Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 610

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 610 (NJ DDR 1971, S. 610); Bereitschaft der Ehegatten zu wecken, die eheliche Harmonie wiederherzustellen. Ob das in geeigneten Fällen gelingt, hängt jedoch wesentlich von der Qualität der Entscheidung über die Aussetzung, ihrer Begründung und von den Hinweisen des Gerichts ab, wie die Parteien wieder zueinander finden können. Deshalb muß der Aussetzung des Verfahrens in der Arbeit der Gerichte besondere Aufmerksamkeit zugewandt werden. Je gründlicher sich das Gericht einen Überblick über die eheliche Konfliktsituation verschafft und die Ursachen des Konflikts feststellt, je konkreter die Empfehlungen zu dessen Überwindung sind und je differenzierter die Einbeziehung gesellschaftlicher und anderer Kräfte dabei ist, desto größer sind die Aussichten, die Ehe zu erhalten. Im folgenden soll über einige Ergebnisse von Untersuchungen berichtet werden, die zur Praxis der Aussetzung von Eheverfahren bei Gerichten des Bezirks Potsdam geführt wurden. Zu den Voraussetzungen für die Anordnung einer Aussetzung Die bei diesen Untersuchungen gesammelten Erfahrungen beziehen sich vor allem auf die Verantwortung des Gerichts sowie auf die Grenzen seiner Möglichkeiten bei der Aussetzung des Verfahrens und auf die Anforderungen, die an die Ehegatten zur Überwindung des Konflikts gestellt werden können. Sie bestätigen zugleich, daß die Aussetzung des Verfahrens die zweckmäßigste Form ist, auch noch bei ernsthaft gestörten Ehen eine Aussöhnung zu erreichen. Die Aussetzung des Verfahrens kann angeordnet werden, wenn begründete Aussicht auf Aussöhnung der Ehegatten besteht, sofern nicht die klagende Partei schon zur Klagerücknahme bereit ist oder die Klage wegen Fehlens ernsthafter Gründe für eine Scheidung abzuweisen wäre. Die Aussicht auf Aussöhnung muß auf objektiven Gründen beruhen. Allein die einseitige Bereitschaft einer Partei, die Ehe weiterführen zu wollen, rechtfertigt eine Aussetzung noch nicht. Die Prüfung, ob die Aussicht auf Aussöhnung begründet ist, hat von den durch die sozialistische Gesellschaft gesetzten Maßstäben für die Pflichten der Ehegatten und ihre Verantwortung füreinander und gegenüber ihren minderjährigen Kindern auszugehen. Dabei ist auch der Grundsatz zu beachten, daß Ehegatten ggf. auch die eigenen Interessen hinter die Belange der Familie zurückzustellen haben./2/ Es kommt in erster Linie darauf an, die Parteien dazu zu bringen, ihre mit der Eheschließung übernommenen Pflichten zu erkennen und in ihnen die Bereitschaft zu wecken, an der Überwinddung des bestehenden Konflikts mitzuwirken. Voraussetzung dafür ist, daß das Gericht sich einen gründlichen Überblick über die eheliche Situation, den entstandenen Konflikt und seine Ursachen verschafft. Einen solchen Überblick wird das Gericht in der Regel durch die Aussprache mit den Parteien in der Aussöhnungsverhandlung gewinnen können. Ist das nicht möglich, muß sich das Gericht im 'Ausnahmefall in einer Beweisaufnahme ein Bild darüber verschaffen, ob die Voraussetzungen für eine Aussetzung gegeben sind. Eine objektiv begründete Aussicht auf Aussöhnung liegt dann vor, wenn zwar ernsthafte Gründe zur Scheidung vorzuliegen scheinen, die bereits Zerrüttungserscheinungen hervorgerufen haben, jedoch objektive Umstände darauf hindeuten, daß bei Beseitigung der Ursachen für die Störung der Ehe eine Versöhnung 12: Vgl. dazu Grandke/Rleger, „Zu den Aufgaben der Gerichte in Eheverfahren“, NJ 1970 S. 67 ff., und Rohde, „Erhaltung von Ehen im Interesse der Kinder“, NJ 1970 S. 319 ff. 610 der Ehegatten möglich ist. Die Ehe darf also bei der Aussetzung des Verfahrens noch nicht völlig inhaltslos geworden sein. Ein Mindestmaß an inneren Bindungen muß zwischen den Ehegatten noch bestehen. Solche inneren Bindungen können z. B. durch die gemeinsame Verantwortung für die Erziehung der Kinder in der Familie noch gegeben sein. In dem nicht selten anzutreffenden Bemühen beider Elternteile, das Erziehungsrecht für die Kinder übertragen zu bekommen, kommt in der Regel zum Ausdruck, daß das Wohl der Kinder beiden Parteien am Herzen liegt./3/ Als angebracht hat sich eine Aussetzung des Verfahrens auch dann erwiesen, wenn die Ehefrau schwanger ist. Die damit gegebene neue Situation in der Familie ist in der Regel nicht ohne Einfluß auf die Verantwortung der Ehegatten gegenüber ihren gesamten Ehepflichten und kann durchaus zu einer Annäherung der Parteien führen. Die Aussetzung des Verfahrens ist auch dann geboten, wenn beide Parteien zwar versöhnungsbereit sind, die Klage aber nicht zurückgenommen wird, weil die verklagte Partei in der Vergangenheit wiederholt Versprechungen, sich bessern zu wollen, nicht eingehalten hat und die klagende Partei nunmehr Gewißheit über die Ernsthaftigkeit erneuter derartiger Versicherungen erlangen will. Wiederholte Tätlichkeiten und Alkoholmißbrauch schaffen des öfteren solche Bedingungen. So hatte eine Ehefrau bereits viermal die Scheidungsklage erhoben, weil der Ehemann übermäßig dem Alkohol zusprach und ständig die Arbeitsstellen wechselte. Er war zwar nicht bereit, sich einer Entziehungskur zu unterziehen, versprach jedoch ständig, dem Alköhol zu entsagen. Die Ehefrau glaubte seinen Versprechungen und. beantragte die Aussetzung des Verfahrens. Dem Kreisgericht schien dagegen in Anbetracht der gefährdeten Erziehung und Entwicklung der Kinder in deren Interesse eine Scheidung der Ehe geboten. Dieser Auffassung des Kreisgerichts ist u. E. nicht zu folgen, da in erster Linie dem Willen der Parteien, die Ehe zu erhalten, Rechnung zu tragen ist. Zum anderen ergibt sich hier wie auch in allen anderen ähnlichen Fällen die Frage, ob alle gesellschaftlichen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um der Familie zu helfen. Die doch offenbar noch vorhandenen inneren Bindungen zwischen den Parteien erfordern im besonderen Maße die Einflußnahme gesellschaftlicher Kräfte auf den Ehemann und die Schaffung solcher Bedingungen, die ihm sein Besserungsvorhaben erleichtern. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Aussetzung des Ehescheidungsverfahrens sind insbesondere dann günstig, wenn beide Ehegatten zur Entstehung eines behebbaren Konflikts beigetragen haben und offensichtlich ist, daß sie sich bisher noch nicht ausreichend um die Beseitigung desselben bemühten. In diesen Fällen müssen ihnen nicht nur die Ursachen des ehelichen Konflikts gezeigt werden, sondern vor allem auch die Wege zu dessen Behebung, um so ihre Bereitschaft zur Überwindung der Störfaktoren zu wecken. Das trifft auch bei Fehlverhalten eines Ehegatten zu, das nicht so schwerwiegend ist, daß es nach gesellschaftlichen Maßstäben die Fortsetzung der Ehe für den anderen unzumutbar erscheinen läßt. Haben subjektive Gründe zu der ehelichen Konfliktsituation geführt, so ist eine Aussetzung nur dann erfolgversprechend, wenn sich diese Gründe von außen beeinflussen lassen. Das ist z. B. dann nicht der Fall, wenn erhebliche charakterliche Widersprüche zwischen den Ehegatten ein Zusammenleben unmöglich machen. ,/3/ Vgl. „Über die erzieherische Tätigkeit der Gerichte tn Ehesachen“, NJ 1970 S. 330 ff. (331).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 610 (NJ DDR 1971, S. 610) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 610 (NJ DDR 1971, S. 610)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei anhaltend extremen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach Konsultation mit dem Untersuchungsorgan nach den Grundsätzen dieser Anweisung Weisungen über die Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit aller Maßnahmen des Untersuchunqshaftvollzuqes Staatssicherheit erreicht werde. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten der Linie mit der Deutschen Volkspolizei hat in Übereinstimmung mit der Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit zu erfolgen. Bezogen auf die Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein.

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