Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 16

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 16 (NJ DDR 1972, S. 16); kutierenden darüber geben, mit welchen Methoden juristische Entscheidungen zu gewinnen und zu begründen sind, d. h., wie man wissenschaftlich vertretbar argumentiert. Auch wenn sich so manche Redner aus diesen oder jenen Gründen bemühten, eine angeblich überall verwendbare Technik des Argumentierens vorzuführen, sein Gepräge erhielt der Kongreß durch kontroverse, nicht durch konvergierende Meinungen. Daher will ich auch nicht erst versuchen, den hauptsächlichen Inhalt der einzelnen Referate nacheinander wiederzugeben bei der Länge der Debatten ohnehin ein hoffnungsloses Unterfangen , sondern mich auf die Darlegung der wichtigsten Streitpunkte mit weltanschaulicher Relevanz beschränken, die zwischen der bürgerlichen und der marxistischen Argumentationstheorie auftraten. Weitergehende Interessenten seien auf die Veröffentlichung der Kongreßmaterialien verwiesen./ Zum Gegenstandsbereich der Argumentation Zunächst gab es von vornherein unterschiedliche Auffassungen vom Gegenstandsbereich der juristischen Argumentation. Zum Teil als selbstverständlich vorausgesetzt, zum Teil ausdrücklich so bezeichnet, wurde die juristische Argumentation als eine Argumentation innerhalb eines positiven Rechtssystems definiert, die die Anwendung der Rechtsnormen dieses Systems auf einzelne Fälle rechtfertigt./3/ Diese Beschränkung der praktischen und wissenschaftlichen Tätigkeit des Juristen auf die Ableitung von speziellen Entscheidungen aus den generellen des Gesetzes ist für den Marxismus unannehmbar. Eine wissenschaftliche, auf die rationale Erfassung und Veränderung der Gesellschaft gerichtete Rechtstheorie kann sich nicht auf die Ausarbeitung von Methoden beschränken, mit deren Hilfe man aus vorgegebenen Rechtsnormen begründete Einzelentscheidungen gewinnt. Das würde in der bürgerlichen Gesellschaft die Unterordnung der Arbeiterklasse unter das Klassenrecht der Bourgeoisie rechtfertigen. Folglich darf das Recht der bürgerlichen Gesellschaft nicht außerhalb der juristischen Argumentation von Marxisten liegen, es unterliegt vielmehr ihrer Kritik wie die Gesellschaft, die es hervorgebracht hat und der es dient. Jedes juristische Argumentationsinstrumentarium, das nicht die in der Eigentumsstruktur der Gesellschaft liegenden Wurzeln des Rechts aufzudecken in der Lage ist, leistet Verzicht auf die Entschleierung der Welt, was wiederum selbst ideologischer Ausdruck reaktionärer Klassendnteressen ist. Eine wissenschaftliche Rechtstheorie kann daher nicht darauf verzichten, Methoden für die Ausarbeitung von (generellen und speziellen) juristischen Entscheidungen zu entwickeln, die den gesellschaftlichen Entwicklungsgesetzmäßigkeiten entsprechen, sowie Kriterien aufzustellen, mit deren Hilfe Rechtsnormen und Gerichtsurteile auf ihre Gesetzlichkeit und Fortschrittlichkeit hin überprüft werden können./4/ Was die sogenannte Topik will Bei aller Unterschiedlichkeit im einzelnen zeigte sich, daß die Mehrheit der Anwesenden stark von der „topischen“ Richtung der Rechtsphilosophie beeinflußt war. Mit ihren Argumenten wie sie am geschlossensten in den Hauptreferaten von Perelman (Belgien) und Vieh- 72/ Die acht Hauptreferate werden im Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Beiheft 1972, veröff entlieht; die anderen Referate liegen allerdings verkürzt vor in: Le Raisonne-ment Juridique, Actes du Congres mondial de Philosophie du droit, Bruxelles 1971. ■3' So Ryffel, in: Actes du Congres, p. 571; ähnlich Lampe, ebenda, p. 71. /4f Dazu Klenner, in: Actes du Congres, p. 501 ff. weg (BRD) zum Ausdruck kamen hatte sich daher die marxistisch-leninistische Rechtstheorie vor allem auseinanderzusetzen. Die Topik ist eine nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Mode gekommene Methodenlehre speziell des juristischen Denkens. Unter Rückgriff auf ein von der Antike überliefertes Gedankengut wird eine „Technik der Problemerörterung“ entwickelt, mit der es folgende Bewandtnis hat: Aristoteles hatte im Rahmen seiner der Erkenntnistheorie und Logik gewidmeten Schriften auch ein Verfahren ausgearbeitet, wie man aus zwar unbewiesenen, aber den meisten als wahr erscheinenden Aussagen Schlußfolgerungen ziehen könne, ohne in Widersprüche zu gerateri./5/ Für Problemerörterungen solchen Stils hatte Aristoteles neben einem ganzen Katalog verwendbarer Argumente auch typisierte Argumentationsquellen (sogenannte topoi) erschlossen, deren geschickter Einsatz dem Teilnehmer eines Streitgesprächs den Sieg versprach. Dabei scheute der bedeutendste Philosoph vor Hegel und Leibniz auch nicht davor zurück, die für eine Verschleierungstaktik geeigneten Disputationsmittel zu erörtern, was ihm immer wieder den Vorwurf eintrug, er liefere eine Anleitung zur Rabulisterei./6/ Bekannt ist das vernichtende Urteil Kants, der der Topik bescheinigte, daß man sich ihrer bediene, um mit einem Schein von Gründlichkeit „wortreich zu schwatzen“ I'll. Diese wie immer bewertete Topik ist von Cicero auf Anforderung für den Bedarf des Juristen gebrauchsfertig gemacht worden, vor allem um die Beweisführung vor Gericht zu rationalisieren./8/ An diese bis zum Beginn der Neuzeit geläufigen Quellen knüpfen nun die modernen Nachkriegstopiker an. Folgende Kerngedanken/9/ werden dabei von ihnen entwickelt: 1. Die Rechtswissenschaft könne nicht von einem axio-matisch begründbarem System von Erkenntnissen und Normen ausgahen; ihre Struktur, ihre Begriffe und Behauptungen (z. B. bei der Auslegung des Rechts) könnten vielmehr immer nur an das jeweilige Problem gebunden sein, das es zu lösen gelte. Daher bedürfe es der Ausarbeitung einer für das juristische Problemdenken (im Gegensatz zum Systemdenken) geeigneten Technik. Diese sei die Topik. 2. Da die Rechtswissenschaft nicht auf als wahr erweisbaren Aussagen beruhe, von denen man mit Hilfe einer demonstrativ vorgehenden Logik zu unbestreitbaren Schlußfolgerungen gelangen könne, brauche man eine wenigstens argumentativ vorgehende Logik, um Urteile und Meinungen zu rechtfertigen und zu kritisieren. 3. Die von der Topik angebotene Technik eines in diesem Sinn rational begründenden Denkens im juristischen Entscheidungsbereich liefere ein griffbereites Repertoire von Gesichtspunkten, mit deren Hilfe die anstehenden Probleme gefunden, erörtert und schließlich gelöst werden können. 4. Diese juristische Argumentationstechnik sei überall einsetzbar, weil ihre Verfahren und Methoden auf die Zustimmung aller Vernünftigen ziele; sie biete sich an für jedes demokratische Regime. ßI Aristoteles, Topik, Leipzig 1922, S. 1 ff., bes. S. 173 ff. /6/ Gomperz, Griechische Denker, Leipzig 1909, Bd. 3, S. 39. ,7/ Kant, Kritik der reinen Vernunft, Leipzig 1944, S. 361; ähnlich Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Leipzig 1971, Bd. 2, S. 263. /8/ Cicero, Topik, in: Werke, Stuttgart 1838, Bd. 25, S. 3268 ff., dazu: Stroux, Römische Rechtswissenschaft und Rhetorik, Potsdam 1949, S. 41 ff. 19/ Vgl. Viehweg, Topik und Jurisprudenz (1952), München 1963, S. 15, 53; Perelman, Olbrechts-Tyteca, The New Rhetoric (1958), London 1969, p. 63, 185; Ekelöf, in: Actes du Congres, p. 43 ff. 16;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Zusammenarbeit mit den Werktätigen zum Schutz des entwickelten gesell- schaftlichen Systems des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik ist getragen von dem Vertrauen der Werktätigen in die Richtigkeit der Politik von Partei und Staat zu suggerieren. Die Verfasser schlußfolgern daraus: Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ergebenden Prozesse in ihrem Ablauf weitgehend störungsfrei und gesellschaftsgemäß zu gestalten und die Versuche feindlich-negativer Kräfte diese Prozesse zu beeinflussen und als Ansatzpunkte für die Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungensowoh bei großen Teilen der Bevölkerung als aucti bei speziell von ihm anvisierten Zielgruppen oder Einzelpersonen, besonders zum Zwecke der Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit sowie der Wahrnehmung und Aufr erhalt ung entsprechender feindlicher Verbindungen dienen. Eine breite Palette von Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweisgegenständen und Aufzeichnungen besteht in der Hutzung der Potenzen weiterer staatlicher Organe, Einrichtungen und Betriebe sowie von gesellschaftlichen Organisationen. Zur Erlangung derartiger Beweismittel von diesen Institutionen Liebewirth Grimmer, Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung verwaltungsrechtlicher und anderer Rechtsvorschriften zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß dar Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Konspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Aufgaben und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Die politisch-operative Sicherung entwicklungsbestimmender Vorhaben und Prozesse der soziaxistischen ökonomischen Integration, Vertrauliche Verschlußsache Grundfragen der weiteren Qualifizierung und Effektivierung der Untersuchungsarbeit. Sie enthält zugleich zahlreiche, jede Schablone vermeidende Hinweise, Schlußfolgerungen und Vorschläge für die praktische Durchführung der Untersuchungsarbeit.

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