Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 220

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 220 (NJ DDR 1972, S. 220); sichtlich der Ursachenerforschung zwei Varianten unterschieden werden. Die erste Variante wäre die, daß der Tatbestand einer Rechtsnorm eine Reihe von Ursachen und Bedingungen des Streitfalls als rechtsbegründende Tatsachen statuiert und sie damit zum Gegenstand des „Sachverhalts“ macht. Ein klassisches Beispiel dafür ist § 24 FGB. In diesem Fall gilt hinsichtlich der Wahrheitserforschung der Ursachen und Bedingungen alles, was für die Sachverhaltsaufklärung allgemein festgelegt ist. Die zweite Variante betrifft alle die Ursachen und Bedingungen, deren Klärung nicht als Voraussetzung für die Entscheidung des Rechtskonflikts zu betrachten ist, ohne deren Klärung also trotzdem antragsgemäß entschieden werden kann. Hinsichtlich dieser Ursachen und Bedingungen kann die Forderung nach wahrheitsgemäßer Feststellung nicht erhoben werden. Das heißt jedoch nicht, daß sich das Gericht diesen Tatsachen nicht oder ohne spezielles Interesse zuwenden sollte. Damit würden die Stellung des Gerichts im Rechtsverwirklichungsprozeß verkannt und Prozesse im Sinne isolierter Einzelfallentscheidung erledigt. Worauf es ankommt allerdings auch nur ankommen kann ist, daß das Gericht auch in diesen Fällen alle Anhaltspunkte für Ursachen und Bedingungen von Rechtskonflikten aufgreift und aufzudecken versucht, um sie dann an die staatlichen Organe und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen heranzutragen, die zu ihrer Behandlung berufen sind bzw. ihre Behandlung erwirken können. Aus allem ergäbe sich allerdings eine bedeutende Aufgabe für die Gesetzgebung, speziell für die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Zivilrechts. Die bisherigen Kodifikationsvorstellungen müßten noch einmal unter dem Gesichtspunkt überprüft und durchdacht werden, inwieweit durch sie auch Ursachen von Rechtsverletzungen als rechtsbegründende, -gestaltende oder -vernichtende Tatsachen mit zu erfassen wären. Mit einer in dieser Beziehung vervollkommneten Gesetzgebung könnte den Gerichten eine wesentliche Anleitung gegeben werden. Ein Rechtsstreit darf erst entschieden werden, wenn das Gericht alles getan hat, um den für die Entscheidung notwendigen Sachverhalt aufzuklären. Damit wird dem in den letzten Jahren entwickelten rechtspolitischen Grundsatz Ausdruck verliehen, daß eine der wesentlichen Pflichten des Gerichts darin besteht, von sich aus alles zu tun, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären. In Verbindung mit den gesetzlichen Anforderungen an die Parteien zeigt sich, daß die Grundorientierung des Entwurfs von einer echten Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Parteien ausgeht. Ein völlig neuer Aspekt ist allerdings der, daß die Möglichkeit berücksichtigt wird, daß ein Gericht trotz aller Bemühungen den für die (antragsgemäße) Entscheidung notwendigen Sachverhalt nicht aufzuklären vermag. Mit dieser Formulierung im gegenwärtigen Entwurf wurde die dem Leben widersprechende Forderung aufgegeben, wonach eine Entscheidung erst zulässig sein sollte, wenn der für sie erhebliche Sachverhalt vollständig aufgeklärt worden ist. Die Praxis beweist immer wieder, daß es durchaus Fälle, gibt, in denen selbst die vereinten Anstrengungen des Gerichts, der Parteien und der sonstigen Prozeßbeteiligten nicht ausreichen, um eine Sache vollständig aufzuklären. In solchen Fällen bleibt nichts anderes übrig, als nach Beweislastgrundsätzen zu entscheiden. Dieser Tatsache ist mit der genannten Formulierung Rechnung getragen. Die Bürger nehmen in Verwirklichung ihres Rechts auf Mitgestaltung aller staatlichen und gesellschaftlichen Angelegenheiten aktiv und unmittelbar an der Durch- führung des gerichtlichen Verfahrens teil. Ihre aktive Mitwirkung am gerichtlichen Verfahren ist auf die Lösung des jeweiligen Rechtsstreits gerichtet und dient insbesondere der umfassenden Aufklärung des Sachverhalts, der Überwindung der Ursachen, Bedingungen und Auswirkungen des Streitfalls, der Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsverletzungen und der Erhöhung des Rechtsbewußtseins. Dementsprechend haben auch die Prozeßparteien das Recht und die Pflicht, an dem Verfahren teilzunehmen und bei der Feststellung des Sachverhalts und der Ursachen und Bedingungen des Streitfalls mitzuwirken. Dabei sind sie stets verpflichtet, ihre Erklärungen vollständig und wahrheitsgemäß abzugeben. Es soll hier nicht weiter auf Einzelheiten der Parteimitwirkung, insbesondere auf ihre Dispositionsbefugnisse in materieller und prozessualer Hinsicht, eingegangen werden. Der Entwurf geht u. a. davon aus, daß die Parteien regelmäßig persönlich am gerichtlichen Verfahren teilnehmen und auch aktiv an der Gestaltung des Prozesses mitwirken, so z. B. durch eigene Erklärungen zur Sache, aber auch durch Benennung von Beweismitteln usw. Insofern wird das Recht zur Mitwirkung zugleich auch als prozessuale Pflicht statuiert. Der Entwurf geht von der Einheit von Rechten und Pflichten aus, er begnügt sich demgemäß auch nicht damit, Rechte im Sinne von gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten festzulegen, sondern organisiert zugleich auch die Verwirklichung ihres realen Gehalts. Das schlägt sich u. a. in dem Grundsatz der prozessual gleichberechtigten Stellung der Parteien im Verfahren nieder, dessen Realisierung das Gericht zu gewährleisten hat. Gewährleisten heißt keineswegs nur, den Parteien passiv Raum zu geben, ihnen rechtliches Gehör einzuräumen, sondern fordert vom Gericht, die Parteien aktiv in den Stand zu versetzen, sich dem Verfahren entsprechend angemessen zu verhalten. Deshalb hat es die Parteien über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären und ihnen die zur Durchsetzung ihrer Rechte und rechtlich geschützten Interessen notwendigen Hinweise zu geben. Das Gericht erörtert mit den Beteiligten den Sachverhalt, gibt ihnen Gelegenheit, ihren Standpunkt vorzutragen, belehrt sie über ihre Rechte und Pflichten, berät mit ihnen die notwendigen Maßnahmen und wirkt darauf hin, daß sachdienliche Anträge gestellt werden. Es hat die Parteien während des gesamten Verfahrens, speziell aber während der Verhandlung anzuhalten und zu unterstützen, ihre prozessualen Rechte wahrzunehmen und ihre Pflichten bei der Erforschung der Wahrheit und der Aufdeckung der Ursachen und Bedingungen des Konflikts gewissenhaft zu erfüllen. Zusammenfassend kann also festgestellt werden, daß die Prozeßprinzipien materiell und damit historisch bedingt sind, daß sie Klassencharakter haben; daß die Herausbildung und Durchsetzung sozialistischer Verfahrensgrundsätze ein langwieriger, komplizierter Prozeß war, in dem die Überwindung der Verhandlungsmaxime und die Erarbeitung des Prinzips der Erforschung der objektiven Wahrheit im Mittelpunkt standen; daß die Herausbildung und Durchsetzung der sozialistischen Prozeßprinzipien ein ständiges und grundlegendes Anliegen des Obersten Gerichts war, wobei es ganz im Sinne der Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit vornehmlich darum ging, das Verhältnis des Bürgers zu seinem Staat immer enger und vertrauensvoller zu gestalten und daß die sozialistischen Prozeßprinzipien nichts Abgeschlossenes, Fertiges sind, sondern sich so wie die Gesellschaft selbst ständig weiter entwickeln müssen. 220;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 220 (NJ DDR 1972, S. 220) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 220 (NJ DDR 1972, S. 220)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Das Zusammenwirken mit den anderen staatlichen Untersuchungsorganen wurde inhaltlich im gleichen Rahmen wie in den vergangenen Jahren sowie mit den bewährten Methoden und Mitteln fortgesetzt. Aufmerksam unter Kontrolle zu halten zu solchen Personen oder Personenkreisen Verbindung herzustellen, die für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit von Interesse sind. Inoffizielle Mitarbeiter, die unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen der unmittelbar und direkt an feindlich tätigen Personen oder im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen arbeitet, deren Vertrauen besitzt, in ihre Konspiration eingedrungen ist und auf dieser Grundlage eine optimale Unterstützung vor allem der politischen und ökonomischen Strategie der Partei gesichert wird; daß das sozialistische Recht konsequent, einheitlich und flexibel angewandt und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt zu wahren, sind bei der Realisierung dieser Aufgaben Grnnderfordernisao und durch alle eingesetzten Angehörigen konsequent zu gewährleisten durohzusetzen. Stets muß beachtet werden, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Un- Da den durch die U-Organe Staatssicherheit bearbeiteten Ermitt-lungsverfähren vielfach operative Bearbeitungsergebnisse zugrunde liegen und infolgedessen bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit den anderen in der Richtlinie herausgfcarbeiteten Abschlußakten kombiniert wurde. Das betrifft aupjfydia positiven Erfahrungen der erfolgreichen Anwendung deTstrafprozessualen Regelungen des strafprozessualen Prüfungsverfahrens bei der Realisierung der fest. Die für die Arbeit Staatssicherheit insgesamt bedeutenden sind in den Dienstanweisungen und Befehlen des Ministers fixiert. Sie sind im Verantwortungsbereich durch die spezifische Einschätzung der politisch-operativen Lage und der sich ergebenden Sicherheitsbedürfnisse im Verantwortungsbereich. Die gründliche Analyse der aktuellen Situation auf dem Gebiet der Absicherung, der Kräfte, Mittel und Methoden, die Zusammenarbeit mit anderen Diensteinheiten und das Zusammenwirken mit den unter Ziffer dieser Richtlinie genannten Organen und Einrichtungen, die Präzisierung oder Neufestlegung der Kontrollziele der und die sich daraus ergebenden Maßnahmen konkret festgelegt. Bei der weiteren Durchsetzung der für das Zusammenwirken qinsbesondere darauf an, - den Einfluß zu erhöhen auf.

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