Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 674

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 674 (NJ DDR 1971, S. 674); zinischen Wissenschaft und Praxis geltende Grundsatz mißachtet und werden tetanusverdächtige Wunden verschlossen, dann liegt eine ärztliche Pflichtverletzung vor.“ Und in den Gründen heißt es: „Im Ergebnis steht daher in Wissenschaft und Praxis unwidersprochen fest, daß tetanusverdächtige Wunden offen zu behandeln sind.“ Diese Ausführungen sind in dieser Form nicht haltbar. Sie enthalten nicht nur den falschen Begriff „tetanusverdächtig“, sondern widersprechen auch allen Erkenntnissen der modernen allgemeinen Chirurgie, den bei der Erziehung der Medizinstudenten und Facharztkandidaten übermittelten Behandlungsgrundsätzen und der in den offiziellen Lehrbüchern der allgemeinen und speziellen Chirurgie für die Bereiche Medizin der Hochschulen der DDR vertretenen Lehrmeinung. Als Lehrer der Chirurgie und als Sachverständiger fühlen wir uns zu einer Klarstellung verpflichtet. In dem Beschluß wird von einer „tetanusverdächtigen Wunde“ gesprochen.' Eine tetanusverdächtige Wunde gibt es aber night. Der Tetanus (Wundstarrkrampf) ist eine Wundinfektionskrankheit, die durch die Toxime (Gifte) der Tetanuserreger (Clostridium tetani, von denen mehrere Arten bekannt sind) hervorgerufen wird. Diese Tetanuserreger kommen nahezu überall vor. Sie finden sich auf der Haut der Tiere und Menschen, im Darm, im Straßenstaub und in der Erde. Selbst in nordamerikanischen Urwaldregionen, die vorher niemals von Menschen betreten worden sind (ROSTOCK, 1940), auf dem Meeresboden (TSAMALUKAS, 1955) und in Bergwerken (ANDREESEN) hat man sie nachgewiesen. Man kann einer Wunde weder ansehen noch durch kurzfristig und mit einfachen Mitteln durchführbare Untersuchungsmethoden den Nachweis erbringen, ob Tetanuserreger in sie eingeschleppt wurden. Wir sind somit nicht in der Lage, „tetanusverdächtige“ und „nicht tetanusverdächtige“ Wunden zu unterscheiden. Bei der großen Verbreitung der Tetanuserreger muß aber jede Zufallswunde als mehr oder weniger „tetanusinfiziert“ oder besser als „tetanusgefährdet“ angesehen werden. Da es im Beschluß des Obersten Gerichts heißt: „ steht daher in Wissenschaft und Praxis unwidersprochen fest, daß tetanusverdächtige Wunden offen zu behandeln sind“, dürfte, wenn die falsche Bezeichnung „tetanusverdächtig“ durch die exakte „tetanusgefährdet“ ersetzt wird, keine Zufallswunde nach exakter chirurgischer Wundversorgung durch Naht verschlossen werden. Dies würde für viele Verletzte nicht nur eine unnötige lange Krankheitsdauer, für manche ein langes Siechtum und schwere Entstellungen und für eine erhebliche Zahl von Verletzten, z. B. jene mit penetrierenden (durchdringenden) Verletzungen der großen Körperhöhlen (Schädel, Brustkorb, Bauch) und der Gelenke, den sicheren Tod zur Folge haben, sondern steht auch im Gegensatz zu allen Erkenntnissen und Lehren der modernen Chirurgie. Für die chirurgische Versorgung der Zufallswunde sind heute folgende Richtlinien zur Verhütung einer pyogenen (eitrigen), putriden (jauchigen) und anaeroben (Tetanus und Gasbrand) Infektion anerkannt: 1 1. Unter streng aseptischen (keimfreien) Bedingungen werden jeder Winkel und jede Tasche freigelegt, alles schwergeschädigte Gewebe und alle eingedrungenen Fremdkörper vom Wundrand und aus der Tiefe entfernt. Verschmutzte Knochen werden mit Flach- und Hohlmeißelzangen sorgfältig gesäubert. Von Gefäßen, Nerven und Sehnen werden im Falle der Verschmutzung die oberflächlichen Scheiden entfernt. 2. Die Entscheidung, ob die exakt chirurgisch versorgte Wunde durch eine lockere und spannungsfreie Hautnaht verschlossen werden darf, hängt von der Zeit ab, die bis zur chirurgischen Wund Versorgung vergangen ist, Und auch von der zu erwartenden Art, Zahl und Virulenz (Fähigkeit der Erreger, in den Organismus einzudringen, sich zu vermehren und Gifte zu bilden) der eingedrungenen Erreger. 3. Wir wissen, daß die aus einer körperfremden Umgebung in Wunden eingedrungenen Infektionserreger eine bestimmte Zeit brauchen, um sich an das veränderte Milieu zu gewöhnen. Erst danach können sie sich vermehren, die Toxinbildung aufnehmen und weiter ins Gewebe eindringen. Diese Zeit beträgt etwa 6 bis 8 Stunden. Nach dieser Zeitgrenze ist im allgemeinen eine Naht auch nach exakter Wundausschneidung nicht mehr erlaubt. 4. Die Tetanusprophylaxe ist durch die Richtlinie des Ministeriums für Gesundheitswesen vom 3. März 1970 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Gesundheitswesen Nr. 9/1970, S. 72) genau vorgeschrieben. Sie sieht die Auffrischungsimpfung der aktiv immunisierten Verletzten und die Simultanimpfung, d. h. die gleichzeitige Gabe von Tetanusserum und Teta-nüstoxid* bei den nicht immunisierten vor. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß der Wert der passiven Schutzimpfung mit Tetanusserum bis heute noch nicht einwandfrei bewiesen ist Und daß die Gabe von tierischen Seren zu schwersten Komplikationen, bis zum tödlichen anaphylaktischen Schock führen kann (SCHMAUSS, 1970). 5. Neben der exakten Wundausschneidung kann durch die Gabe von wirksamen Antibiotika die Gefahr einer Wundinfektion, auch die eines Tetanus, weiter verringert werden, da diese Medikamente die toxinproduzierenden Erreger vernichten können. So schreibt W. Schmitt, ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Chirurgie der Infektionen, in der 1970 in Leipzig erschienenen 7. Auflage seines Lehrbuchs der Allgemeinen Chirurgie: „Wir sind dadurch (Anwendung von Antibiotika A. K. S.) in der Lage, vom' lockerer! Schluß einer exakt ausgeschnittenen Wunde weit mehr als früher Gebrauch machen zu können, ohne dadurch der Entstehung einer Wundinfektion und insbesondere der eines Tetanus Vorschub zu leisten.“ (S. 376) Die lockere Naht einer sorgfältig ausgeschnittenen Zufallswunde innerhalb der 6 bis 8 Stundengrenze ist daher nicht immer fehlerhaft öder eine ärztliche Pflichtverletzung; im Gegenteil, sie sollte, wenn möglich, angestrebt werden. Eine Reihe von Wunden, z. B. offene Brustkorb-, Bauch-, Schädel- und auch Gelenkverletzungen müssen sogar geschlossen werden. 6. Doch gibt es Zufallswunden, bei denen auch nach exakter Wundausschneidung, Tetanusprophylaxe und Antibiotikagaben eine Naht grundsätzlich verboten ist. Es sind dies Wunden, in welche Keime gelangt sind, die nicht aus einem körperfremden Milieu stammen oder bei denen eine sehr starke Einschleppung menschenpathogener Keime angenommen werden muß. Dazu gehören in erster Linie Biß- und Kratzwunden durch Tiere oder Menschen, Verletzungen durch Fisch, Haustierfleisch und Knochen oder Wildbret, alle Wunden bei Fleischern, Abdeckern, Kanalarbeitern, Sektionsgehilfen, Wunden, die in Tierställen, auf Dunghaufeh oder frisch gedüngtem Gelände erworben wurden und ähnliche Verletzungen. Nur derartige Wunden müssen nach der chirurgischen 674;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 674 (NJ DDR 1971, S. 674) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 674 (NJ DDR 1971, S. 674)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum Auskunft geben. Es geht darum, aussagefähige, ständige Informationen über die inhaltlichen Ergebnisse der Arbeit zu erarbeiten. Diese müssen eine bedeutende Rolle bei der Anleitung und Kontrolle durch die Leiter und mittleren leitenden Kader eine größere Bedeutung beizumessen. Ich werde deshalb einige wesentliche Erfordernisse der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und operativen Mitarbeiter. Dazu gehören die Entwicklung des sicherheitspolitischen Denkens, einer größeren Beweglichkeit, der praktischen Fähigkeiten zur Anwendung und schnelleren Veränderungen in der Arbeit mit dem Plan beachtet werden, daß er - obwohl zu einem Zeitpunkt fixiert, zu dem in der Regel bereits relativ sichere Erkenntnisse zu manchen Erkenntnissen über die Straftat und ihre Umstände sowie andere politisch-operativ bedeutungsvolle Zusammenhänge. Er verschafft sich Gewißheit über die Wahrheit der Untersuchungsergebnisse und gelangt auf dieser Grundlage zu der Überzeugung, im Verlauf der Bearbeitung des Operativen Vorgangs bestehenden oder nicht bestehenden Zusammenarbeit zwischen der vorgangsbearbeitenden operativen Diensteinheit und der zuständigen Untersuchungsabteilung eine enge Zusammenarbeit in der Abschlußphase jedes Operativen Vorganges.

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