Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 112

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 112 (NJ DDR 1972, S. 112); anhand des örtlichen Kriminalitätsvorbeugungsprogramms konkretisiert werden kann. In regelmäßigen Betriebsbegehungen werden die vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen beurteilt und ggf. verbessert. In einer Beratung vor der Schiedskommission gelang es dem Justitiar, die Verbindung zu den gesellschaftlichen Kräften des Wohnbereichs zu festigen, um mit ihnen gemeinsam zur Erziehung einer Gruppe von jugendlichen Rechtsverletzern beizutragen. In den regelmäßigen Belehrungen über den Arbeitsschutz geben die Justitiare auch Aufklärung über den Alkoholmißbrauch und andere Straftaten begünstigende Bedingungen. In den Lehrgängen zur Wiederho- lung des Befähigungsnachweises im Gesundheits- und Arbeitsschutz und in einer Schulung über sozialistische Leitungstätigkeit wurde bewirkt, daß die Kriminalitätsvorbeugung Gegenstand auch der Rechenschaftslegung der BGL zu den Gewerkschaftswahlen und der Verpflichtungen im Kampf um den Titel „Brigade der sozialistischen Arbeit“ wird. In einem Betrieb des Straßenwesens hat ein Arbeitskollektiv die Bürgschaft über einen vorzeitig aus dem Strafvollzug auf Bewährung entlassenen Werktätigen übernommen. Dieser Bürger wurde gleichberechtigt in den Produktionsprozeß eingegliedert und erhielt vom Kollektiv Hilfe und Anleitung. Durch diese Err ziehungsarbeit im Kollektiv wurde sein Verantwortungsbewußtsein erhöht, und er konnte den von ihm verursachten Schaden schneller wiedergutmachen. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, daß die Justitiare in den Betrieben einen wesentlichen Beitrag zur Vorbeugung und Bekämpfung der Kriminalität und anderer Rechtsverletzungen leisten können. Erfolgreich ist ihr Bemühen aber nur dann, wenn gleichzeitig die ideologische Arbeit verbessert, um eine sozialistische Einstellung zur Arbeit und zum gesellschaftlichen Eigentum gerungen und ein reges geistig-kulturelles Leben entwickelt wird. HEINZ DREIER, Justitiar des Straßen- und Tiefbauamtes Berlin Rechtsprechung Strafrecht §§ 15, 288, 293 StPO. Wird ein Verteidiger für den Angeklagten erst im Rechtsmittelverfahren tätig und beantragt er gleichzeitig mit Einreichung der Berufungsschrift Sprecherlaubnis, um nach Rücksprache mit dem Angeklagten die Berufungsbegründung ergänzen zu können, so ist ihm Sprecherlaubnis zu erteilen und eine angemessene Frist zu setzen. Vor Ablauf dieser Frist ist eine Verwerfung der Berufung als offensichtlich unbegründet unzulässig. OG. Urt. vom 29/ Oktober 1971 la Zst 6/71. Das Kreisgericht hat die Angeklagten Bernd und Günter N. wegen mehrfach begangenen Rowdytums (§ 215 Abs. 1 i. V. mit §§ 65 und 66 StGB) und den Angeklagten S. wegen mehrfachen vollendeten bzw. versuchten Rowdytums (§ 215 Abs. 1, 2 und 3 i. V. mit §§ 65 und 66 StGB) zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Angeklagten waren ohne Verteidiger. Die in Vollmacht der Eltern der jugendlichen Angeklagten Günter und Bernd N. und im Aufträge des Angeklagten S. von Rechtsanwalt G. eingelegten Berufungen gegen das kreisgerichtliche Urteil hat das Bezirksgericht, ohne die gleichzeitig angekündigte weitere Begründung des Rechtsmittels abzuwarten, durch Beschluß als offensichtlich unbegründet verworfen. Der Präsident des Obersten Gerichts hat zugunsten der Verurteilten die Kassation des Beschlusses des Bezirksgerichts beantragt. Es wird Verletzung des Rechts der Angeklagten auf Verteidigung und der darin liegenden aktiven Mitwirkung am Verfahren (§15 Abs. 1 und 2 StPO) sowie Verletzung des § 293 Abs. 3 StPO gerügt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: In seiner Entscheidung vom 7. Mai 1970 la Zst 1/70 (NJ 1970 S. 366) hat das Oberste Gericht grundsätzlich zu der Frage Stellung genommen, wie zu verfahren ist, wenn Berufung eingelegt wurde und deren weitere Begründung angekündigt worden ist. Hierbei ist ausgesprochen worden, daß in diesen Fällen eine angemessene Frist einzuräumen ist, bevor das Rechtsmittel durch Beschluß als offensichtlich unbegründet verworfen wird. Das entspricht den aus § 15 Abs. 1 StPO abzuleitenden, in der StPO im einzelnen geregelten Rechten eines Beschuldigten oder Angeklagten, am Strafverfahren aktiv mitzuwirken, sich selbst zu verteidigen oder in jeder Lage des Verfahrens die Hilfe eines Verteidigers in Anspruch zu nehmen. Das hat das Bezirksgericht nicht beachtet. In dem vorliegenden Verfahren hat der mit der Verteidigung der Angeklagten beauftragte Rechtsanwalt durch Schreiben an das Kreis- bzw. Bezirksgericht ausdrücklich darauf verwiesen, daß er über die Berufungsbegründung hinaus weitere Einwände gegen die ergangene Entscheidung vorzubringen hat. Ihm war eine umfassendere Begründung des Rechtsmittels in der Auseinandersetzung mit den tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Kreisgerichts wie auch mit den Strafzumessungsgründen am 24. Juni 1971, dem Zeitpunkt der Berufungseinlegung, erschwert, da das Urteil erst am 28. Juni 1971, und somit am Tage des Ablaufs der Rechtsmittelfrist, an die Prozeßbeteiligten abgesandt worden ist. Dem Gesuch des Verteidigers, ihm gemäß § 64 Abs. 3 StPO eine Sprechgenehmigung für die in Haft befindlichen Angeklagten Günter und Bernd N. zu erteilen, wurde durch das Bezirksgericht nicht entsprochen. Das wiegt um so schwerer, als er die jugendlichen Angeklagten vor dem Kreisgericht nicht verteidigt hat. Er hatte somit keine Möglichkeit, die Angeklagten aufzusuchen, mit ihnen zu sprechen, die seitens der Angeklagten bestehenden Einwände gegen das kreisgerichtliche Urteil mit ihnen zu erörtern und bedeutsame Tatsachen, rechtliche Gesichtspunkte oder auch neue Beweisanträge vorzutragen. Den Angeklagten N. wurde damit jede Gelegenheit genommen, über die Hauptverhandlung erster Instanz hinaus ihre Verteidigung voll wahrzunehmen. Mit der Verwerfung der Berufung des Angeklagten S., der sich nicht in Untersuchungshaft befand, hat das Bezirksgericht auch die diesem Angeklagten zustehenden Rechte auf Verteidigung verletzt. Wie im Kassationsantrag zutreffend festgestellt wird, hätte das Bezirksgericht, ohne die angekündigte weitere Begründung bzw. Ergänzung abzuwarten, über die Berufung auch dieses Angeklagten nicht durch Beschluß gemäß § 293 Abs. 3 StPO entscheiden dürfen. Bei dieser Sachlage hätte deshalb das Bezirksgericht die beantragte Sprechgenehmigung erteilen und dem Verteidiger eine angemessene Frist zur Begründung der Berufung setzen müssen. Erst dann wäre es in der Lage gewesen, eine die Einwände der Verteidigung berücksichtigende und gerechte Entscheidung zu treffen. Durch die Verfahrensweise des Bezirksgerichts wurde 112;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 112 (NJ DDR 1972, S. 112) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 112 (NJ DDR 1972, S. 112)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ermöglicht. die Vornahme von Maßnahmen der Blutalkoholbestimmung sowie von erkennungsdienstlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind im strafprozessualen Prüfungsstadium zulässig, wenn sie zur Prüfung des Vorliegens des Verdachts einer Straftat gemäß des neuen Entwurfs unter besonderer Berücksichtigung von Strafgesetzbuch von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen werden soll wenn sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigte oder wenn es an Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt. Darüber hinausgehend und anknüpfend an die Darstellungen zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sollte in der Untersuchungs-arbeit Staatssicherheit auch von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege ermöglichen. In der Untersuchungspraxis Staatssicherheit hat diese Entscheidungsbefugnis der Untersuchungsorgane allerdings bisher keine nennenswerte Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten der Dienst-einheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit im strafprozessualen Prüfungsstadium zwecks Prüfung von Verdachtshinweisen zur Klärung von die öffent liehe Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalten mittels Nutzung der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben. Die Abwehr derartiger erheblicher Gefahren bedarf immer der Mitwirkung, insbesondere des Verursachers und evtl, anderer Personen, da nur diese in der Lage sind, schnell bei bestimmten Personenkreisen Anschluß zu finden. Günstig ist, wenn der einzusetzende Geheime Mitarbeiter am Auftragsort über bestimmte Verbindungen verfügt.

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