Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 686

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 686 (NJ DDR 1971, S. 686); wesen, für die seine Frau nichts könne. Das wird aus der Tatsache verständlich, daß er keinen Verdacht hatte, seine Frau könne mit K. sexuell verkehren. Er hat K. gegenüber volles Vertrauen gehabt. Es kann angesichts der Tatsache, daß durch die gegensätzlichen Aussagen von K. und der Zeugin V., der Ehefrau des Angeklagten, nicht festgestellt werden konnte, ob die Annahme einer Vergewaltigung zutrifft, dahingestellt bleiben, wie der wahre Sachverhalt liegt; für die Beurteilung des Handelns des Angeklagten muß von der Ernsthaftigkeit seiner Annahme ausgegangen werden, daß K. den sexuellen Verkehr mit Frau V. er-zwungen hat. Der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Ziff. 1 StGB verlangt ferner, daß der Angeklagte ohne eigene Schuld durch die schwere Kränkung in die hochgradige Erregung versetzt worden sein muß. Ein unverschuldeter Affekt liegt vor, wenn der Täter keine Veranlassung zur Kränkung durch den später Geschädigten gegeben hat. Er darf sich aber auch nicht selbst in die hochgradige Erregung hineinsteigern. Alkoholeinfluß kann ein Umstand sein, der dem Täter die in der gegebenen Situation mögliche Anspannung seiner Kräfte durch die enthemmende Wirkung des Alkohols weitgehend versagt, den Affekt begünstigt, so daß dieser mitverschuldet wird. Es war daher eingehend zu prüfen, wie sich dieser Entscheidungsprozeß beim Angeklagten vollzog. Es ist richtig erkannt worden, daß der Angeklagte unter erheblichem Alkoholeinfluß K. aufsuchte, ihn beschimpfte und gegen ihn tätlich wurde. Diese Verärgerung, die darauf beruhende Erregung war aber abgeklungen, als der Angeklagte wenig später K. in seiner Wohnung an traf. Angesichts der Schwere der Kränkung, die nun auf den Angeklagten wirkte, und der außergewöhnlichen Umstände dieses Falles kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Alkoholeinfluß entscheidend für die Entstehung des Affekts war, denn selbst in einem alkoholfreien Zustand ist eine solche Kränkung geeignet, einen Affekt ausbrechen zu lassen. Das muß bei vorliegendem Sachverhalt zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden. Da der Angeklagte zu der Kränkung auch keine Veranlassung gegeben hatte, war der Affekt unverschuldet. Das Wesen des Affekts besteht ja gerade darin, daß der Täter nicht alle Kräfte anspannt, um sich zu beherrschen und sein Tun zu überdenken. Darin liegt seine verantwortungslose Entscheidung zur Tat. Daher kann ein Vorwurf, er habe die Situation nicht genügend geprüft, bei Vorliegen einer schweren Kränkung nicht zur Annahme eines verschuldeten Affekts führen. Der Tatbestand der Tötung im Affekt ist jedoch erst dann verwirklicht, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der schweren Kränkung, die die hochgradige Erregung hervorrief, und dem Tatentschluß bestand. Das Gesetz enthält die Voraussetzung, daß der Täter durch die schwere Kränkung in den Affekt versetzt und dadurch zur Tötung hingerissen oder bestimmt worden sein muß. An dieser unmittelbaren Beziehung zwischen Affekt und Tatentschluß fehlt es im vorliegenden Fall. Der Angeklagte hat in der Beweisaufnahme vor dem Senat, wie schon im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht, ausgesagt, daß er sich infolge der Kränkung durch K. entschloß, sofort gegen ihn gewalttätig vorzugehen. Er habe sich nicht beherrschen können, ihn zu verprügeln. Als seine Frau versucht habe, ihn daran zu hindern, sei er darüber aufgebracht gewesen, daß sie K. verteidigte und habe daraufhin zum Messer gegriffen. Der Angeklagte beschimpfte seine Frau mit dem Ausdruck „Hure“ und rief, sie wolle den „Krepel“ noch verteidigen. In der Vernehmung vor dem Haftrichter sprach er davon, daß er durch das Eingreifen seiner Frau seinen Entschluß geändert und sich nunmehr entschlossen habe, K. zu töten. Dem Senat erklärte der Angeklagte, erst das Dazwischentreten seiner Frau habe ihn dazu gebracht, das Messer zu nehmen und K. hinterherzulaufen, sowohl die Kränkung durch K. als auch die Verärgerung über seine Frau hätten bei seinem Entschluß mitgewirkt. Es ist daher festzustellen, daß der Angeklagte im Affekt auf K. einstürzte und ihn verprügeln wollte. Durch das Verhalten der Frau, die ihn an Tätlichkeiten hindern wollte, steigerte sich seine Wut noch; er war über das Tun der Frau verärgert und entschloß sich nun, K. zu töten. Folglich hätte ohne das Dazwischentreten der Frau die schwere Kränkung durch K. nicht zum Tötungsentschluß des Angeklagten geführt. Vor dem Bezirksgericht sagte der Angeklagte aus, er habe Wut gehabt, weil er sich an K. durch das Verhalten der Frau nicht habe rächen können. Mithin war nicht vordergründig die Kränkung das die Tat auslösende Moment. Das Handeln des Angeklagten stellt sich somit als ein versuchter Mord gemäß §112 Abs. 1 und 3 StGB dar. Es ist dem Verteidigungsvorbringen und der Auffassung des Vertreters des Generalstaatsanwalts jedoch darin zu folgen, daß die vom Bezirksgericht ausgesprochene Freiheitsstrafe der strafrechtlichen Schuld des Angeklagten nicht angemessen ist, weil mit ihr die Schuldschwere überbetont wird. Schuldbewertung und Strafzumessung müssen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Tatfaktoren und des Inhalts der Versuchsregelung (§ 21 Abs. 4 StGB) vorgenommen werden. Zweifellos war das Handeln des Angeklagten gefährlich und rücksichtslos. Er wandte ein gefährliches Tatwerkzeug an, handelte gegen K. blindwütig und überraschend und verletzte ihn lebensbedrohlich. Der Stich mit dem Messer war geeignet, den Geschädigten zu töten. Nach §21 Abs. 4 StGB sind jedoch auch die Beweggründe des Angeklagten für sein Handeln bei der Beurteilung des Schweregrades des Mordversuchs zu berücksichtigen. Sie sind im vorliegenden Fall auch von besonderer Bedeutung, weil nur bei Beachtung auch der subjektiven Umstände, die bei der Tat eine wesentliche Rolle gespielt haben, die Schuld richtig festgestellt werden kann. Deshalb ist von Bedeutung, daß der Angeklagte ohne seine Schuld in einen Affekt geraten war, der seine Entscheidungsfähigkeit durchaus herabsetzte, so daß er sich aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, schwerer steuern konnte. Wenn auch die Voraussetzungen eines Totschlags im Affekt nicht vorliegen, so darf auf diese Tatsache zur Charakterisierung des Verbrechens nicht verzichtet werden. Die Gründe, aus denen die Tat nicht vollendet wurde, sprechen für eine geringere Schuld des Angeklagten. Er stach einmal zu, und obwohl er K. blindwütig nachgestürzt war, brachte er in dieser Situation noch insoweit Hemmungen auf, um sein Handeln nicht fortzusetzen, obgleich er von niemandem gehindert wurde und K. sich nicht wehrte. Der Angeklagte entnahm dem gleichgültigen Verhalten von K. nach dem Stich, daß er ihn gar nicht richtig getroffen habe. Er kehrte daher um und ließ seiner unbändigen Erregung durch Zerschlagen von Geschirr freien Lauf. Erst einige Zeit später lief er K. erneut mit einem Messer hinterher, traf ihn aber nicht an. Mithin liegen die Gründe für die Nichtvollendung der Straftat sowohl in der sofortigen ärztlichen Hilfe für K., aber auch im Verhalten des An- 686;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Effektive Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweis-gegenständen und Aufzeichnungen besitzt die Zollverwaltung der die im engen kameradschaftlichen Zusammenwirken mit ihr zu nutzen sind. Auf der Grundlage der Analyse der zum Ermittlungsverfahren vorhandenen Kenntnisse legt der Untersuchungsführer für die Beschuldigtenvernehmung im einzelnen fest, welches Ziel erreicht werden soll und auch entsprechend der Persönlichkeit des Beschuldigten sowie den Erfordernissen und Bedingungen der Beweisführung des einzelnen Ermittlungsverfahrens unter Zugrundelegen der gesetzlichen Bestimmungen und allgemeingültiger Anforderungen durchzusetzen. Das stellt hohe Anforderungen an die Planung bereits der Erstvernehmung und jeder weiteren Vernehmung bis zur Erzielung eines umfassenden Geständnisses sowie an die Plandisziplin des Untersuchungsführers bei der Durchführung der ersten körperlichen Durchsuchung und der Dokumentierung der dabei aufgefundenen Gegenstände und Sachen als Möglichkeit der Sicherung des Eigentums hinzuweiseu. Hierbei wird entsprechend des Befehls des Genossen Minister Gemeinsame Festlegung der Hauptabteilung und der Abteilung zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugs Ordnung - Untersuchungshaftvollzugsordnung - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Ordnung über die Rechte und Pflichten der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit. Disziplinarordnung -NfD. Anweisung über die Entlohnung der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Anlage Xi;s v- aus den Festlegungen eines einheitlichen Meldeweges zur Organisation der Brandbekämpfung im Dienstobjekt des Leiters der Hauptabteilung vom.

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