Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 199

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 199 (NJ DDR 1972, S. 199); Entscheidung über den dem Urteil des Obersten Gerichts vom 9. Juni 1971 5 Ust 39/71 (NJ 1971 S. 651) zugrunde liegenden Sachverhalt, bei dem zwar die Beschaffenheit des Tatwerkzeugs (Limonadenflasche) nicht schlechthin zum Töten geeignet war, die konkrete Art und Weise seiner Anwendung (kräftiges Schlagen auf den Kopf einer 72jährigen Frau) indes den Tod des Opfers durchaus bewirken konnte. Das Oberste Gericht führte hierzu aus: „Ob der tatbestandsmäßige Erfolg eintritt oder nicht, hängt nicht nur von der Beschaffenheit dieses Werkzeuges, sondern vor allem auch von der Art und Weise und den konkreten Umständen seiner Anwendung, der Konstitution des Opfers sowie davon ab, gegen welche Stelle des Kopfes der Schlag geführt wird bzw. wo er auftrifft.“ Und weiter heißt es in dem Urteil: „Im übrigen irrt die Verteidigung, wenn sie annimmt, daß bei Anwendung eines zur Tötung nicht geeigneten Werkzeuges die Tatbestandsmäßigkeit verneint werden müßte. Auch der Versuch einer vorsätzlichen Tötung mit einem untauglichen Mittel ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Tatbestandes des § 112 StGB grundsätzlich ein versuchter Mord.“ In einer Reihe von Fällen ist es aber sehr schwierig, zu einer richtigen Unterscheidung zwischen bedingt vorsätzlichem und bewußt leichtfertigem strafrechtswidrigem Verhalten zu gelangen. Das trifft besonders für solche Fälle zu, in denen dem äußeren Ablauf nach Vorsatz-Fahrlässigkeitskombinationen enthalten sein können, das Tatgeschehen kompliziert gestaltet ist und nicht selten objektives Geschehen und subjektives Anstreben auseinanderfallen. Auch die Motivlage ist hier oft so, daß eine gleichermaßen (für Vorsatz und Fahrlässigkeit) verwerfliche Grundmotivation besteht und nur nach dem Eintritt oder Nichteintritt negativer Folgen differenziert werden kann. In solchen Fällen nun unabhängig vom konkreten objektiven Tatgeschehen allein aus den Motiven und Zielen des Täters die Schuldart bestimmen zu wollen, ist ebenso fehlerhaft wie nur von den objektiven Fakten her auf den Inhalt der Entscheidung zur Tat zu schließen. Ein großer Teil der Problematik ist bei der Entscheidung des Obersten Gerichts vom 10. Mai 1971 5 Ust 25/71 (nicht veröffentlicht) deutlich geworden. Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 29jährige Angeklagte war seit 1969 verheiratet; nach dem ersten Ehejahr ging er mehrfach gegen seine Ehefrau gewalttätig vor. Am 12. Juli 1970 wollte er einen Stadtbummel machen. - Seine Ehefrau stellte sich ihm entgegen und forderte ihn auf, zu Hause zu bleiben. Der Angeklagte stieß sie zur Seite, so daß sie zu Boden stürzte. Er entschuldigte sich und half ihr beim Aufstehen. Als er sich die Jacke anzog und die Wohnung verlassen wollte, stellte sich ihm seine Ehefrau erneut in den Weg. Er stieß sie nunmehr kräftig von sich, und beide fielen auf das in der Nähe stehende Bett. Danach erfaßte der Angeklagte mit beiden Händen den Hals der unter ihm liegenden Frau und würgte sie so lange, bis sie tot liegen blieb. Das Oberste Gericht setzte sich in diesem Fall mit der Abgrenzung zwischen unbedingtem und bedingtem Vorsatz auseinander. Es führte aus, daß entscheidend sei, ob sich der Angeklagte bewußt zur Tötung seiner Frau entschied oder ob er ein anderes Ziel (das Loskommen von der Frau) verfolgte, sich jedoch bewußt damit abfand, sie zu töten. Dabei kann in beiden Fällen das äußere Tatgeschehen den gleichen Verlauf nehmen. Dem Angeklagten war ein unbedingter Tötungsvorsatz nicht zu Beweisen. Er hat aber mit bedingtem Vorsatz getötet, denn er war sich auch in der Erregung über die Lebensgefährlichkeit des Würgens klar, drückte trotzdem den Hals seiner Frau so lange zu, bis sie tot war. Dabei wird deutlich, daß objektiver Charakter und Schwere des Tathergangs nicht unbedingt mit dem angestrebten Ziel übereinstimmen müssen. Das zeigte sich auch bei der Entscheidung des Obersten Gerichts vom 13. Mai 1970 5 Ust 20/70 (OGSt Bd. 11 S. 237; NJ 1970 S. 555): Hier schlug der Angeklagte mit einem 1370 g schweren Hammer auf den'Kopf einer Frau, um sie zum Geschlechtsverkehr zu zwingen. Das Bezirksgericht war davon ausgegangen, daß das Tatwerkzeug der Hammer geeignet war, den Tod eines Menschen durch Schläge auf den Kopf herbeizuführen, daß es aber ausgeschlossen sei, bewußt nur bestimmte „dosierbare“ Verletzungen damit zu verursachen. Danach wäre allein aus der objektiven Beschaffenheit des Tatwerkzeugs und des menschlichen Kopfes zu folgern, daß der Täter sich zumindest bewußt mit dem Tod der so angegriffenen Person abgefunden habe. Das Oberste Gericht ist dieser generalisierenden Auffassung nicht gefolgt. Es weist darauf hin, daß selbst scheinbar eindeutigen Handlungsphasen sehr unterschiedliche subjektive Vorgänge zugrunde liegen können, und führt weiter aus:. „Es ist für den Nachweis der konkreten Art und Form strafrechtlicher Schuld erforderlich, alle dafür entscheidenden Umstände des Tatverhaltens des Angeklagten, wie die Art des Tatwerkzeugs, seine konkrete Anwendung, aber auch die subjektive Seite der Tathandlung, exakt zu analysieren. Aus der objektiven Beschaffenheit des Tat Werkzeugs allein ist in der Regel ein sicherer Schluß auf die Art der Tatentscheidung des Angeklagten nicht möglich. Es muß vor allem geprüft werden, unter welchen Bedingungen und mit welcher Intensität der Angeklagte das Tatwerkzeug zur Tatdurchführung benutzte. Der Hammer war als Tatwerkzeug geeignet, die Frau tödlich zu verletzen. Das war dem Angeklagten auch bewußt. Seine Vorstellung bestand aber darin, die Frau nur bewußtlos zu schlagen, nicht aber zu töten Objektive Umstände, wie die Verletzungen der Frau, beweisen eindeutig, daß Art und Ausmaß der Verletzungen davon abhängen, wie der Angeklagte das Tatwerkzeug gebrauchte. Tatsächlich waren die Verletzungen der Frau nicht lebensgefährlich.“ Gemeinsam ist den genannten und vergleichbaren Sachverhalten, daß Entscheidungen getroffen und Handlungen gewählt wurden, die den Tod von Menschen bewirkten oder bewirken konnten. Einstellungen und Motive waren sehr verschieden; generell ist davon auszugehen, daß die Handlungen jeweils das Ergebnis des Wirkens unterschiedlicher Antriebe und spezifischer situativer Konstellationen waren. Stets war die Erkenntnis vorhanden, daß auf Grund der konkreten Verhaltensweise negative Folgen eintreten können. Bei derartigen Zusammenhängen zeigt sich das Bedürfnis, detaillierte Anwendungskriterien für die generalisierende Bestimmung des § 6 Abs. 2 StGB zu schaffen, nach der vorsätzlich auch handelt, wer zwar die Verwirklichung der im gesetzlichen Tatbestand bezeich-neten Tat nicht anstrebt, sich jedoch bei seiner Entscheidung zum Handeln bewußt damit abfindet, daß er diese Tat verwirklichen könnte. Obwohl bei bedingtem Vorsatz und bei Fahrlässigkeit in Form der bewußten Leichtfertigkeit die Kenntnislage über mögliche Folgen übereinstimmt und bei beiden Formen ein anderes Ziel angestrebt wird als jenes, für das sich der Täter verantworten muß, ist immer davon auszugehen, daß bei § 6 Abs. 2 StGB eine Entscheidung zu der im gesetzlichen Tatbestand bezeich-neten Tat vorliegt. Das ist aber bei § 7 StGB nicht der Fall, denn der Fahrlässigkeitstäter will nicht, daß die 199;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

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