Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 587

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 587 (NJ DDR 1971, S. 587); in der Alternative der körperlichen Mißhandlung erfordert ein rohes und brutales Vorgehen, durch das eine erhebliche Störung des körperlichen Wohlbefindens des Opfers hervorgerufen wird. Schläge auf den Kopf und ins Gesicht, die einen starken Druckschmerz (z. B. am Jochbein oder am Nasenbein) zur Folge haben, stellen sich als eine solche körperliche Mißhandlung i. S. des § 115 StGB dar. OG, Urt. vom 6. Juli 1971 - 3 Zst 14/71. Der Angeklagte lernte die Zeugin in einer Nachtbar kennen und tanzte wiederholt mit ihr. Nach Mitternacht begleitete er sie nach Hause. Dabei küßte er sie mehrmals, zum Teil ohne ihr Einverständnis. Vor ihrem Haus verabschiedete sich die Zeugin. Als sie den Hausflur betreten hatte, schlüpfte der Angeklagte hinter ihr ins Haus, umarmte und küßte sie und begann ihren Rock hochzuziehen. Den Kuß betrachtete die Zeugin noch als Abschied, wehrte sich aber sofort gegen die Manipulationen an ihrer Kleidung und versuchte, sich aus der Umklammerung zu befreien und den Angeklagten wegzustoßen. Das gelang ihr nicht; der Angeklagte riß ihr vielmehr die Strumpfhose und die Schlüpfer bis zu den Knien herab und griff ihr an das unbedeckte Geschlechtsteil. Die Zeugin bezeichnete daraufhin den Angeklagten als „Schwein“. Bei dem Widerstand gegen diese Handlungen kam sie zu Fall. Da der Angeklagte sie dabei nicht losließ, fiel er ebenfalls zu Boden und fügte der Zeugin Schmerzen im Leib zu. Als sie sich aufrichten wollte, verhinderte dies der Angeklagte, klemmte sein Knie zwischen ihre Schenkel und faßte ihr erneut an das Geschlechtsteil. Die Hilferufe der Zeugin unterband der Angeklagte durch Zuhalten ihres Mundes. Dabei biß die Zeugin den Angeklagten in die Hand, der daraufhin aufstand und ihr nach den Worten „erst machst Du mich verrückt, und dann “ mehrmals mit der Hand ins Gesicht und mit der Faust auf den Kopf schlug. Danach verließ er fluchtartig das Haus. Die Zeugin hatte Blutergüsse im Steißbeinbereich und am rechten Sprunggelenk sowie Schwellungen mit starken Druckschmerzen am Jochbein und am Nasenbein. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit Nötigung zu sexuellen Handlungen und vorsätzlicher Körperverletzung. Auf die Berufung des Angeklagten hob das Bezirksgericht das Urteil des Kreisgerichts im Schuld- und Strafausspruch auf. Es verneinte auf der Grundlage der erhobenen Beweise das Vorliegen einer vom Angeklagten begangenen versuchten Vergewaltigung (§§ 121, 21 Abs. 3 StGB) sowie einer vorsätzlichen Körperverletzung (§ 115 StGB) und wies deshalb die Sache an das Kreisgericht mit der Weisung zurück, den Angeklagten wegen Nötigung zu sexuellen Handlungen und Beleidigung (Vergehen nach den §§ 122, 137, 139 Abs. 2 StGB) zu verurteilen. Gegen dieses Urteil des Bezirksgerichts richtet sich der zuungunsten des Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hebt in seiner Entscheidung hervor, daß hinsichtlich des objektiven Geschehensablaufs zwischen den Einlassungen des Angeklagten und den Aussagen der Zeugin keine Widersprüche bestünden. Wohl aber stimme die subjektive Bewertung der Handlungsweise des Angeklagten durch die Geschädigte nicht mit dessen „angegebener Zielstellung seiner Handlung“ überein, so daß die Einschätzung der Zeugin nicht als Beweisgrundlage dienen könne. Wenn dem insoweit auch hinsichtlich einiger im kreisgerichtlichen Urteil enthaltenen Feststellungen beizupflichten ist, so kann indes den hieraus gezogenen weiteren Folgerungen nicht zugestimmt werden, daß die Würdigung der einzelnen Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt „nach den Grundsätzen der Beweisregeln vorzu- nehmen“ sei und daß „unter Beachtung der gesamten Tatsituation“ für die Annahme des Angeklagten, die Zeugin würde beim ersten Berühren ihres Geschlechtsteils zur freiwilligen Gewährung des Geschlechtsverkehrs bereit sein, „die Lebenserfahrung spreche“. Mit diesen Aussagen hat das Bezirksgericht selbst in erheblichem Maße die Prinzipien der Wahrheitserforschung im sozialistischen Strafprozeß verletzt, nicht nur, weil unklar bleibt, was unter „Beweisregeln“ verstanden werden soll, sondern vor allem, weil es eindeutig festgestellte objektive Fakten ignoriert, nicht in ihrem allseitigen Zusammenhang bewertet und so im Ergebnis statt dessen mit der „Lebenserfahrung“ argumentiert. Wie einseitig das Bezirksgericht hierbei in erster Linie den Angaben des Angeklagten zu folgen bereit ist, zeigt sich z. B. darin, daß dieser noch in der Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht eingeräumt hatte „Die Zeitperiode, als ich am Boden lag, dauerte länger, als die, wo wir standen“, während er in der Rechtsmittelverhandlung demgegenüber das völlige Gegenteil behauptete, ohne daß erkennbar wird, inwieweit sich das Bezirksgericht mit diesem bedeutsamen Widerspruch auseinandergesetzt hat. Wenn es demnach auch zutreffend war, das Kreisgericht wegen seiner Beweiswürdigung insoweit zu rügen, als es die unterschiedliche Darstellung des Angeklagten und der Zeugin nicht einer zusammenhängenden Betrachtung unterzogen hat, so war es andererseits jedoch ebensowenig gerechtfertigt, nur einseitig den Angaben des Angeklagten zu folgen und dessen Einlassungen von den auch nach Auffassung des Bezirksgerichts zweifelsfrei festgestellten objektiven Tatumständen zu abstrahieren. Hierin liegt die eigentliche an der Arbeitsweise des Bezirksgerichts zu übende Kritik. Es hat das Tatgeschehen, wie es sich im einzelnen objektiviert hat und festgestellt worden ist, nicht nach den ethischen Prinzipien und politisch-moralischen Maßstäben der Arbeiterklasse über das Zusammenleben von Mann und Frau in der sozialistischen Gesellschaft beurteilt. Damit aber läßt das Urteil des Bezirksgerichts den erforderlichen Schutz unserer Frauen und Mädchen gegen Handlungen, die eine schwere Mißachtung ihrer Persönlichkeit und Würde und ihrer Rechte auf freie Wahl eines Partners in der sozialistischen Gesellschaft darstellen, vermissen und räumt dem Mann in der Sexualsphäre eine bevorzugte Stellung gegenüber der Frau ein. Das ergibt sich im einzelnen aus folgendem: Nach Auffassung des Bezirksgerichts habe der Angeklagte zwar mit der Zeugin geschlechtlich verkehren, jedoch habe er dieses Ziel nicht mit Gewaltanwendung erreichen wollen. Insoweit könnten ihm seine Einlassungen, er habe das anfängliche Sträuben der Zeugin im Hausflur nur als bloßes Zieren angesehen, nicht widerlegt werden, zumal infolge des vorangegangenen Zusammenseins und ihrer Bereitschaft, sich von ihm nach Hause bringen und küssen zu lassen, seine aus der Lebenserfahrung abzuleitende Annahme nicht unberechtigt gewesen sei, daß sich die Zeugin nach anfänglichem Sträuben doch freiwillig zur Gewährung des Geschlechtsverkehrs bereitfinden würde. Gegen eine Vergewaltigungsabsicht spreche aber weiter auch die Tatsache, daß der Angeklagte dann, als er mit der Zeugin hingefallen war und nun zweifelsfrei hier einen energischen Widerstand feststellen mußte, nicht weiter in sexueller Hinsicht auf sie eingedrungen sei, sondern sofort von ihr abgelassen und ihr nur aus Verärgerung hierüber dann noch zweimal mit der Hand ins Gesicht geschlagen habe. Dem stehen folgende Tatsachen entgegen: 1. Der Umstand, daß die Zeugin den Angeklagten zu 587;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 587 (NJ DDR 1971, S. 587) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 587 (NJ DDR 1971, S. 587)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuehungshaft nicht erfüllt. Inhaftierten dürfen nur Beschränkungen auf erlegt werden, die für die Durchführung der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem weitere Möglichkeiten der Herstellung von Verbindungen und Kontakten mit feindlicher Zielstellung zwischen Kräften des Westens, Bürgern und Bürgern sozialistischer Staaten sowohl auf dem Gebiet der analytischen Arbeit müssen die Leiter und die mittleren leitenden Kader wesentlich stärker wirksam werden und die operativen Mitarbeiter zielgerichteter qualifizieren.

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