Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 654

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 654 (NJ DDR 1971, S. 654); Im Mai 1968 sind die Kläger durch genehmigten Wohnungstausch von S. nach W. verzogen. Sie bewohnen im Erdgeschoß eines Einfamilienhauses eine 32/2-Zim-mer-Wohnung nebst Zubehör. Die im Obergeschoß wohnende Grundstückseigentümerin hat das Grundstück an die Verklagten verkauft. Mit der Klage haben die Kläger beantragt, die Verklagten zu verurteilen, die in der Wohnung und auf dem Grundstück vorhandenen Mängel zu beseitigen, die ungehinderte Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen zu gewährleisten und einen Zwischenzähler anzubringen. Die Verklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Gleichzeitig haben sie Widerklage erhoben mit dem Antrag, die Kläger zu verurteilen, die Wohnung zu räumen und an die Verklagten herauszugeben. Sie haben vorgetragen, daß sie die umfangreichen Instandsetzungsarbeiten, deren Kosten etwa 20 000 M betragen würden, nur nach und nach, vorwiegend durch Eigenleistungen, erbringen könnten. Deshalb sei es dringend erforderlich, in das Grundstück einzuziehen. Außerdem benötigten die Verklagten Sch., die mit einem 3jährigen Kleinkind nur IV2 Zimmer ohne Bad bewohnten, dringend mehr Wohnraum. Die Wohnung solle auch von dem Verklagten F., dem Bruder von Frau Sch., sowie dessen Mutter mit bezogen werden. Letztere könne dann das Kind der Eheleute Sch. betreuen, so daß Frau Sch. wieder eine Vollbeschäftigung und die Teilnahme am Bereitschaftsdienst möglich sein werde, was bei ihrer Stellung als stellvertretende Apothekenleiterin notwendig sei. Wegen des ständigen beruflichen Umgangs des Verklagten Sch. mit Kontaktgiften werde dringend ein Bad benötigt, um evtl, gesundheitlichen Schäden vorzubeugen. Schließlich hätten sie sich im Grundstückskaufvertrag verpflichtet, die Betreuung der vorherigen Eigentümerin im Krankheitsfalle zu übernehmen, wozu sie am besten in der Lage seien, wenn sie im Hause wohnten. Die Kläger haben beantragt, die Widerklage abzuweisen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, daß gerade diese Wohnung ihren Bedürfnissen am besten gerecht werde. Frau E. sei infolge einer aktiven Tbc schwerbeschädigt, müsse Freiluftliegekuren durchführen und benötige viel Ruhe. Der Kläger habe eine verantwortliche Stellung im Finanzwesen inne und sei in verschiedenen Einrichtungen wissenschaftlich tätig. Er müsse in der Wohnung ungestört arbeiten können, was gegenwärtig in W. anderswo nicht möglich sei. Das Kreisgericht hat im wesentlichen der Klage stattgegeben und die Widerklage als unbegründet zurückgewiesen. Es ist der Auffassung, daß der von den Verklagten geltend gemachte Eigenbedarf zu einer uferlosen Ausweitung des § 4 MSchG führen würde. Außerdem sei nach der Mitteilung der Abt. Wohnraumlenkung in absehbarer Zeit überhaupt keine Möglichkeit vorhanden, den Klägern anderen entsprechenden Wohnraum zuzuweisen. Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung haben die Verklagten beantragt, unter Aufhebung des Urteils erster Instanz die Kläger zu verurteilen, die von ihnen genutzte Wohnung zu räumen und an die Verklagten herauszugeben. Während des Rechtsmittelverfahrens hat der Verklagte F. geheiratet und nachgewiesen, daß die Ehefrau ein Kind erwartet Die Verklagten haben ihren Anspruch nunmehr auch insoweit auf dringenden Wohnraumbedarf gestützt. Die Kläger haben beantragt, die Berufung zurückzuweisen und unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens darauf hingewiesen, daß sie mit drei Erwachsenen und einem 10jährigen Jungen die Wohnung auslasteten. Das Bezirksgericht hat das angefochtene Urteil im Sinne des gestellten Hilfsantrags abgeändert und im übrigen die Berufung der Verklagten zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, der Erfolg hatte. Aus den Gründen: Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung hat ergeben, daß sich das Bezirksgericht nicht umfassend mit den von den Verklagten zur Begründung ihres Eigenbedarfsinteresses vorgetragenen Gründen auseinandergesetzt, den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt und zum Teil Feststellungen getroffen hat, die keine verfahrensrechtlich ordnungsmäßige Grundlage haben. Die den Eigenbedarfsanspruch der Verklagten abweisende Entscheidung des Bezirksgerichts beruht vor allem auf der Feststellung, daß ausreichender Ersatz-wohnraum für die Kläger nicht vorhanden sei. Zwar gäbe es Wohnungen mit einem entsprechenden Komfort, doch seien sie vermietet. Ihre Freimachung sei höchstens in vier bis fünf Jahren wahrscheinlich. Darin hat das Bezirksgericht den für die Interessenabwägung ausschlaggebenden Umstand erblickt und ausgeführt, daß auf Grund der außerordentlichen Schwierigkeiten bei Beschaffung geeigneten Wohnraums für die Kläger deren Interessen vom gesellschaftlichen Standpunkt höher zu bewerten seien als die der Verklagten. Diese mithin für die Abweisung des Eigenbedarfsanspruchs der Verklagten entscheidende Feststellung findet jedoch im Protokoll keine Stütze. Auch im Tatbestand der Urteile beider Instanzen ist keine derartige Bekundung erwähnt. Vielmehr hat die am 6. März 1970 als Zeugin vernommene stellvertretende Bürgermeisterin W. vor dem Kreisgericht erklärt, daß der Rat bemüht ist, „einem jeweiligen Hauseigentümer dazu zu verhelfen, daß er in sein Haus einziehen kann. Das dauert aber manchmal sehr lange, manchmal vier bis fünf Jahre“. Diese Äußerung bringt die generelle Bereitschaft des Rates zum Ausdruck, Hauseigentümer bei ihren Bemühungen um Zuweisung einer Wohnung im eigenen Grundstück zu unterstützen, und zwar unabhängig davon, ob hierfür schwerwiegende Gründe vorliegen oder nicht. Daraus kann nicht abgeleitet werden, daß auch im vorliegenden Fall mit einer so langen Wartezeit gerechnet werden müßte. Auch die weitere Erklärung der Zeugin W., es könne jetzt noch nicht gesagt werden, wann der Familie E. eine entsprechende Wohnung zur Verfügung gestellt werden könnte, läßt diesen Schluß nicht zu. Sie hätte dem Bezirksgericht vielmehr Veranlassung sein müssen, zur Beurteilung dieser von ihm für ausschlaggebend gehaltenen Frage eine weitere Stellungnahme des Rates der Stadt beizuziehen oder die Zeugin W. nochmals zu vernehmen, zumal bis zur Berufungsverhandlung über sieben Monate vergangen sind und die Verklagten nicht nur in erster, sondern auch in zweiter Instanz darauf hingewiesen haben, daß mehrfach angemessener Wohnraum frei geworden sei, der Rat aber erst das Prozeßergebnis abwarten wolle, ehe er in dieser Angelegenheit tätig werde. Bei der insoweit erforderlichen weiteren Sachaufklärung wird das Bezirksgericht auch auf die nach der Urteilsverkündung am 1. Dezember 1970 vom Rat der Stadt, Abt. Wohnraumlenkung, ausgestellte Bescheinigung einzugehen haben, wonach im Vergabeplan 1970 entsprechender Wohnraum für die Familie E. angefallen und mit Gewißheit anzunehmen sei, daß solcher auch im Jahre 1971 zur Vergabe zur Verfügung stehen werde. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß die Instanzgerichte sich zur Begründung ihrer Entscheidung auf das Urteil des Obersten Gerichts vom 30. November 1962 2 Zz 22/62 (NJ 1963 S. 349, OGZ Bd. 9 S. 76) berufen haben, ohne sich exakt mit den darin genannten Kriterien, bezogen auf den hier vorliegenden Sachverhalt, auseinanderzusetzen. In der Regel ist es dem Wohnraumlenkungsorgan nicht möglich, schon während 654;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 654 (NJ DDR 1971, S. 654) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 654 (NJ DDR 1971, S. 654)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit mit der Entscheidung des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen -wurde. Schwerpunkt bildeten hierbei Ermittlungsverfahren wegen Stral taten gemäß Strafgesetzbuch und gemäß sowie Ermittlungsverfahren wegen Straftat! gegen die staatliche und öffentliche Ordnung entwickeln können, die von Gegner als Ausdruck eines systemimmanenten Widerstandes, der Unzufriedenheit und inneren Opposition angeblich breiter Kreise der Jugend mit der Politik der Partei zu leisten. Besondere Aufmerksamkeit erfordertendabei !X - die strikte Durchsetzung der uchung rinzip ien und dei Qualität und ekt itä Untersuchungsarbeit unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Beweisrichtlinie -. Orientierung des Leiters der Hauptabteilung und der Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen sowie eine Vielzahl weiterer, aus der aktuellen Lage resultierender politisch-operativer Aufgaben wirkungsvoll realisiert.

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