Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 265

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 265 (NJ DDR 1972, S. 265); gewissermaßen als „Reservewaffe“ bereitgehalten wird. Es dient der Stabilisierung des imperialistischen Staatsmechanismus und ist zu diesem Zweck als angeblich letzte Kontrollinstanz der Verfassungsmäßigkeit politischen Handelns ausgestaltet. In Wahrheit sind es aber immer handfeste Klasseninteressen, die die politischen Repräsentanten der Monopole oder Monopolgruppen veranlassen, das BVG in den politischen Willensbildungsprozeß einzuschalten, um damit die eigene Politik mit dem Nimbus der „Rechtsstaatlichkeit“ zu umgeben oder aber auf den umständlichen und langwierigen Weg verfassungsgerichtlicher Sanktionierung oder eines verfassungsgerichtlichen Verdikts zugunsten rascher wirksam werdender Herrschaftsformen zu verzichten. Tatsächlich liegt in der engen Verbindung von Institution und Ideologie in hohem Maße die Wirkung des BVG begründet. Hier drückt sich in exemplarischer Weise die dem Imperialismus eigene Einheit von Demagogie und Terror (Lenin) aus. In diesem Gericht finden die in sich differenzierten, aber in jedem Fall auf die Verschleierung der Klasseninteressen des imperialistischen Staates und seines Rechts gerichteten bürgerlichen Rechtsstaatsideologien ihre Institutionalisierung. Es soll den irrigen „Glauben an ein Recht“ vermitteln, dem „nicht nur der Bürger, sondern auch der Staat unterworfen ist“ .121 Diese Legende wird von allen Medien der staatsmonopolistischen Meinungsbildung in der BRD genährt und unterstützt. „Hüter des Grundgesetzes“ hieß z. B. eine Sendung des ZDF-Programms des BRD-Fernsehens vom 8. November 1971, in der das BVG als ein Garant der Rechte des Staatsbürgers „gegenüber dem Staate“ dargestellt werden sollte/3/, was sicherlich nicht ohne Wirkung auf den Zuschauer dieser imperialistischen Meinungsmanipulation blieb. In Wirklichkeit aber, das bestätigte ein Richter des BVG, dessen Angaben in der genannten Sendung des ZDF wiedergegeben wurden, „gehen monatlich etwa 100 Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht ein. Von den Tausenden dieser Verfassungsbeschwerden kommen nur ganz wenige überhaupt zur Erörterung vor einem der beiden Senate. Sicher 90 Prozent scheitern bereits im Vorverfahren Von den Verfassungsbeschwerden, die dann vom Gericht selbst behandelt werden, haben nur relativ wenige Erfolg gehabt, etwa 1,5 Prozent“./4/ Selbst wenn außer Betracht bleibt, daß sich unter den wenigen Entscheidungen, in denen Verfassungsbeschwerden Erfolg hatten, solche befinden, in denen Berufsbeamte „Ansprüche“ aus ihrer „Gefolgschaftstreue“ im Hitlerstaat ableiteten, ergibt sich aus diesem statistischen Ergebnis eine Erfolgschance des klagenden Bürgers von 1 :600. Damit aber wird das staatsbürgerliche Recht auf Verfassungsbeschwerde zur Farce. Hier wird auch der tiefe Widerspruch zur sozialistischen Demokratie im allgerpeinen und zur Praxis der Eingabenbearbeitung als Bestandteil sozialistischer Leitungstätigkeit besonders greifbar und anschaulich./5/ Die Mystifizierung des bürgerlichen Rechts und der richterlichen Gewalt in der BRD Von Otto Bachof bis zu Ernst Benda ist die Formel vom „Recht als Maß der Macht“ gleichsam zum Grundnenner imperialistischer Rechtsstaatsdemagogie gewor- IV IV Bachof, Grundgesetz und Richterm,acht, Tübingen 1952, S. 45. /3/ Nach „Der schwarze Kanal“, Fernsehen der DDR vom 15. November 1971. /4/ Friesenhahn, Aufgabe und Funktion des Bundesverfassungsgerichts, Das Parlament Nr. 6 vom 10. Februar 1965, Beilage, S. 8. 151 Ellinger/Schaefer/Lange, Eingabenarbeit Bestandteil der Leitungstätigkeit, Berlin 1971, insbes. S. 11/12. den. Diesem Klischee entspricht das naive Bild einer über dem Staat und der ihn tragenden politischen Kräfte stehenden richterlichen Gewalt. In einem Verfassungssystem, „das von dem Primat der Rechtsidee auch über die verfassungsgebende Gewalt beherrscht“ werde, schreibt Wintrich ausgerechnet im Jahre des unter seinem Vorsitz ausgesprochenen KPD-Verbots, sei das Rangverhältnis zwischen den obersten Rechtswerten und den politischen Werten klar bestimmt: „Alles politische Wirken ist der höheren Idee des Rechts unterworfen, ihr verpflichtet und durch sie begrenzt.“/6/ Diese Mystifizierung des bürgerlichen und imperialistischen Rechts und die ihr entsprechende Glorifizierung der richterlichen Gewalt wurzeln tief in der Geschichte der Ausbeuterordnungen und haben im bürgerlichimperialistischen Deutschland als Folge des geschichtlichen Versagens der Bourgeoisie einen besonderen Nährboden gefunden./7/ Diese Mystifizierung wird in der BRD durch die Existenz des Bundesverfassungsgerichts in hohem Maße unterstützt. In vielfältiger Weise werden die hochtrabenden Beteuerungen über das Bundesverfassungsgericht als „Vollendung rechtsstaatlicher Demokratie“ und als „Krönung des Rechtsstaates“ von den imperialistischen Massenmedien als Tagespropaganda verbreitet. In einer vielfältig differenzierten Weise wurden so dem emotionalen Streben weiter Volksschichten nach Gerechtigkeit und Rechtssicherheit die Klasseninteressen der herrschenden Kreise in der BRD unter der Hülle eines verabsolutierten Rechtsbegriffs (und eines klassenindifferenten Rechtsgefühls) unterschoben. So stellt sich für viele westdeutsche Bürger die primitive Gleichung von recht und Recht wie von selbst ein. Es vollzieht sich die Metamorphose des politischen Machtkampfes „in einen Rechtskampf, der vor einem Gerichtsforum ausgetragen wird“ ./8/ Ein Superlativ, der sich wiederholt in Jubiläumsbeiträgen über das Bundesverfassungsgericht findet, stimmt allerdings: Seine verfassungsrechtlichen Kompetenzen übertreffen tatsächlich die aller bürgerlichen Staatsgerichtshöfe. Ein Ausdruck dafür ist die Auffassung Birkenmaiers, der in der Stuttgarter Wochenschrift „Christ und Welt“ über die „verfassungsrechtliche Vorrangstellung“ des BVG schreibt, daß sie „auf der Welt nicht ihresgleichen hat“./9/ Abgesehen davon, daß diese „Vorrangstellung“ des BVG stets nur in dem Maße wirksam geworden ist und wirksam werden kann, soweit es den Klasseninteressen der jeweils mächtigsten Monopolgruppen entspricht, ist eine solche „Vorrangstellung“ nur zu Lasten des Parlaments realisierbar. Und eben das ist für das Bonner Herrschaftssystem charakteristisch. Es gibt den politischen Repräsentanten der imperialistischen Staatsgewalt oder der „parlamentarischen Opposition“ die Möglichkeit, zur systemstabilisierenden Lösung der politischen Konflikte das BVG anzurufen und mit dessen geliehener Autorität die eigene Politik zu stützen./10/ 161 Wintrich, Aufgaben, Wesen und Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit, in: Vom Bonner Grundgesetz zur gesamtdeutschen Verfassung, Festschrift für Nawiasky, München 1965, S. 202. Hl Näheres hierzu vgl. Haney, Die Demokratie Wahrheit, Illusionen und Verfälschungen, Berlin 1971, S. 242. ISI Marcic, Die Krise des Staatsgedankens in der Gegenwart, Beiträge zur Begegnung von Kirche und Welt, Nr. 45/46, hrsg. von der Akademie der Diözese Rossenburg 1960, S. 18. Marcic, der im BVG seine Vorstellungen modellhaft verwirklicht sieht, verherrlicht es mit der Feststellung, die Verfassungsjustiz sei „die wunderbarste Tat, die zu irgendeiner Zeit menschlichen Hirnen entsprungen ist!“ (Marcic, Vom Gesetzesstaat zum Richterstaat, Wien 1957, S. 347 ff.). /9/ Birkenmaier, Zwischen Macht und Recht. 20 Jahre Bundesverfassungsgericht, Christ und Welt (Stuttgart) vom 25. September 1971. /10/ Das Bundesverfassungsgericht entscheidet u. a.: 1. über die Verwirkung von Grundrechten (Art. 18 GG) 265;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 265 (NJ DDR 1972, S. 265) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 265 (NJ DDR 1972, S. 265)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Untersuche nqshaftvollzuqes fortzusetzen. Die Aktivitäten der Verhafteten gegen den Untersuchungshaftvollzug reflektieren daher nicht nur die Hauptrichtungen der feindlichen Angriffe gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der sowie ihre Bürger negative Folgen hervorrufen. Zu den wichtigsten Erscheinungsformen des Mißbrauchs gehören Spionageangriffe gegen alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, die Verbreitung subversiver Propaganda, die Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit und die Schaffung einer antisozialistischen inneren Opposition in der Vertrauliche Verschlußsache - Grimmer, Liebewirth, Meyer, Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Sicherheit im Strafverfahren der Hauptabteilung vom, wo die Ver-teldigerreohte gemäß sowie die Wahl eines Verteidiger durdb den Verhafteten oder vorläufig Pestgenommenen entsprechend den speziellen Bedingungen bei der Bearbeitung von Ertnittlungsverfahren durch die zielstrebige und allseitige Nutzung der damit verbundenen vielfältigen Möglichkeiten der Gewinnung politisch-operativ bedeutsamer und zuverlässiger Informationen zur Erfüllung der Gesant-aufgabenstellung Staatssicherheit beizutranen.

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