunktes und der mangelnden Bereitschaft des Geschädigten, sich auszuweisen und über die Art und Weise seines Eindringens Auskunft zu geben, konnte beim Angeklagten durchaus der Verdacht aufkommen, daß es sich beim Geschädigten um einen „ertappten Einbrecher“ handelt. Seine Bemühungen, den Geschädigten so schnell wie möglich aus der von ihm bewirtschafteten Gaststätte zu entfernen, waren daher berechtigt. Die vom Angeklagten zu diesem Zweck eingesetzten Mittel haben dem Verhalten des Geschädigten entsprochen. Nachdem der Geschädigte durch mehrfache mündliche Aufforderungen nicht zu einem freiwilligen Verlassen der Räumlichkeiten des Angeklagten bereit war, hat der Angeklagte versucht, seinen Worten durch den Einsatz leichter körperlicher Kraft Nachdruck zu verleihen. Erst als sich der Geschädigte aus diesem Griff herausdrehte und dem Angeklagten unmittelbar mit angehobenen Armen gegenüberstand, ist der Angeklagte, in der Annahme, daß jetzt ein Schlag des Geschädigten bevorsteht, diesem durch den Einsatz einfacher körperlicher Gewalt in Form eines Schlages gegen den Kopf begegnet. Diese Reaktion des Angeklagten war unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt. Der Feststellung des Kreisgerichts, daß der Angeklagte keinerlei Veranlassung gehabt hätte, von einem bevorstehenden tätlichen Angriff des Geschädigten auszugehen, kann deshalb nicht gefolgt werden. Der Vorwurf, daß der. Angeklagte ohne gebotene Prüfung der Situation sofort zugeschlagen habe, ist nicht begründet und stellt eine Überforderung des Angeklagten dar. Das Kreisgericht hat bei dieser Einschätzung übersehen, daß auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichts kein Bürger erst abwarten muß, bis er geschlagen wird, ehe er sich wehren darf. Es steht ihm zu, einem bevorstehenden rechts- 293;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 299 (NJ DDR 1972, S. 299) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 299 (NJ DDR 1972, S. 299)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Summierung vieler politischoperativer Probleme in den Kreis- und objektdienststeilen muß es gelingen, eine von einem hohen Niveau der analystischen Tätigkeit und der Planung der politisch-operativen Arbeit gedankliche Vorbereitung und das vorausschauende Treffen von Entscheidungen über die konkreten politisch-operativen Ziele, Aufgaben und Maßnahmen im jeweiligen Verantwortungsbereich, den Einsatz der operativen Kräfte und Mittel auf diese Schwerpunkte wirksamer durchzusetzen und schneller entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Es besteht doch, wie die operative Praxis beweist, ein unterschied zwischen solchen Schwerpunkten, die auf der Grundlage von Rückversiche rungs- und Wiedergutmachungs-motiven gewonnen wurden; bei konspirativ feindlich tätigen Personen; auch bei Angehörigen Staatssicherheit infolge krassel Widersprüche zwischen Leistungsvoraussetzungen und Anf orderungen.

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