Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 15

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 15 (NJ DDR 1972, S. 15); den Bestreben, eine früher festgestellte Enge bei der Anwendung des beschleunigten Verfahrens zu überwinden, entfernt sich Queißer dann jedoch in einer wichtigen Frage von dem richtig dargelegten Ausgangspunkt. Er dehnt m. E. den Begriff „einfacher Sachverhalt“ unzulässig aus, indem er dieses Merkmal immer dann als gegeben ansieht, „wenn durch das Handeln des Beschuldigten nicht zu viele Tatbestände verletzt wurden“. Selbstverständlich kann diese Tatsache u. U. ein Indiz dafür sein, daß ein einfacher Sachverhalt gegeben ist. Keineswegs ist jedoch diese vorwiegend äußerliche Betrachtung dafür ausschlaggebend, ob ein „einfacher Sachverhalt“ i. S. des § 257 StPO vorliegt. Dieses Merkmal ist auch dann nicht immer gegeben, wenn man wie das Queißer tut eine allseitige Aufklärung voraussetzt. Für die Anwendung des beschleunigten Verfahrens ist weder der zahlenmäßige Anteil an den insgesamt durchgeführten Strafverfahren noch der Gesichtspunkt einer generellen „Vereinfachung des Verfahrens“ maßgeblich. So ist z. B. die Orientierung, daß ein Drittel aller Verfahren im beschleunigten Verfahren verhandelt werden können und sollen, falsch und läßt die hier dargelegten qualitativen Anforderungen an das beschleunigte Verfahren außer acht. Entscheidend ist allein die den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechende, differenzierte Anwendung dieser Verfahrensart in den hierfür geeigneten Strafverfahren. Untersuchungen haben weiter ergeben, daß eine Reihe von Unzulänglichkeiten, die im Zusammenhang mit der Durchführung des beschleunigten Verfahrens auf treten, mitunter noch die Wirksamkeit dieser Verfahrensart beeinträchtigen. Der Zeitraum, der zwischen dem Eingang des Antrags des Staatsanwalts und der Durchführung der Hauptverhandlung liegt, ist bei einigen Gerichten so lang, daß das eindeutig der Forderung des Gesetzes auf sofortige Verhandlung bzw. Anberaumung der Sache mit kürzester Frist widerspricht. Eine weitere die Verfahrenswirksamkeit herabsetzende Verzögerung tritt in einzelnen Fällen dadurch ein, daß der Sekretär des Kreisgerichts nicht immer unverzüglich nach Rechtskraft des im beschleunigten Verfahren ergangenen Urteils die notwendigen Abschlußverfügungen vornimmt und so nur ungenügend für seine sofortige Durchsetzung Sorge trägt. Mitunter bleiben im beschleunigten Verfahren auch noch Möglichkeiten ungenutzt, die der Beschleunigung dienen würden. So wurden z. B. in einigen Verfahren vom Gesetz nicht geforderte Anklageschriften gefertigt, und auch die Gerichte erlassen manchmal Beschlüsse, die etwa den gleichen Inhalt wie Eröffnungsbeschlüsse aufweisen, was im Gesetz aber nicht vorgesehen ist. Stets sollte auch beachtet werden, daß das beschleunigte Verfahren nur e i n Mittel ist, um das jeweilige Verfahren wirksamer durchzuführen. Es muß in der Regel noch durch andere Maßnahmen (z. B. Verhandlung vor erweitertem oder differenziertem Zuhörerkreis, zweckmäßige Auswertung des Verfahrens usw.) ergänzt werden, um die volle Wirksamkeit eines beschleunigten Verfahrens zu gewährleisten. Vor allem dürfen aber keine verminderten Anforderungen an die Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts zugelassen werden, weil das die wichtigste Grundlage für eine gerechte Entscheidung und ihre gesellschaftliche Wirksamkeit ist. Berichte Prof. Dr. habil. HERMANN KLENNER, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin Juristische Argumentation in Brüssel Ein Kongreßbericht Vom 29. August bis zum 3. September 1971 veranstaltete die etwa 1 600 Mitglieder zählende Internationale Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie (IVR) einen Weltkongreß zum Thema: Die juristische Argumentation. Gastgeber waren das Centre beige de recherches de logique und das Centre de Philosophie du droit in Bruxelles. In Fortsetzung ihrer seit Jahren vertretenen Linie, den Realitäten in der Welt von heute Rechnung zu tragen/*/, hatte die IVR auch diesmal Referenten aus den sozialistischen Ländern geladen, unter ihnen die Professoren Tumanow (Moskau), Opalek (Krakow), Popoff (Sofia), Ziembinski (Poznan), Naschitz (Bukarest) und Peschka (Budapest). Aus der DDR referierten Prof. Dr. Stiller (Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“) und Prof. Dr. Klenner (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin), der wie auch D. A. Kerimow (Moskau) zu den Mitgliedern des Präsidiums der IVR gehört. D. Red. Die juristische Argumentation, also die Beweisführung des Juristen, ist kein Thema, das bloß den Himmel unserer Einbildungen bewegt. Viele Entscheidungen, die der Jurist im Rahmen seiner Tätigkeit zu fällen hat, bedürfen einer Begrün- /*/ Vgl. M. Benjamin/Klenner, „Recht und gesellschaftliche Realität“, Einheit 1967, Heft 12, S. 1562 f. dung /l/, und auch seine anderen Entscheidungen sollen ja nicht willkürlich getroffen werden. Das wird besonders deutlich im Rechtsmittelverfahren, in dessen Verlauf häufig die zu überprüfende Entscheidung ihrer Begründung gegenübergestellt wird; neben der Ungesetzlichkeit der Entscheidung ist auch die Unrichtigkeit ihrer Begründung selbständige Kassationsgrundlage (§311 StPO). Die Vorstellungen davon, wie man zu einer richtigen Entscheidung kommt und was als ausreichende Begründung angesehen werden muß, sind freilich sehr verschieden. Sie reichen vom „gesunden Volksempfinden“ über die formal-logische Deduktion bis hin zur wissenschaftlichen Einsicht in die Gesetzmäßigkeiten gesellschaftlicher Entwicklung. Diese (grundsätzliche) Verschiedenheit juristischer Argumentationsweisen ist nicht zufällig: denn nicht nur im Recht, sondern auch in den Mitteln und Methoden, mit denen der Jurist arbeitet, objektivieren sich wie in den Anforderungen, die an seine Entscheidungstätigkeit gestellt werden, klassenmäßig gegensätzliche Positionen. Und das unabhängig davon, ob sich die Beteiligten dessen bewußt sind oder nicht. So konnte es, um das gleich vorwegzunehmen, auf dem Kongreß auch keine Übereinstimmung zwischen den Dis- II/ Vgl. etwa §§ 124, 182, 303 StPO; §313 ZPO; §36 AGO; §38 VGVO; § 26 OWG; § 11 VP-Gesetz. 15;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 15 (NJ DDR 1972, S. 15) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 15 (NJ DDR 1972, S. 15)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges rechtzeitig erkannt und verhindert werden weitgehendst ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Reale Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der können in der akkreditierte Vertreter anderer Staaten beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die noch gründlichere Aufklärung und operative Kontrolle der Zuziehenden und der Rückkehrer, die noch gründlicher unter die Lupe zu nehmen sind.

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