Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 146

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 146 (NJ DDR 1972, S. 146); naht. Danach wurde der Arm in einen Gipsverband gelegt. Von der Patientin erfuhr die Ärztin, daß es zu der Verletzung durch einen Sturz auf einem Wiesengelände gekommen war. Über Einzelheiten des Unfallgeschehens konnte die Patientin keine Angaben machen. Bei der Versorgung der Wunde hatte die Ärztin keine Verschmutzung durch Erdreich festgestellt. Da sie die Möglichkeit einer Tetanusinfektion in Betracht zog, injizierte sie der Patientin 1 ml Tetatoxoid und 1,2 Mill. Retacillin compositum intramuskulär. Am 18. Juni 1970 wurde die Patientin dem Angeklagten während der Visite vorgestellt. Die Ärztin berichtete über die von ihr erhobenen Befunde und erwähnte auch die Unfallstelle. Der Angeklagte sah sich die Wunde an und billigte die bisherigen Maßnahmen und die ihm von der Ärztin unterbreiteten Vorschläge für die Weiterbehandlung der Verletzung. Am gleichen Tage wurde durch die Ärztin der Bruch in Narkose reponiert und der Arm der Patientin erneut in einen Gipsverband gelegt. An die Möglichkeit einer Tetanuserkrankung dachten weder die Ärztin noch der Angeklagte. Sie zogen keine andere Wundbehandlung in Erwägung. Am 28. Juni 1970 verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Patientin. Es zeigten sich die typischen Symptome einer Tetanuserkrankung. Am 29. Juni 1970 wurde der Gipsverband entfernt und nach Öffnung und Erweiterung der Wunde ein gefensterter Gipsverband angelegt. Die eingeleitete Serumbehandlung und alle weiteren Maßnahmen blieben erfolglos. Am 2. Juli 1970 verstarb die Patientin. Die durchgeführte Sektion ergab als Todesursache die Erkrankung an Tetanus. Mit der gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts eingelegten Berufung des Angeklagten wurde gerügt, daß nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht bedenkenfrei nachgewiesen worden sei. Die von den Sachverständigen im Verfahren erster Instanz vertretene Auffassung, eine nicht exakt gesäuberte Wunde sei stets offen zu behandeln, werde nicht allenthalben von Wissenschaft und Praxis geteilt. In der Fachliteratur seien andere Möglichkeiten der Behandlung offener Frakturen beschrieben worden. Die von den Sachverständigen einerseits und von vielen Chirurgen in der Praxis sowie von Verfassern von Lehr- und Fachbüchern andererseits vertretenen unterschiedlichen Auffassungen würden Zweifel an der Richtigkeit der gutachtlichen Stellungnahme aufkommen lassen. Somit sei die Erstattung eines weiteren Gutachtens erforderlich, das zu der Frage Stellung nehme, ob die von den Angeklagten praktizierte Wundversorgung eine ärztliche Pflichtverletzung darstelle. Die gegen das Urteil des Bezirksgerichts gerichtete Berufung mit der Freispruch erstrebt wurde hat der 5. Strafsenat des Obersten Gerichts durch Beschluß als offensichtlich unbegründet verworfen. Mit dem Beschluß hat der Senat dargelegt, den Ausführungen der Berufung könne nicht gefolgt werden, da sich der Senat an Hand der einschlägigen Literatur, darunter auch der von der Berufung angeführten wissenschaftlichen Werke, davon überzeugt habe, daß die von den Sachverständigen vertretene Auffassung zutreffend sei. Da es sich bei der Verletzung der Verstorbenen um eine tetanusverdächtige Wunde gehandelt habe und keine ordnungsgemäße Wundausschneidung nach Friedrich erfolgt sei, liege die Pflichtverletzung des Angeklagten darin begründet, daß er den Verschluß der tetanusverdächtigen Wunde duldete. Es stehe in Wissenschaft und Praxis unwidersprochen fest, daß tetanusverdächtige Wunden offen zu behandeln seien; dieses sei pflichtwidrig nicht geschehen, obgleich dem Angeklagten infolge der Art der Verletzung die Erfordernisse einer solchen Wundbehandlung bewußt waren. Er habe nach Erkennen des Krankheitsbildes auch sofort dafür gesorgt, daß Sauerstoff in den Wundbereich eindringen konnte. Gegen diese Entscheidung des 5. Strafsenats des Obersten Gerichts richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Der Beschluß des 5. Strafsenats verletzt das Gesetz durch unrichtige Anwendung des § 293 Abs. 1 und 3 StPO. Im sozialistischen Strafprozeß dient das Rechtsmittelverfahren der Sicherung und Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Rechte der Bürger. Diesem Ziel entsprechend erfolgt die Überprüfung eines angefochtenen Urteils grundsätzlich in einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung (§293 Abs. 1 StPO). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz stellt die im Abs. 3 des § 293 StPO enthaltene Regelung dar. Sie dient der konzentrierten Durchführung des Rechtsmittelverfahrens und sichert das Recht des Staates und seiner Bürger auf beschleunigte und endgültige Entscheidung über sachlich nicht begründete Berufungen. Auch bei der Anwendung dieser Bestimmung hat das Rechtsmittelgericht seine Verantwortung zur Gewährleistung allseitiger und unvoreingenommener Feststellung der Wahrheit, der Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit, der differenzierten Mitwirkung der gesellschaftlichen Kräfte und das Recht des Angeklagten auf Verteidigung zu gewährleisten. Davon ausgehend ergibt sich für das Rechtsmittelgericht die Verpflichtung, die angefochtene Entscheidung unter den Gesichtspunkten des § 291 Ziff. 1 bis 4 StPO sowie unter Berücksichtigung der mit der Berufung vorgebrachten Einwände zu überprüfen. Nur wenn sich nach einer diesen Forderungen entsprechenden Überprüfung das angefochtene Urteil als zutreffend und das Berufungsvorbringen als eindeutig unbegründet erweisen, kann die Berufung ohne Durchführung einer Hauptverhandlung durch Beschluß verworfen werden, wenn sie nach einstimmiger Auffassung des Rechtsmittelgerichts offensichtlich unbegründet ist. Im vorliegenden Fall wurde mit der Berufung die Richtigkeit des Gutachtens und der Aussagen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung in Zweifel gezogen. In der Berufungsschrift wurde auf Veröffentlichungen verwiesen, die mit der von den Sachverständigen vertretenen Auffassung nicht im Einklang stehen, weil sie andere als die von den Sachverständigen in der Hauptverhandlung dargelegten Behandlungsmethoden offener Frakturen beschreiben. In diesem Zusammenhang ist auch auf unterschiedliche Auffassungen, eine vollkommene Wundausschneidung betreffend, hingewiesen worden. Wie bereits im Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 30. September 1970 I P1B 2/70 (NJ-Beilage 5/70 zu Heft 21) festgestellt wird, ist die gerichtliche Prüfung von Sachverständigengutachten eine wichtige Aufgabe, um den hohen Anforderungen an die Beweisführung gerecht zu werden (vgl. Ziff. 5.3.3. des Beschlusses). Den Sachverständigen obliegt es, das Gericht bei der Feststellung der Wahrheit durch ihre Spezialkenntnisss und -fähigkeiten zu unterstützen. Aufgabe des Gerichts ist es zu prüfen, ob der Sachverständige seinem Gutachten die Tatsachen zugrunde gelegt hat, die für das Vorliegen und die strafrechtliche Beurteilung eines bestimmten Verhaltens des Angeklagten wesentlich sind, inwieweit der Sachverständige eigene Untersuchungen, Experimente und Prüfungen vornahm, in welcher Weise er die Ergebnisse analysiert und ob er vom Standpunkt seines Spezialgebietes die festgestellten Fakten in bezug auf die Fragestellung des Gerichts beurteilte. Auf diese Weise ist es dem Gericht möglich, den Beweiswert gutachtlicher Darlegungen festzustellen, sich 140;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit aus dem Oahre durch dienstliche Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, wie zum Beispiel die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung - vom Streit. Der Minister für. Der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der üben, der Bezirksstaatsanwalt und der von ihm bestätigte zuständige aufsichtsführende Staatsanwalt aus. Der aufsichtsführende Staatsanwalt hat das Recht, in Begleitung des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Einrichtungen der Untersuciiungshaftanstalt durch Verhaftete und von außen ist in vielfältiger Form möglich. Deshalb ist grundsätzlich jede zu treffende Entscheidung beziehungsweise durchzuführende Maßnahme vom Standpunkt der Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaft-Vollzuges zwischen Verhafteten verschiedener Verwahrräume keine Kontakte hergestellt werden dürfen, gilt gleichermaßen für die Trennung der Verhafteten von Strafgefangenen, Es kann deshalb auch in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermitt-lungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. ca., die im Zusammenhang mit der Durchführung von VerdächtigenbefTagungen und Zuführungen zu diesem Zwecke sollten nach Auffassung der Autoren mit der Neufassung der nicht beseitigt, aber erweitert werden.

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