Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 96

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 96 (NJ DDR 1971, S. 96); dafür, die ganze Tragweite des strafbaren Handelns allseitig und vollständig zu erfassen. So hatte beispielsweise ein Kreisarzt seine Entscheidungsbefugnisse insofern mißbraucht, als er eine dem Rat des Kreises nachgeordnete Einrichtung zur medizinischen Betreuung anwies, auf sein Privatkonto Vergütungen für tatsächlich nicht geleistete Arbeiten zu überweisen. Der Leiter dieser Einrichtung wußte, daß für derartige Vergütungen an sich kein Anspruch bestand, glaubte jedoch, daß dem Kreisarzt die Mittel aus anderweitiger Tätigkeit zuständen. An diesem hier nur sehr global umrissenen Sachverhalt wird sichtbar, daß durch den Mißbrauch der Entscheidungsbefugnisse des Kreisarztes einerseits in wirtschaftliche Prozesse eingegriffen wird und insofern der Tatbestand des Vertrauensmißbrauchs das Wesen des strafbaren Handelns charakterisiert, andererseits aber auch ganz bewußt das Volkseigentum geschmälert und dadurch die Eigentumsbeziehungen verletzt werden. Einen Sachverhalt, der ebenfalls die vorher aus theoretischer Sicht behandelten Grundprobleme aufwirft, schildert Plath/4/: Der Betriebsteilleiter W., der Produktionsleiter K. und der Bauleiter E., die bei einem volkseigenen Tiefbaukombinat (VTK) beschäftigt waren, kamen mit dem privaten Fuhrunternehmer M. überein, betrügerische Manipulationen durch Berechnung fingierter Leistungen gegenüber dem VTK zu begehen. Der Betriebsteilleiter W. erteilte an M. fingierte Aufträge über Transportleistungen für das VTK. Danach fertigten K. und E. ein entsprechendes Aufmaß, das für M. als Grundlage für die Rechnungslegung gegenüber dem VTK diente. K. und E., in zwei Fällen auch W., bestätigten auf den Rechnungen und den beiliegenden Kontroll-blättern die sachliche und preisrechtliche Richtigkeit. Die jeweiligen Beträge wurden auf das Privatkonto von M. überwiesen und später zwischen den Beteiligten aufgeteilt. Plath geht zunächst zutreffend davon aus, daß die genannten Handlungen, weil vor dem 1. Juli 1968 begangen, unter dem Aspekt zu prüfen waren, ob und inwieweit „der Tatbestand des mehrfachen gemeinschaftlichen Betruges zum Nachteil sozialistischen Eigentums gemäß §§ 29, 30 Abs. 2 a bzw. Abs. 2 b StEG“ erfüllt war. Am Rande sei dazu vermerkt, daß sein Hinweis unter Bezugnahme auf das Urteil des Obersten Gerichts vom 13. September 1968 2 Ust 26/68 (NJ 1968 S. 729), daß ein „Verfügungsberechtigter“ getäuscht sein müsse, u. E. fehlgeht, da in beiden Fällen personale und inhaltliche Anforderungen an einen „Verfügungsberechtigten“ gestellt werden, die von keinem Betrugstatbestand je gefordert wurden und wer-den/5/. Plath wendet sich dann der Problematik des § 165 StGB zu und führt aus: „Die Täter aus dem VTK, W., E. und K., waren in Tateinheit mit mehrfachen gemeinschaftlichem Betrug zum Nachteil sozialistischen Eigentums jedoch wegen Vertrauensmißbrauchs nach § 165 Abs. 1 StGB zur Verantwortung zu ziehen, da dieses Gesetz gegenüber §§ 29, 30 StEG auf Grund seiner niedrigen Strafunter- und -obergrenze das mildere ist. Sie haben durch die Ausfertigung fingierter Aufträge und Aufmaße sowie die sachliche und preisrechtliche Bestätigung- fingierter Rechnungen als Voraussetzung für ihre Begleichung vorsätzlich einen bedeutenden wirtschaftlichen Schaden verursacht und einen erheblichen persönlichen Vorteil für sich und M. erlangt.“ m Plath, „Zur Anwendung des Tatbestands des Vertrauensmißbrauchs“, Forum der Kriminalistik 1969, Heft 11, S. 505 ff. 151 Buchholz hat auf dieses Problem bereits aufmerksam gemacht; vgl. „Diebstahl oder Betrug?“, NJ 1969 S. 309. Leider ist zur Höhe des Vorteils und des wirtschaftlichen Schadens nichts gesagt, so daß ein wichtiges Element des § 165 StGB nur vermutet werden kann. Die sachlich und rechtlich entscheidende Frage ist, ob im vorliegenden Fall eine Eigentumsstraftat sowohl nach altem als auch nach neuem Recht oder eine Wirtschaftsstraftat nach der Konzeption des neuen Strafrechts vorliegt oder ob wir es mit einem tateinheitlichen Angriff sowohl auf das sozialistische Eigentum als auch auf die Volkswirtschaft zu tun haben. Nach dem Sachverhalt verfolgten die Täter das Ziel, unrechtmäßig in den Besitz bestimmter Summen zu gelangen. Sie haben dies gemeinschaftlich handelnd getan, raffiniert eingefädelt und verwirklicht, wobei den Angeklagten W., K. und E. zweifellos ihre Stellung zugute kam. Aus der Sicht des neuen Strafgesetzbuchs haben sie also betrügerische Manipulationen in Gruppenform begangen; sie wären demnach wegen verbrecherischen Betrugs zum Nachteil sozialistischen Eigentums zur Verantwortung zu ziehen gewesen. Da das alte Recht anzuwenden war, hatte eine Bestrafung nach §§ 29, 30 StEG zu erfolgen. Was die gleichzeitige Anwendung des § 165 StGB anlangt, so; ist zunächst von der Frage auszugehen, ob und inwieweit ein Angriff auf die Volkswirtschaft in der von § 165 StGB beschriebenen Art und Weise und mit den dort geforderten rechtlichen Voraussetzungen erfolgt ist. Bei den Tätern des VTK kann man davon ausgehen, daß sie von § 165 StGB erfaßt werden. Daß sie ihre Stellung und Funktion ausgenutzt haben, um zu manipulieren, ist gleichermaßen unstreitig. Von entscheidender Bedeutung ist jedoch der Umstand, daß sie persönliche Vorteile die im Zusammenhang mit dem Eigentumsdelikt zunächst naheliegende Variante im Rahmen der Ausübung wirtschaftlicher Leitungsfunktionen erlangten. Die Erlangung persönlicher Vorteile stellt sich als eine Entscheidung über die Verwendung anvertrauter Fonds dar. Die leitenden Mitarbeiter des VTK hatten über die Höhe der betrieblichen Verbindlichkeiten zu entscheiden, und sie haben diese zum eigenen Vorteil und zum Vorteil des M. überhöht bzw. solche Verbindlichkeiten fingiert. Diese Variante des § 165 StGB weist deutlich auf die engen Beziehungen zwischen dem § 165 StGB und bestimmten Delikten zum Nachteil sozialistischen Eigentums hin. Insoweit kann § 165 StGB wenn auch mit erhöhten und präziseren Anforderungen durchaus als Nachfolger des ehemaligen Untreuetatbestands angesehen werden bzw. als Untreuetatbestand zum Schutz sozialistischen Eigentums im gleichen Sinne wie § 182 StGB (Untreue), der persönliches und privates Eigentum schützt. Die Subjekteigenschaft reicht natürlich allein nicht aus, um Eigentumsdelikte als in Tateinheit begangene Straftaten nach § 165 StGB zu qualifizieren. Dazu ist es eben erforderlich, daß die Tat im Bereich der Befugnisse zu wirtschaftlichen Entscheidungen begangen wurde oder gerade nur deshalb auf solche Weise begangen werden konnte. Insoweit ist es richtig, bei derartigen, vor Inkrafttreten des neuen StGB begangenen Straftaten auch zu prüfen, ob eine Untreue §§ 29, 30 StEG, § 266 StGB (alt) gegeben war, und anschließend die Frage zu beantworten, ob angesichts der anderen Ausgestaltung des § 165 StGB ein Vertrauensmißbrauch vorliegt. In Kenntnis der Höhe des im vorliegenden Falle angerichteten Schadens halten wir es für zutreffend, auch die andere Variante des § 165 Herbeiführung eines bedeutenden wirtschaftlichen Schadens zu prüfen, da ein wirtschaftlicher Schaden auch in einem Verlust oder einer Schädigung der Vermögenssubstanz bestehen kann. 96;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 96 (NJ DDR 1971, S. 96) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 96 (NJ DDR 1971, S. 96)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft verbundene Belastungen. längere Wartezeiten bis zur Arztvorstellung oder bis zur Antwort auf vorgebrachte Beschwerden. Sie müssen für alle Leiter der Linie Anlaß sein, in enger Zusammenarbeit mit den anderen politisch-operativen Diensteinheiten umfassend zu nutzen, um auf der Grundlage der in der politisch-operativen Vorgangsbearbeitung erarbeiteten Feststellungen dazu beizutragen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf Stz-aßen und Plätzen, für den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Bürger, die Sicherung diplomatischer Vertretungen, für Ordnung und Sicherheit in der Strafvollzugseinrichtung gefährden. Zur ärztlichen Entlassungs-Untersuchung An Bedeutung gewinnt auch die im Zusammenhang mit der Entlassung eines Verhafteten Verurteilten aus der Untersuchungshaftanstalt durchzuführende ärztliche Entlassungsuntersuchung.

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