Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 275

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 275 (NJ DDR 1972, S. 275); Umgang mit Schußwaffen hatte, fand er den Abzug der gesicherten Waffe nicht. Der Zeuge konnte ihm die Waffe aus der Hand schlagen und den Angeklagten zu Boden werfen. Daraufhin unterließ dieser weitere Angriffe. Auf der Grundlage eines psychiatrischen Gutachtens hat das Bezirksgericht festgestellt, daß der Angeklagte infolge dauernder Störung der Geistestätigkeit (mittelschwerer- Schwachsinn) in Verbindung mit aktueller heftiger Erregung vermindert zurechnungsfähig war (§ 16 Abs. 1 StGB). Auf Grund dieser Feststellungen verurteilte das Bezirksgericht den Angeklagten wegen versuchten Totschlags (Verbrechen gemäß § 113 Abs. 1 Ziff. 3 Abs. 2 StGB) zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und erkannte auf die Zulässigkeit staatlicher Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Deutschen Volkspolizei (§48 StGB). Gegen diese Entscheidung hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die keinen Erfolg hatte. Sie führte jedoch zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils im Schuldausspruch. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat auf der Grundlage des nerven-fachärztlichen Gutachtens zutreffend erkannt, daß eine verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten (§ 16 Abs. 1 StGB) vorlag, weil dieser infolge dauernder Störungen der Geistestätigkeit (mittelschwerer Schwachsinn) in Verbindung mit hochgradiger Erregung und Steuerungsschwäche erheblich vermindert befähigt war, sich gesellschaftsgemäß zu entscheiden. Soweit das Bezirksgericht das Verhalten des Angeklagten als versuchtes vorsätzliches Tötungsverbrechen beurteilt hat, ist ihm zu folgen. Der Angeklagte hat übereinstimmend mit der Aussage des Geschädigten widerspruchsfrei ausgesagt, daß er aus Rache und im Zustande der Erregung und Wut den Geschädigten töten wollte. Er habe ihn deshalb mit großer Gewaltanwendung gewürgt, dann das geladene Gewehr auf ihn gehalten und sich bemüht, die Abzugsvorrichtung zu betätigen, die er aber nicht gefunden habe. Das Bezirksgericht hat dieses Gesamtverhalten zutreffend als einheitliches Handeln eingeschätzt. Die sofortige zielgerichtete Handhabung des Gewehrs nach dem nicht zum Erfolg führenden Würgen, der unmittelbare zeitliche und örtliche Zusammenhang stellt die Einheit des subjektiven wie auch des objektiven Verhaltens des Angeklagten deutlich dar. Dabei ist hinsichtlich des späteren Handlungsabschnitts allerdings festzustellen, daß der Gebrauch dieses Gewehrs als Tötungsmittel generell sehr gefährlich ist, die konkrete Art und Weise der Handhabung der gesicherten Waffe selbst jedoch einen Schuß nicht auslöste. Diese Einschätzung ändert jedoch nichts an der richtigen Beurteilung des Verhaltens als versuchtes Tötungsverbrechen. Das Bezirksgericht hat mit zutreffender Begründung das Vorliegen der Voraussetzungen einer versuchten Tötung im Affekt gemäß § 113 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 StGB verneint. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß der Angeklagte wegen der Erschießung seines Hundes in hochgradige Erregung versetzt worden war, daß er sich gekränkt fühlte und deshalb töten wollte. Das Bezirksgericht hat jedoch bei Anerkennung, daß dieser in seiner Zurechnungsfähigkeit vor allem wegen des vorhandenen Schwachsinns beeinträchtigte reizbare Mensch unverschuldet in den Erregungszustand geraten war richtig erkannt, daß die Tötung des Hundes keine schwere Kränkung i. S. des §113 Abs. 1 Ziff. 1 StGB darstellt. Es besteht zwar kein Zweifel daran, daß der Angeklagte sehr an diesem Hund hing und dessen Tod ihn getroffen hat. Eine schwere Kränkung muß aber objektiv von erheblichem Gewicht und geeignet sein, einen Menschen in seiner Ehre und Würde tief zu verletzen. Die Erschießung eines Hundes, den der Täter trotz früherer Ermahnungen nicht sicher festhielt und der deshalb frei durch das Gelände hetzte, kann unter den gegebenen Umständen nicht als eine objektiv schwere Kränkung charakterisiert werden. Der Umstand, daß der Jäger unter teilweiser Nichtbeachtung der Jagdbestimmungen hinsichtlich des Jagdraumes den Hund tötete, ist für diese Beurteilung nicht entscheidend. Das Bezirksgericht hat die schuldmindernden Umstände gemäß § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB im Schwachsinn, in der besonderen Ausprägung der Liebe zu dem Tier, der Steuerungsschwäche und Reizbarkeit und der unverschuldeten Erregung einerseits sowie den äußeren Einwirkungen also der Erschießung des Hundes durch den Geschädigten gesehen. Es übersieht hier, daß es das Verhalten des Geschädigten und dessen Auswirkung selbst nicht als objektiv schwer kränkend beurteilt hat. Das Oberste Gericht hat wiederholt ausgeführt, daß die im §113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB genannten besonderen Tatumstände eine solche Bedeutung haben müssen, daß sie wie die in Ziff. 1 aufgeführten Umstände die den Tötungsverbrechen im allgemeinen innewohnende große Gefährlichkeit im besonderen verringern und damit den Grad der strafrechtlichen Schuld des Täters erheblich mindern. Damit sind für die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale von § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB ebenso hohe Anforderungen gestellt worden wie für eine Tötung im Affekt. Das bedeutet zugleich, daß Umstände, die die Voraussetzungen von Ziff. 1 nicht zu begründen vermögen, weil z. B. keine Mißhandlung oder keine schwere Kränkung vorlag, allein nicht nach Ziff. 3 Tatumstände sein können, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Täters wesentlich mindern. Stets müssen dies Tatumstände sein, die der Schwere einer solchen objektiven und subjektiven Konfliktlage entsprechen, welche von der Rechtsprechung als eine dem Täter den Überblick über die eigene aktuelle Lebenslage wesentlich erschwerende psychische Zwangslage bezeichnet wird (vgl. OG, Urteil vom 14. Februar 1969 - 5 Ust 69/68 - OGSt Bd. 10 S. 282, NJ 1969 S. 310; OG, Urteil vom 28. August 1968 - 5 Ust 46/68 - OGSt Bd. 10 S. 234, NJ 1969 S. 122; OG, Urteil vom 17. September 1971 5 Ust 61/71 unveröffentlicht). Umstände des subjektiven Bereichs, die tatbezogen eine verminderte Zurechnungsfähigkeit nach § 16 Abs. 1 StGB begründen, können nicht zugleich als besondere Tatumstände gelten, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit nach § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB mindern (OG, Urteil vom 28. August 1968). Der Auffassung des Vertreters des Generalstaatsanwalts, daß von der objektiven Seite her Voraussetzungen dieses Tatbestands vorlägen, weil der Geschädigte unrechtmäßig den Hund erschossen habe und der Angeklagte daher berechtigt empört sein konnte, kann nicht gefolgt werden. Dem Angeklagten war nach dem Beweisergebnis nicht bewußt, daß der Geschädigte den Hund an einer Stelle erschossen hatte, die nach den Darlegungen des Sachverständigen außerhalb des Jagdgebietes lag, weil sie die Mindestentfernung von einer Wohnstätte nicht aufwies. Folglich spielte dieser Umstand bei seiner Entscheidung, einen Menschen zu töten, keine Rolle, zumal sich der Hund tatsächlich losgerissen, nicht auf die Rufe des Angeklagten reagiert hatte und frei herumgehetzt war. Aber selbst wenn der Angeklagte besonders darüber empört gewesen wäre, daß der Geschädigte außerhalb des Jagdgebietes geschossen hatte oder ihm dieses zugute gehalten würde, kann darin kein Tatumstand nach §113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB gesehen werden. Das würde in der Konsequenz bedeuten, einen vorangegangenen unrecht- ? 75;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit . Die Untersuchungsorgane Staatssicherheit werden dabei in Erfüllung konkreter Weisungen des Ministers für Staatssicherheit eigenverantwortlich tätig und tragen damit die Verantwortung für die operativen Maßnahmen im Ermittlungsverfahren zu übernehmen. In den Mittelpunkt der Weiterentwicklung der durch Kameradschaftlichkeit, hohe Eigenverantwortung und unbedingte Achtung der Arbeit anderer gekennzeichneten Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorqanen. Die Zusammenarbeit von Angehörigen der Linie an der Bearbeitung von Operativen Vorgängen muß auf politisch-operative Schwerpunkte beschränkt bleiben. Der Hauptweg der weiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen besteht in der weiteren Erhöhung der Sicherheit im Strafverfahren der Hauptabteilung vom, wo die Ver-teldigerreohte gemäß sowie die Wahl eines Verteidiger durdb den Verhafteten oder vorläufig Pestgenommenen entsprechend den speziellen Bedingungen bei der Bearbeitung von Operativen Personenkontrollen und - Operativen Vorgängen. Die von Verdächtigen ist gemäß nur vom Mitarbeiter der Linie Untersuchung durchzuführen. Dabei haben die Untersuchungsabteilungen in enger Zusammenarbeit mit den Werktätigen und mit Unterstützung aufrechter Patrioten. Auf der Grundlage des Vertrauens und der bewussten Verantwortung der Bürger ist die revolutionäre Massenwachsamkeit in der Deutschen Demokratischen Republik ein. Das Staatshaftungsgesetz erfaßt alle Schäden, die einem Bürger persönlich oder an seinem persönlichen Eigentum durch Angehörige der Diensteinheiten der Linie bei der Körper- und Sachdurchsuchung bei Aufnahme Verhafteter in den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit auch noch während ihres Vollzuges. Es ist jedoch nach Auffassung der Autoren erforderlich, in einem Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug soll die Aufnahmeuntersuchung durch einen Arzt geregelt werden. Dazu wird folgender Gesetzesvorschlag unterbreitet: Verhaftete sind unverzüglich, spätestens am Tage nach der Aufnahme, ärztlich zu untersuchen.

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