Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 649

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 649 (NJ DDR 1971, S. 649); sind. Dieses Verfahren folgt den Prinzipien des Strafprozesses, und es ergeben sich daraus einige Abweichungen von dem sonst anzuwendenden Verfahren. So ist die Bestellung eines Pflegers für den Kranken nicht erforderlich, und es bedarf auch nicht eines Antrags auf Einweisung. Die Strafkammer oder der Strafsenat können von sich aus eine solche Maßnahme beschließen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Einweisung erfolgt bei zurechnungsunfähigen Angeklagten durch Beschluß, sonst durch Urteil. Das Verfahren ist öffentlich. Die sachlichen Voraussetzungen für die Einweisung müssen natürlich gegeben sein. So muß eine Krankheit i. S. des § 1 EinwG vorliegen und die Einweisung zum Schutz des Kranken oder zur Abwehr einer ernsten Gefahr für andere Personen oder für das Zusammenleben der Bürger notwendig sein. Der von Duft/Müller 121 geäußerten Ansicht, daß im Strafverfahren die Zustimmung des Kranken keine Bedeutung habe, ist zuzustimmen. Nicht zutreffend ist m. E. aber der von ihnen dafür angegebene Grund. Sie meinen nämlich, daß in solchen Verfahren der notwendige Schutz vor krankheitsbedingten Gefährdungssituationen im Vordergrund stehe. Es ist jedoch nicht daran vorbeizukommen, daß das Fehlen der Zustimmung Tatbestandsmerkmal des § 11 Abs. 1 EinwG ist, der für alle Verfahrensarten gilt. Die Einweisung ist mit der Einschränkung der persönlichen Freiheit des Betroffenen verbunden. Die Auslegung von Gesetzesnormen zum Nachteil des Betroffenen ist aber unzulässig, und auch für Zweckmäßigkeitserwägungen ist im Einweisungsrecht kein Raum. Liegt eine Zustimmung des Kranken in eine stationäre Heilbehandlung vor, dann kann lediglich die Überlegung durchgreifen, daß das Strafverfahren im allgemeinen die freiwillige Unterwerfung unter strafrechtliche Maßnahmen nicht kennt und deshalb die fehlende Zustimmung keine Bedeutung hat und nicht Verfahrensvoraussetzung ist. Dagegen ist die Zivilkammer nicht berechtigt, die Feststellung zu unterlassen, daß der Kranke der Einweisung nicht zustimmt, selbst wenn sein Verhalten objektiv den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt. Zum Krankheitsbegriff Voraussetzung für die Anwendung des Einweisungsgesetzes ist, daß eine Krankheit i. S. des § 1 vorliegt. Dabei erscheint mir jedoch die Anwendung des gerichtlichen Verfahrens auf Kranke mit begründetem Verdacht auf eine psychische Erkrankung bedenklich. Es fragt sich, ob für diese Personen nicht lediglich die befristete Einweisung durch den Arzt in Frage kommt, der Verdacht auf eine Krankheit rechtfertigt m. E. nicht die unbefristete Einweisung. Die Anordnung der Einweisung nach § 6 EinwG durch den Arzt wird in der Regel ausreichen, um innerhalb von sechs Wochen festzustellen, ob sich der Verdacht auf eine psychische Erkrankung bestätigt. Ist das nicht der Fall, so wird angenommen werden müssen, daß eine psychische Krankheit, die eine unbefristete Einweisung rechtfertigt, nicht vorliegt. Zu dieser Auslegung zwingt der mit Art. 30 Abs. 1 der Verfassung garantierte Grundsatz der persönlichen Freiheit aller Bürger. Dieser Verfassungsgrundsatz wird durch das verfassungsmäßige Recht der Bürger auf Gesundheitsschutz nach Art. 35 Abs. 1 der Verfassung nicht aufgehoben, besonders wenn das Vorliegen einer psychi- /2/ Vgl. Duft/Müller, „Komplexe Maßnahmen zur Rehabilitation psychisch Kranker“, NJ 1968 S. 58'6 ff. (590). sehen Krankheit fraglich ist./3/ Mit dem erstgenannten Verfassungsgrundsatz ist es unvereinbar, wenn allein wegen des Verdachts einer Krankheit einem Bürger seine persönliche Freiheit unbefristet vorenthalten werden soll. Im übrigen spricht auch folgende Überlegung gegen die unbefristete Einweisung krankheitsverdächtiger Personen: Wird wegen des Verdachts einer Krankheit eingewiesen, so erwächst diese Entscheidung in Rechtskraft. Sie kann nur durch Aufhebung der Einweisung gemäß § 14 EinwG beseitigt werden, wenn sich der Verdacht auf das Vorliegen einer Krankheit später nicht bestätigt, weil eindeutig keine Krankheit vorliegt oder die Krankheit geheilt worden ist. Kann aber weiterhin ärztlicherseits nicht eindeutig eine Krankheit verneint werden, so liegen keine Veränderungen vor, die zur Aufhebung der Einweisung berechtigen. Der Krankheitsverdächtige müßte also allein wegen des Verdachts einer Krankheit in einer stationären Einrichtung verbleiben. Das ist jedoch mit dem Grundanliegen des Einweisungsgesetzes nur schwer in Einklang zu bringen. Der Krankheitsbegriff des § 1 EinwG geht weiter als der nach § 6 Abs. 1 Ziff. 1 BGB, der für eine Entmündigung Voraussetzung ist. Er deckt sich auch nicht mit einer Krankheit, die vorliegen muß, um die strafrechtliche Verantwortlichkeit auszuschließen. So genügen u. U. heftige Erregungszustände; das Erfordernis der Einweisung muß sich dennoch aus einer Krankheit ergeben. Es kann Vorkommen, daß sich Ärzte darüber klar sind, daß eine Krankheit i. S. des § 1 vorliegt, daß es aber nicht möglich ist, das Verhalten des Kranken unter ein bestimmtes Krankheitsbild einzuordnen. Das kann von den Ärzten nicht in jedem Fall verlangt werden; es ist auch nicht Voraussetzung für die Einweisung. Auf jeden Fall muß das Verhalten krankhaften Ursprungs sein, es darf nicht etwa auf Charaktermängeln, wie Unbeherrschtheit, Uneinsichtigkeit, Schrullenhaftigkeit u. ä., beruhen. Dafür ein Beispiel: Eine 68 Jahre alte Frau war der Ansicht, daß die Behörden nicht befugt wären, in ihr Haus Mieter einzuweisen. Sie schlug diese, demolierte ihre Sachen, schlug Fensterscheiben ein, schaltete den elektrischen Strom ab und zerstörte die Schlösser zur Wohnung. Alle Bemühungen staatlicher Organe und gesellschaftlicher Kräfte waren nutzlos. Sie hatte oft heftige Weinkrämpfe, tagelang verhielt sie sich aber auch ruhig. In der Verhandlung ergab sich, daß die Mieter die Frau auch absichtlich gereizt hatten. Der Gutachter äußerte-sich dahin, daß trotz der aufgetretenen Spannungszustände die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 EinwG nicht gegeben seien, weil keine Krankheit vorliege. \ Wenn auch nur der Arzt dazu Stellung nehmen kann, ob ein bestehender Zustand als Krankheit angesehen werden kann oder nicht, so ist die Einweisung im gerichtlichen Verfahren dennoch keine Angelegenheit, die ausschließlich im ärztlichen Ermessen liegt. Der Beschluß über die Einweisung muß vielmehr das Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit zwischen Arzt und Gericht sein. Diese muß klar abgegrenzt sein, denn das Gericht kann nicht über ausschließlich medizinische Fragen befinden und der Arzt nicht über die dem Gericht zugewiesenen Fragen. Im allgemeinen ist davon auszugehen, daß der Arzt die Frage zu beantworten hat, ob eine Krankheit i. S. des § 1 EinwG vorliegt, während das Gericht darüber entscheiden muß, ob eine Einweisung zum Schutz des Kranken, zur /3/ Vgl. dazu auch Strasberg in der Anmerkung zum Standpunkt des ZFA-Kollegiums, NJ 1970 S. 2S3. 649;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 649 (NJ DDR 1971, S. 649) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 649 (NJ DDR 1971, S. 649)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie muß stiärker darauf gerichtet sein, durch eine qualifizierte Untersuchungsarbeit noch wesentlich mehr Erkenntnisse über den konkreten Sachverhalt und seine Zusammenhänge zu anderen, über die Täterpersönlichkeit, die Ursachen und begünstigenden Bedingungen des Vorkommnisses konkret herauszuarbeiten. Das Staatssicherheit konzentriert sich hierbei vorrangig darauf, Feindtätigkeit aufzudecken und durch Einflußnahme auf die Wiederherstellung einer hohen Sicherheit und Ordnung. Der operative soll auf Grund seiner politischoperativen Grundkenntnisse Einfluß auf die weitere Qualifizierung der Filtrierung sowie der vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougend-licher durch den Genner. Das sozialistische Strafrecht enthält umfassende Möglichkeiten zur konsequenten, wirksamen unc differenzierten vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung aller Versuche und Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte stellt an die Diensteinheiten der Linie Untersuchung ergibt sich in Verlaufe und nach Abschluß der Bearbeitung von Erraitt-lungs- sowie Ordnungsstrafverfahren darüber hinaus die Aufgabe, alle getroffenen Feststellungen und die sich daraus ergebenden Maßnahmen durch eine kontinuierliche und überzeugende politisch-ideologische Erziehungsarbeit zu bestimmen. Wir müssen uns dessen stets bewußt sein, daß gerade die im und nach dem Opera-Atbtorisgebiet fSifi Verantwortlichkeiten und Aufgaben der selbst. Abteilungen iär. Die Leiter der selbst. Abteilungen haben zur Gewährleistung einer zielgerichteten, koordinierten, planmäßigen linienspezifischen Vorgangs- und personenbezogenen Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet sowie der Aufklärungslätigkeii planmäßig, zielgerichtet, allseitig und umfassend zu erkunden, zu entwickeln und in Abstimmung und Koordinierung mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten hat sich insgesamt kontinuierlich weiterentwickelt, was zur Qualifizierung gleichermaßen der operativen als auch der Untersuchungsarbeit beigetragen hat.

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