Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 213

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 213 (NJ DDR 1972, S. 213); In Anwendung des Grundsatzes, bei Zweifeln über einen Sachverhalt von der für den Angeklagten günstigsten Sachverhaltsvariante auszugehen, durften die Instanzgerichte bei der Beurteilung des Grades der Schuld des Angeklagten die Mitverursachung des Unfalls durch den Geschädigten folglich nicht außer acht lassen. Sie hätten erkennen müssen, daß dadurch die Schuld des Angeklagten sich nicht als solch schwerwiegende Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin darstellt, die den Ausspruch einer Freiheitsstrafe erforderlich macht. Angesichts der nicht wiedergutzumachenden Unfallfolgen und der Tatsache, daß der Angeklagte elementare Anforderungen an das Verhalten eines Kraftfahrers entgegen den ihm gegebenen Möglichkeiten nicht erfüllt hat, ist die Schwere des von ihm begangenen Vergehens zwar nicht gering, andererseits ist seine Straftat das Ergebnis zeitweiliger Pflichtvergessenheit und Unachtsamkeit und steht im Gegensatz zu seinem bisherigen positiven Verhalten im Straßenverkehr. Der Angeklagte wurde während seiner siebenjährigen Tätigkeit als Berufskraftfahrer dreimal als Aktivist ausgezeichnet und erhielt wegen hervorragender Einsatzbereitschaft mehrmals Geldprämien. Die Mitglieder seines Arbeitskollektivs schätzen ihn als verantwortungsbewußten Kraftfahrer, der kein Risiko einging, auf Fernfahrten oftmals schwierige Situationen meisterte und anderen Verkehrsteilnehmern uneigennützige Hilfe leistete. Das Arbeitskollektiv, das im Wettbewerb um den Titel „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“ steht, hat seine Bereitschaft zur Bürgschaftsübernahme erklärt. Da die Schwere der vom Angeklagten begangenen Straftat eine Bewährungsverurteilung nicht ausschließt und sein bisheriges Verhalten erkennen läßt, daß er nicht zuletzt mit Unterstützung seines Arbeitskollektivs bereit und fähig ist, künftig seiner Verantwortung gegenüber der sozialistischen Gesellschaft nachzukommen, war das Urteil des Kreisgerichts im Strafausspruch aufzuheben und der Angeklagte auf Bewährung zu verurteilen. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt, für den Fall der schuldhaften Nichtbewährung wurde eine Freiheitsstrafe von einem Jahr angedroht. Zusätzlich war dem Angeklagten die Fahrerlaubnis auf die Dauer von einem Jahr zu entziehen (§ 54 StGB). Die vom Arbeitskollektiv übernommene Bürgschaft war zu bestätigen. Der Senat war gemäß § 322 Abs. 1 Ziff. 4 StPO zur Selbstentscheidung befugt. Familienrecht §§ 308, 313, 525, 297, 523, 139 ZPO; § 29 FGB; § 42 FVerfO. 1. Eine Entscheidung ist auch dann kassationsfähig, wenn ein Sachantrag übergangen wurde. 2. Das Rechtsmittelgericht hat darauf hinzuwirken, daß die Anträge der Parteien in der von der ZPO vorgeschriebenen Form gestellt werden. 3. Die Tatsache, daß ein geschiedener Ehegatte eine Invalidenrente bekommt, schließt nicht aus, ihm unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände einen Unterhaltsanspruch zuzubilligen. 4. Da nach § 42 Abs. 1 FVerfO bei der Kostenentscheidung auch die sonstigen Verhältnisse der Parteien zu beachten sind, ist es unzureichend, lediglich die Einkommensverhältnisse der Parteien zueinander ins Verhältnis zu setzen und hiernach die Kosten zu verteilen, ohne zu beachten, daß die eine Partei ihre Invalidenrente voll für ihren eigenen Lebensbedarf braucht und voraussichtlich auf einen Unterhaltsbeitrag der anderen Partei angewiesen ist. OG, Urt. vom 4. Januar 1972 1 ZzF 20/71. Das Stadtbezirksgericht hat die Ehe der Parteien geschieden, der Verklagten das Erziehungsrecht für das Kind übertragen und den Kläger zur Unterhaltszahlung für das Kind verurteilt. Die Kosten des Verfahrens wurden zu vier Fünfteln dem Kläger und zu einem Fünftel der Verklagten auferlegt. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien hatte das Stadtbezirksgericht ermittelt, daß der Kläger ein monatliches Nettoeinkommen von 803 M erhält und für ein außerhalb der Ehe geborenes Kind Unterhalt zu zahlen hat. Die Verklagte wurde während der Ehe Invalidenrentnerin und bekommt eine monatliche Rente von 220 M. Gegen das Urteil des Stadtbezirksgerichts hat die Verklagte wegen der Ehescheidung Berufung eingelegt. Hilfsweise hat sie für den Fall der Scheidung beantragt, die Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils abzuänderri. In der Verhandlung vom 24. Mai 1971 hat sie beantragt, den Kläger zu verurteilen, an sie für die Dauer von zwei Jahren einen monatlichen Unterhalt von 100 M zu zahlen. Das Stadtgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Kosten des Berufungsverfahrens in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Kostenentscheidung verteilt. Uber den Unterhaltsanspruch der Verklagten wurde nicht entschieden. Gegen das Urteil des Stadtgerichts richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, soweit über den Unterhalt der Verklagten nicht entschieden wurde. Außerdem wird die Kostenentscheidung angegriffen. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: In Übereinstimmung mit dem Kassationsantrag ist davon auszugehen, daß auch eine Entscheidung kassationsfähig ist, mit der ein Sachantrag übergangen wurde. Diese Möglichkeit hat das Oberste Gericht bereits mit seinem Urteil vom 9. Dezember 1958 2 Zz 46/58 (OGZ Bd. 6 S. 281; NJ 1959 S. 216) sowie in weiteren Entscheidungen bejaht. In dem angeführten Urteil war u. a. darauf hingewiesen worden, daß das Gericht verpflichtet ist, falls die Prozeßvoraussetzungen erfüllt sind, über die geltend gemachten Klagansprüche zu entscheiden, und daß es das Gesetz verletzt, wenn es eine beantragte Entscheidung unterläßt. In den weiteren Ausführungen jener Entscheidung war dargelegt worden, daß die formelle Rechtskraft der Entscheidung dazu führt, daß die betreffende Partei keine Möglichkeit mehr hat, in dem anhängig gewordenen Verfahren selbst eine Änderung des Urteils herbeizuführen, falls sie nicht die Möglichkeit genutzt hat, einen Ergänzungsantrag gemäß § 321 ZPO zu stellen. Im vorliegenden Verfahren war der Antrag der Verklagten über den Unterhalt allerdings nicht in der gehörigen Form gestellt worden (§ 297 i. V. mit § 523 ZPO und § 1 FVerfO). Er wurde im Termin vom 24. Mai 1971 am Schluß der Verhandlung und im Anschluß an die Wiederholung der übrigen Anträge, die zu Beginn der Verhandlung unter Bezugnahme auf die Schriftsätze der Parteien gestellt worden waren, zu Protokoll erklärt. Nach § 139 ZPO i. V. mit § 1 FVerfO hätte der Rechtsmittelsenat darauf hinwirken müssen, daß die Verklagte bzw. ihr Prozeßbevollmächtigter dem Antrag auf Unterhalt, der nach ständiger Rechtsprechung auch im Rechtsmittelverfahren erstmalig gestellt werden kann, entweder einen vorbereitenden Schriftsatz oder eine schriftliche Anlage zum Protokoll zugrunde legt. Dieser Mangel in der verfahrensmäßigen Behandlung des Antrags kann- sich jedoch nicht zum Nachteil der Verklagten auswirken. Sie durfte, da das Gericht nach 213;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 213 (NJ DDR 1972, S. 213) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 213 (NJ DDR 1972, S. 213)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

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