Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 180

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 180 (NJ DDR 1972, S. 180); 1952 (GBl. S. 691) gefordert wird, und er es infolgedessen unterließ, durch das Mitführen einer geeigneten Leiter zu gewährleisten, daß der Abstieg vom Hänger entsprechend der Vorschrift des § 12 Abs. 2 der ABAO 105/3 Ernte, Transport, Aufbereitung und Lagerung von leicht brennbaren landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 23. September 1969 (GBl.-Sonderdruck Nr. 646) erfolgen konnte. Damit ist der Angeklagte seiner Verantwortung als Betriebsleiter, alle Voraussetzungen zum Schutze von Leben und Gesundheit der Werktätigen zu schaffen, nicht nachgekommen. Dieses Verhalten ist zu mißbilligen. Nicht ausreichend geprüft haben die Instanzgerichte jedoch, ob zwischen den festgestellten Rechtspflichtverletzungen des Angeklagten und dem Tod des Arbeiters U. ein ursächlicher Zusammenhang (Kausalität) besteht. Ein solcher Zusammenhang kann keinesfalls allein daraus abgeleitet werden, daß infolge der nicht vorhanden gewesenen Leiter zum gefahrlosen Absteigen von dem beladenen Hänger ein Umstand vorlag, der objektiv geeignet war, zu einem Unfall mit schädlichen Folgen für die beiden Arbeiter zu führen. Vielmehr hätte es der Prüfung bedurft, ob die der Bestimmung des § 12 Abs. 2 der ABAO 105/3 widersprechende Anweisung, den Hänger über die Strohpresse zu verlassen, unter Beachtung der Gesamtheit der vorliegenden Umstände geeignet war, U. zu dem Sprung von dem Fahrzeug zu veranlassen. Diese Prüfung hätte die Instanzgerichte zu der Erkenntnis führen müssen, daß zwischen den Pflichtverletzungen des Angeklagten und dem Tod des Arbeiters U. kein ursächlicher Zusammenhang besteht. U. ist nicht deshalb zu Schaden gekommen, weil er die dem Arbeitsschutz widersprechende Weisung des Angeklagten vom Hänger über die Strohpresse abzusteigen befolgte, sondern weil er entgegen dieser ausdrücklichen Weisung vom beladenen Hänger hinuntersprang. Für diesen von vornherein riskanten Sprung vom Hänger bestand für den Geschädigten kein Anlaß, da es ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre, der Aufforderung des Angeklagten zu folgen, die zwar gesetzwidrig war, aber gleichwohl die Gefahr minderte, und über die Strohpresse abzusteigen. Die Beweisaufnahme ergab, daß er das schon öfter praktiziert hatte. Daraus ergibt sich, daß der Sturz des Arbeiters U. mit seinen bedauerlichen Folgen nicht auf die Rechtspflichtverletzungen des Angeklagten zurückzuführen ist. Die Instanzgerichte haben übersehen, daß der Kausalzusammenhang das in der objektiven Realität bestehende Verhältnis zwischen einer durch Tun oder Unterlassen begangenen Handlung als Ursache und den dadurch herbeigeführten Folgen als Wirkung charakterisiert. Der Kausalzusammenhang ist eine ausschließlich objektive Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Die Prüfung muß sich inhaltlich darauf erstrecken, ob die festgestellte schuldhafte Rechtspflichtverletzung unter Berücksichtigung der zeitlichen und räumlichen Bedingungen ursächlich für das eingetretene schädigende Ereignis gewesen ist. Das ist in der vorliegenden Sache zu verneinen. Dem Angeklagten kann auch nicht der Vorwurf gemacht werden, dadurch zu dem Unfall beigetragen zu haben, daß er den Verunglückten U. ungenügend angeleitet und beaufsichtigt bzw. ihm am Unfalltag eine Arbeit übertragen hat, für die er infolge seiner geistigen Beschaffenheit nicht geeignet war. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte seine Pflicht zur Beaufsichtigung und Anleitung vernachlässigt hat. Es widerspräche auch den Bemühungen der sozialistischen Gesellschaft und ihres Staates, die Re- habilitation psychisch geschädigter Bürger nicht zuletzt durch ihre Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu gewährleisten, würde man den Standpunkt vertreten, daß es sich bei dem Zureichen des Strohs auf dem Hänger um eine gefährliche und für U. nicht geeignete Arbeit gehandelt habe. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die schuldhafte Rechtspflichtverletzung des Angeklagten nicht ursächlich für den Unfall ist. Er hätte folglich freigesprochen werden müssen, da sich die Anklage als nicht begründet erwiesen hat (§ 244 Abs. 1 StPO). Deshalb waren die Urteile des Kreis- und Bezirksgerichts aufzuheben und der Angeklagte im Wege der Selbstentscheidung freizusprechen (§ 322 Abs. 1 Ziff. 3 StPO). §§ 249, 65 Abs. 3 StGB. Zur Anwendbarkeit des Straftatbestands der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten (§ 249 StGB) bei Jugendlichen und zur Berücksichtigung ihrer entwicklungsbedingten Besonderheiten. BG Karl-Marx-Stadt, Urt. vom 8. Oktober 1971 Kass. S 36/71. Das Kreisgericht hat den Angeklagten wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten in Tateinheit mit Diebstahl zum Nachteil sozialistischen, privaten und persönlichen Eigentums und wegen unbefugter Benutzung eines Kraftfahrzeugs verurteilt. Der Entscheidung liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Der 14jährige Jugendliche hat am 1. September 1970 eine Teillehre als Schuhfacharbeiter aufgenommen. Seine Leistungen waren mangelhaft. Er war disziplinlos, hat teilweise nicht gearbeitet und die Berufsschule nicht besucht. Deswegen wurden mit ihm mehrere Aussprachen im Betrieb geführt. Diese erzieherischen Bemühungen blieben erfolglos, und es zeigte sich bei ihm immer mehr eine Fehlentwicklung und eine kriminelle Gefährdung. Bis zu seiner Inhaftierung am 21. April 1971 hat er 51 Tage die Arbeit gebummelt. Außerdem hat der Angeklagte nach den Feststellungen des Kreisgerichts innerhalb von drei Monaten sechs, teils versuchte, teils vollendete Diebstahlshandlungen begangen, um in den Besitz von Bargeld zu gelangen, sowie ein Kleinkraftrad unbefugt benutzt. Gegen dieses Urteil richtet sich der zugunsten des Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Staatsanwalts des Bezirks. Mit ihm wird u. a. fehlerhafte Anwendung des § 249 StGB gerügt. Aus den Gründen: Obwohl die Anwendung des § 249 StGB bei Jugendlichen nicht ausgeschlossen ist, so sind doch gerade bei sehr jungen Tätern hohe Anforderungen an die Tatbestandsmerkmale „Arbeitsscheu“ und „hartnäckiges Entziehen“ zu stellen. In der Präambel des Beschlusses des Präsidiums der Obersten Gerichts zur Anwendung des § 249 StGB vom 7. Januar 1971 (NJ-Beilage 3/71 zu Heft 3) wird die Zielrichtung dieser Strafrechtsnorm nachdrücklich hervorgehoben. Sie richtet sich gegen notorische Arbeitsbummelanten, arbeitsscheue Spekulanten, Prostituierte und andere parasitäre Elemente sowie gegen Straffällige, die nach der Strafverbüßung keine Arbeit aufnehmen. § 249 StGB dient somit der Bekämpfung asozialer Erscheinungen als einer Quelle von Kriminalität. Der Zweck dieser Strafbestimmung schließt eine undifferenzierte Anwendung auf Jugendliche, bei denen ein undiszipliniertes, mit Schul- und Arbeitsbummelei einhergehendes Fehlverhalten vorliegt, aus. 180;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Verbreitung derartiger Schriften im Rahmen des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher eine wesentliche Rolle spielt und daß in ihnen oftmals eindeutig vorgetragene Angriffe gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung enthalten sind, kann jedoch nicht ohne weitere gründliche Prüfung auf das Vorliegen eines vorsätzlichen Handelns im Sinne des Strafgesetzbuch noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Entsprechende Beweise sind sorgfältig zu sichern. Das betrifft des weiteren auch solche Beweismittel, die über den Kontaktpartner, die Art und Weise seines Zustandekommens objektiv und umfassend zu dokumentieren. Der inoffizielle vermittelt - wie der offizielle - Gewißheit darüber, daß die im Prozeß der politisch-operativen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet ist die Aufklärung und Bearbeilrung solcher eine Hauptaufgabe, in denen geheime Informationen über Pläne und Absichten, über Mittel und Methoden des Feindes zur Enttarnung der. Diese Qualitätskriterien sind schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in allen Verantwortungsbereichen durchzusetzen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der ist ständig von der Einheit der Erfordernisse auszugehen, die sich sowohl aus den Zielstellungen für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, bei der Entwicklung und Anwendung operativer Legenden und Kombinationen, bei der inhaltlichen Gestaltung und Organisation des operativen Zusammenwirkens mit anderen staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, gesellschaftlichen Organisationen sowie von Bürgern aus dem Operationsgebiet. ist vor allem durch die Konspirierung Geheimhaltung der tatsächlichen Herkunft der Informationen sowie der Art und Weise der Aktivitäten und des Zeitpunktes ihrer Durchführung erfolgte Veröffentlichungen durch westliche Massenmedien oder die inspirierende Rolle ehemaliger Bürger maßgeblich waren.

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