Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 685

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 685 (NJ DDR 1971, S. 685); Täter zur Tötung eines Menschen auch tatsächlich bestimmt hat, ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Ziff. 1 StGB erfüllt. 3. Zur außergewöhnlichen Strafmilderung bei versuchtem Mord. 4. Die Aberkennung staatsbürgerlicher Rechte ist bei einem Verbrechen des versuchten Mordes nicht zwingend. Ihre Anwendung als Zusatzstrafe ist abhängig von der Schwere der Schuld. OG, Urt. vom 18. Juni 1971 5 Ust 33/71. Das Bezirksgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes (§ 112 Abs. 1 und 3 StGB) zu 12 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und ihm die staatsbürgerlichen Rechte für die Dauer von fünf Jahren aberkannt. Gegen dieses Urteil, hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die zur Abänderung des Urteils des Bezirksgerichts im Strafausspruch führte. Aus den Gründen: Entgegen der Auffassung der Berufung liegt in rechtlicher Hinsicht kein versuchter Totschlag i. S. von § 113 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 StGB, sondern gemäß § 112 Abs. 1 und 3 StGB ein versuchter Mord vor. Zu diesem Ergebnis war auch das Bezirksgericht gekommen. Der dazu gegebenen Begründung im Urteil des Bezirksgerichts kann indes nicht gefolgt werden. In Anbetracht der schwierigen Beweislage, die durch widersprüchliche Aussagen der Tatbeteiligten entstanden war, führte der Senat zur umfassenden Prüfung des Verteidigungsvorbringens eine eigene ergänzende Beweisaufnahme durch. Die für die rechtliche Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten und damit für die Schuldbewertung entscheidende Frage besteht darin, ob der Angeklagte durch eine schwere Kränkung in hochgradige Erregung versetzt und dadurch zur Tat bestimmt worden war. Insbesondere auf diese Frage war die eigene Beweisaufnahme des Senats gerichtet, in deren Ergebnis festzustellen ist, daß der Angeklagte durch eine schwere Kränkung des Geschädigten K. ohne eigene Schuld in hochgradige Erregung (Affekt) versetzt worden war, diese Kränkung den Entschluß, K. zu töten, aber nicht unmittelbar hervorgerufen hat. Mithin liegen andere Gründe als die des Bezirksgerichts vor, die die Anwendung von § 113 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 StGB versagen. Der Sachverhalt stellt sich nach der erneuten Beweisaufnahme wie folgt dar: Der Angeklagte hatte am Tattage seit Mittag alkoholische Getränke zu sich genommen. Er war gegen Abend erheblich angetrunken. Zur Tatzeit lag ein Blutalkoholwert von 1,7 Promille vor. In diesem Zustand entschloß er sich, zu K. zu-gehen, ihn wegen einer versprochenen Niethose aufzusuchen. In der Wohnung von K. kam es zum Streit. Der Angeklagte beschimpfte K., wurde gegen ihn tätlich und erregte sich stark. Nachdem K. ihn abgewehrt hatte und der Angeklagte zu Boden gefallen war, verließ K. die Wohnung, ohne daß der Angeklagte wußte, wohin dieser ging. Als der Angeklagte in seine Wohnung kam, fand er K. im' Gespräch mit seiner Frau vor. Während im Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Bezirksgericht noch davon auszugehen war, daß der Angeklagte sofort seine Vorwürfe gegen K. wegen der versprochenen und nicht besorgten Niethose fortsetzte und sogleich versuchte, deshalb gegen ihn tätlich zu werden, kann nach den Aussagen des Angeklagten und der Zeugen vor dem Senat unter Einbeziehung ihrer widersprüchlichen Aussagen im bisherigen Verfahren dieser Geschehens- ablauf den Feststellungen nicht zugrunde -gelegt werden. Danach war es so, daß der Angeklagte zu Hause K. vorfand und unmittelbar nach seinem Eintreffen hörte, wie seine Frau K. vorhielt, er solle daran denken, was er mit ihr im Schlafzimmer gemacht habe. Er habe genug Unheil über die Familie gebracht. Der Angeklagte sagte aus, er sei durch diese Mitteilung sehr aufgebracht gewesen und habe K. verprügeln wollen. Er sei auf ihn zugestürzt, jedoch habe seine Frau versucht, ihn am Schlagen zu hindern. Seine‘Wut habe sich deshalb gesteigert. ■ Nunmehr sei er in. die Küche gegangen, habe das Messer geholt und sei K', der gerade die Wohnung verlassen hatte, hinterhergelaufen. An der Treppe habe er ihn eingeholt, ihm den Stich mit dem Messer versetzt und sei, da K. darauf nicht reagiert habe, in die Wohnung zurückgegangen. Er habe von seiner Frau erfahren wollen, was sich mit K. zugetragen habe, aber seine Frau habe darauf nicht geantwortet. In seiner Erregung habe er Geschirr zerschlagen und sei nochmals mit einem Messer K. hinterhergelaufen, habe ihn jedoch nicht mehr gefunden. Da die Aussagen der Zeugen sich erheblich widersprachen und beide sich an Einzelheiten auch nicht voll erinnern konnten, muß der Aussage des Angeklagten gefolgt werden, daß sich das Geschehen so vollzog, wie er es geschildert hat. Nach diesem Sachverhalt war zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Tötung im Affekt Vorlagen. : Die Begründung im Urteil des Bezirksgerichts, daß ein versuchter Totschlag gemäß § 113 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 StGB nicht vorliegt, läßt zunächst erkennen, daß das Bezirksgericht diese Frage nicht, mit folgerichtiger Gründlichkeit und ausgehend von den gesetzlichen Anforderungen an eine Affekttötung untersucht hat. So hat es ohne nähere Begründung verneint, daß sexuelle Beziehungen des K. zur Ehefrau des Angeklagten eine schwere Kränkung für diesen seien. Auch seine weitere Darlegung, eine solche Kränkung würde nicht automatisch zum unverschuldeten Affekt führen, zeigt, daß es die Anforderungen an den Tatbestand verkennt. In richtiger Beurteilung der inneren Vorgänge beim Angeklagten ist in Übereinstimmung mit allen hierzu getroffenen Feststellungen davon auszugehen, daß der Angeklagte durch das Verhalten von K. seiner Ehefrau gegenüber bzw. durch die Kenntnis der Ereignisse und der darauf beruhenden Annahme, daß K. seiner Ehefrau gegenüber Gewalt angewendet hat, schwer gekränkt worden ist. Er hat das in der Beweisaufnahme so ausgedrückt: Kränkung sei nicht das richtige Wort, es sei zu schwach, um seine unbändige Erregung zu kennzeichnen. Das Oberste Gericht hat bereits in der Entscheidung vom 21. April 1969 5 Ust 11/69 (NJ 1969 S. 405) ausgeführt, daß ein Ehemann durchaus dadurch schwer gekränkt werden kann, wenn er von ehewidrigen Beziehungen des später Geschädigten zu seiner Frau erfährt. Das gilt um so mehr für solche Fälle, da der Ehemann annimmt oder feststellt, daß die sexuelle Annäherung gegen den Willen seiner Frau vorgenommen wurde. Die Reaktion des Angeklagten, nachdem er Kenntnis von den sexuellen Beziehungen des K. zu seiner Frau erhielt, zeigt, daß er durch dieses, die bisherige Freundschaft mißachtende Verhalten von K. schwer getroffen und maßlos empört war. Es ist der Aussage des Angeklagten zu folgen, daß er. völlig überrascht wurde von der Äußerung seiner Frau, K. solle daran denken, was in der Schlafstube geschah, er habe genug Unheil über die Familie gebracht. Daher habe er angenommen, es sei eine Vergewaltigung ge- 685;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 685 (NJ DDR 1971, S. 685) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 685 (NJ DDR 1971, S. 685)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Auf der Grundlage der Anweisung ist das aufgabenbezogene Zusammenwirken so zu realisieren und zu entwickeln! daß alle Beteiligten den erforaerliohen spezifischen Beitrag für eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der verhafteten Personen, der Geheimhaltung und auf die operativ-taktischen Fragen der Sicherung der Rechte der Verhafteten während des Aufenthaltes in der medizinischen Einrichtung. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben als auch im persönlichen Leben. die Entwicklung eines engen Vertrauensverhältnisses der zu den ährenden Mitarbeitern und zum Staatssicherheit insgesamt. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben in Vorbereitung der Werbung als Höhepunkt im Gewinnungsprozeß insbesondere zu sichern, daß die Werbung auf der Grundlage der Gesetze vorsnnehnen. Beide Seiten bilden eine untrennbare Einheit: Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit schließt ilire Durchsetzung unbedingt ein; Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist nur auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit provokatorischem Vorgehen Beschuldigter erforderliche rechtliche Begründung zu den in unterschiedlichen taktischen Varianten notwendigen Maßnahmen im Zusammenwirken mit der Abteilung. Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft ist festgelegt, daß die Aufnahme des Brief- und Besucherverkehrs von der Genehmigung des Staatsanwaltes des Gerichtes abhängig ist.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X