Dokumentation DDR - Neue Justiz (NJ), 26. Jahrgang 1972 (NJ 26. Jg., Jan.-Dez. 1972, Ausg.-Nr. 1-24, S. 1-756)DDR Deutsche Demokratische -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 675 (NJ DDR 1972, S. 675); ?Zu diesem Problem ist in der Praxis die Auffassung vertreten worden, dass bei einer Nasenbeinzertruemmerung ? 116 StGB dann nicht anzuwenden sei, wenn durch eine kosmetische Operation nach kurzer Zeit die Entstellung beseitigt ist. Mit einer derartigen Rechtsauffassung wird aber ausser acht gelassen, dass auch eine relativ kurzzeitige Entstellung erheblich sein kann. Eine Verletzung dieser Art wird stets als erhebliche Entstellung zu charakterisieren sein; der Umstand, dass eine kosmetische Operation erforderlich war, um das Antlitz des Geschaedigten mit aerztlicher Hilfe wiederherzustellen, beweist den erheblichen Grad der Entstellung. Wenn auch im Gesetz die Tatbestaende der vorsaetzlichen Koerperverletzung unkompliziert dargestellt sind, so darf das die Gerichte nicht dazu verleiten, die differenzierten Probleme einer exakten Feststellung der Schuld und einer richtigen Anwendung der Massnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu unterschaetzen. HANS LISCHKE, Oberrichter am Obersten Gericht Gruppenhandlungen und mehrfache Gesetzesverletzung bei Rowdytum Zur Aufklaerung der Tatbeitraege einzelner Gruppentaeter Im Bericht des Praesidiums des Obersten Gerichts an die 4. Plenartagung wird im Zusammenhang mit der Behandlung von Straftaten des Rowdytums mehrfach auf die Notwendigkeit der exakten Aufklaerung der Tatbeitraege der einzelnen Beteiligten einer Rowdygruppe hingewiesen (Ziff. 2 Buchst, a und c). Dieses ausdruecklichen Hinweises bedarf es deshalb, weil in der Praxis dieser Seite der Sachaufklaerung mitunter noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, vereinzelt sogar ihre Notwendigkeit bestritten wird und daraus Fehler sowohl in der Rechtsanwendung als auch bei der Strafzumessung, insbesondere bei der Differenzierung der Strafe, resultieren. Es ist daher erforderlich, auf die Frage einzugehen, inwieweit bei der strafrechtlichen Verfolgung von Gruppenrowdytum die Feststellung des Tatbeitrags Bedeutung gewinnt: Das ist zunaechst der Fall bei der Pruefung der Tatbestandsmaessigkeit der zu beurteilenden konkreten Handlung. Beteiligung an einer den Tatbestand des Rowdytums verwirklichenden Gruppe setzt stets einen Beitrag zur Gruppenhandlung voraus. Ohne dessen Klaerung ist die Frage nach der Anwendung des ? 215 StGB gar nicht zu beantworten. Die Feststellung des Tatbeitrags ist ferner Grundlage fuer die in einer Vielzahl von Faellen des Rowdytums notwendige Entscheidung darueber, ob die Tatbeteiligung eines Gruppenmitglieds oder mehrerer Gruppenmitglieder von untergeordneter Bedeutung ist und damit an die Stelle der generellen Strafzumessungsregel des ? 215 Abs. 1 StGB die des Abs. 2 bzw. bei ? 216 StGB die des Abs. 3 tritt. Der konkrete Tatbeitrag jedes einzelnen Gruppentaeters ist schliesslich ganz allgemein von grundlegender Bedeutung fuer die Strafzumessung. Aus ihm lassen sich unter Beachtung der auf der 22. und der 2. Plenartagung des Obersten Gerichts/1/ hierzu festgelegten Gesichtspunkte wichtige Schluesse auf den Grad der Schuld des Taeters, auf die objektive Schaedlichkeit der Tat und damit auf die Tatschwere der zu beurteilenden Handlung ziehen. Mit der Feststellung des konkreten Tatbeitrags wird daher eine wichtige Grundlage fuer eine der sozialistischen Gerechtigkeit entsprechende Differenzierung bei der Bestrafung der einzelnen Beteiligten einer Rowdygruppe geschaffen. In diesem Zusammenhang ist allerdings auch davor zu warnen, die Bedeutung des festgestellten Tatbeitrags zu ueberschaetzen und ihn zur alleinigen Grundlage der differenzierten Bestrafung von Rowdytaetern zu machen. Es muss stets der Umstand im Blickfeld bleiben, dass es sich beim Tatbeitrag eines Gruppentaeters um den integrierten Bestandteil einer im bewussten Zusammenwir- 71/ Vgl. dazu die Materialien in NJ 1969 S. 264 ff. und in NJ 1972 S. 249 ff. sowie NJ-Beilage 2 72 zu Heft 9. ken mehrerer Taeter/2/ verwirklichten Gesamttat handelt. Daraus ergibt sich die strafrechtliche Verantwort lichkeit des Beteiligten auch fuer die Gesamttat. Die Beschraenkung der Verantwortlichkeit des Gruppenbeteiligten auf seinen Tatbeitrag waere daher im Ergebnis ebenso falsch wie die Verfahrensweise, unter Verzicht auf die Klaerung konkreter Tatbeitraege allein die Gesamthandlung zur Grundlage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit jedes Beteiligten machen zu wollen. Zur richtigen Einschaetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit muessen vielmehr in jedem Einzelfall Tatbeitrag und Gesamthandlung in das richtige Verhaeltnis zueinander gesetzt werden. Der Bericht des Praesidiums des Obersten Gerichts an die 4. Plenartagung weist in Ziff. 2 Buchst, c unter Hervorhebung der hierfuer geltenden Gesichtspunkte ausdruecklich auf diese Notwendigkeit hin. In diesem Zusammenhang tritt die Frage auf, ob es bei Rowdygruppen, die nach einem vorgefassten Plan Vorgehen, bzw. bei Gruppen mit ausgebildeter Gruppenstruktur und eingespielter Rollenverteilung Beziehungen zwischen diesen Umstaenden und dem Grad der Verantwortlichkeit jedes Beteiligten fuer die Gesamthandlung gibt. Das ist m. E. grundsaetzlich zu bejahen. Die Verantwortlichkeit jedes Gruppenbeteiligten fuer die Gesamthandlung waechst in gleichem Umfange, in welchem er das Ergebnis kennt, das im Zusammenwirken der Gruppe angestrebt wird, und in welchem er im vollen Bewusstsein der Rolle und Folgen seines Tatbeitrags handelt. Hier ist m. E. im Regelfall die Bedeutung der gesamten Gruppenhandlung fuer die Tatschwere bei jedem Beteiligten hoeher einzuschaetzen als bei spontan entstandenen und in relativ loser Verbindung vorgehenden Gruppen. Damit soll nicht geleugnet werden, dass auch bei spontaner Gruppenbildung Tatumstaende und Tatsituationen sowohl die Art des Zusammenwirkens als auch das angestrebte Ergebnis fuer alle Beteiligten von vornherein erkennbar machen. Diese Faelle waeren fuer die Beantwortung der hier behandelten Frage denen mit vorgegebener Gruppenplanung oder Gruppenstruktur gleichzusetzen. In anderen Faellen spontaner Gruppenbildung differieren Vorstellungen der einzelnen Beteiligten vor allem aber ihr tatsaechliches Vorgehen jedoch oftmals derart, dass nicht jeder Beteiligte mit seinem Tatbeitrag ins gleiche Verhaeltnis zur Gesamthandlung gesetzt werden kann. Darueber hinaus sind hier auch die Faelle exzessiver Ueberschreitung des gemeinsamen Handlungsvorsatzes durch einzelne Gruppenbeteiligte haeufiger, so dass es sich bezueglich der uebrigen schon wegen des Fehlens der Schuld fuer den Exzess verbietet, die Tatschwere ihres Verhaltens vorwiegend an der von ihnen nicht unein- /2/ Die darauf beruhende Erhoehung der Realisierungs- und Wirkungserwartung ist ja bekanntlich subjektives Merkmal des Gruppenzusammenschlusses (vgl. dazu auch OG, Urteil vom 28. Juni 1972 - 2 Zst 20/72 - NJ 1972 S. 647). 675;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der oder den zuständigen operativen Diensteinheiten im Vordergrund. Die Durchsetzung effektivster Auswertungs- und Vorbeugungsmaßnahmen unter Beachtung sicherheitspolitischer Erfordernisse, die Gewährleistung des Schutzes spezifischer Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung -und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Ausgehend davon, daß - die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des ungesetzlichen Verlassens und zur Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu leisten, indem dafür vorhandene Ursachen und begünstigende Bedingungen rechtzeitig aufgedeckt und beseitigt, die Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden; erzielte Ergebnisse bei der vorbeugenden Abwehr Einschränkung geplanter feindlich-negativer Handlungen sowie bei der Schadensverhinderung und Aufrechterhaltung Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung; die Effektivität des Einsatzes der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, insbesondere die Herausarbeitung und Beweisführung des dringenden Verdachts, wird wesentlich mit davon beeinflußt, wie es gelingt, die Möglichkeiten und Potenzen zur vorgangsbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet hat grundsätzlich nur bei solchen zu erfolgen, die ihre feste Bindung zum Staatssicherheit , ihre Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit sowie tschekistische Fähigkeiten und Fertigkeiten in der inoffiziellen Zusammenarbeit und im persönlichen Leben der vielfältige Fragen auftauchen und zu regeln sind, die nur durch die Bereitschaft und aktive Kilfe von Funktionären gelöst werden können.

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