Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 545

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 545 (NJ DDR 1971, S. 545); stellungsbereiche, die bisher noch ungenügend erforscht und berücksichtigt werden. Die genannten Einstellungsbereiche haben durchweg Bezug zu den entwicklungspsychologischen Besonderheiten des Jugendalters/6/ und dürften für die adäquate Beurteilung des kriminellen Handelns wie auch für die Maßnahmefindung und erzieherische Einflußnahme wichtig sein. Andererseits ist damit nur ein Ausschnitt wichtiger Einstellungsbereiche berührt. Andere Untersuchungen können zu weiteren zentralen Eigenschaften führen. Vergleich zwischen Ersttätern und Rückfalltätern Bei der Unterteilung in Erst- und Rückfalltäter ist zunächst interessant, daß rein quantitative Ausprägungsunterschiede in den einzelnen untersuchten Einstellungsbereichen nicht im Vordergrund standen. Lediglich die Einstellung zu kriminellen Handlungen und die unkritische Risikohaltung waren bei Rückfalltätern negativer ausgeprägt. Dieser Befund, der eine Fortsetzung der oben beschriebenen Zusammenhänge darstellt, unterstreicht allerdings die erhöhte Bedeutsamkeit der Zusammenhänge solcher normrelevanter Einstellungsbereiche und der Entscheidungsstrategie bei Rückfalltätern. Die Tatsache, daß in den übrigen Einstellungsbereichen keine deutlichen Unterschiede vorhanden waren, weist darauf hin, daß Rückfälligkeit nicht allein durch das Ausmaß einzelner negativer Einstellungen erklärt werden kann. Für die Analyse des Einzelfalles im Strafverfahren bedeutet das, daß wir nicht in jedem Fall mit augenscheinlich negativeren Persönlichkeitseigenschaften rechnen können und daß die isolierte Betrachtung einzelner Eigenschaften der differenzierten Beurteilung abträglich ist. Das geht besonders daraus hervor, daß bei Beachtung der Be Ziehung en zwischen den einzelnen Einstellungsbereichen und ihrer Verknüpfungen zu Milieubedingungen und zu Merkmalen der Tatbegehung/7/ doch wesentliche Unterschiede in der Determination der Erst- und der Rückfallkriminalität feststellbar waren. Diese Unterschiede zeigten sich in mehrdimensionaler Betrachtungsweise auch beim Vergleich der Merkmale des Einstellungssystems in beiden Tätergruppen. Das soll an einigen Beispielen gezeigt werden, die zugleich Anhaltspunkte für die praktische Persönlichkeitsanalyse im Strafverfahren sein können. So stehen bei den Ersttätern Varianten des Selbstwerterlebens im Vordergrund, die bei Rückfalltätern nicht in Erscheinung treten. Einerseits spielt unkritisch überhobenes Selbstwertgefühl mit aggressiver Note eine Rolle, zum anderen steht labiles, unsicheres Selbstwert-erleben im Vordergrund. Beide Möglichkeiten sind als Verhaltenstendenzen jugendlicher Straftäter bekannt. Wichtig ist aber, daß sie bei Ersttätern relativ isoliert auf treten und damit auch isoliert beeinflußbar sind. Bei Rückfalltätern sind jedoch Komplikationen des Selbstwerterlebens eng mit anderen Persönlichkeitseigenschaften verknüpft. Zunächst treten sie gemeinsam mit negativen Ausprägungen in anderen Einstellungsbereichen auf, z. B. mit negativer weltanschaulicher Haltung, mit Fehleinstellung zu kriminellen Handlungen, mit Unzufriedenheit mit dem eigenen sozialen Status. Aus jeder dieser Beziehungen ließe sich eine Reihe Schlußfolgerungen für die Vernehmung und Persönlichkeitsanalyse solcher Täter ableiten. Hier kann nur die umfassende Schlußfolgerung genannt werden, /6/ Zu den entwieklungspsychologischen Besonderheiten des Jugendalters vgl. insbesondere Friedrich, Jugend heute, Berlin 1966; Kossakowki, Zur Psychologie der Schuljugend, Berlin 1969“ Dettenbom/Fröhlich, Psychologische Probleme der Täterpersönlichkeit, Berlin 1971. m Diese Beziehungen wurden in der Untersuchung durch Korrelations- und Faktorenanalysen ermittelt. daß Verschiebungen im Selbstwerterleben bei Rückfalltätern mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht isoliert beeinflußbar, sondern Bestandteil komplexer Mängel im Einstellungssystem sind. Diese Feststellung und ihre Bedeutung für die kriminelle Handlung selbst wird gestützt durch die wechselseitige Verknüpfung der Selbstwertproblematik mit der Tatmotivation bei Rückfalltätern. Durch Aktenanalyse wurde in grob vereinfachender Weise in aktuelle (zeitlich begrenzte) und habituelle (verfestigte) Motivation unterschieden. Aktuell bedingte Motivation wurde registriert, wenn tatsituative Momente wie grobe Demütigung, affektive Reizung, starker Gruppeneinfluß usw. bei der Entscheidung zum kriminellen Handeln eine dominierende Rolle spielten. In die Kategorie der habituellen Motivation wurde ein Jugendlicher eingeordnet, wenn keine Informationen über deutliche tatsituative Momente vorlagen/8/. Trotz der Vereinfachung ein Kontinuum (etwa lückenlos Zusammenhängendes) wird alternativ kategorisiert ergaben sich einige Befunde, die' diese Methode recht-fertigen. So zeigte sich bei Ersttätern eindeutig häufiger aktuell bedingte Tatmotivation, bei Rückfalltätern häufiger habituell bedingte Tatmotivation. Darüber hinaus ist die habituelle Tatmotivation bei Rückfalltätern eng verknüpft mit negativen Einstellungen in fast allen Bereichen, mit groben Verhaltensauffälligkeiten bereits im Kindesalter und mit Mängeln im Elternhaus. Diese Beziehungen zwischen negativem Einstellungssystem und verfestigter Tatmotivation zeigen sich bei Ersttätem nicht, woraus sich unterschiedliche Konsequenzen für die Strategie der Verhandlungsführung und für die pädagogische Einwirkung ergeben. Schließlich ist noch interessant, daß Selbstwertprobleme bei Rückfalltätern zusammen mit Merkmalen der Minderleistung, wie vorzeitige Ausschulung und Minderintelligenz (unterschiedliche Leistungen in der Intelligenzuntersuchung), auftreten. Audi bei Ersttätern findet sich eine wechselseitige Verknüpfung mit vorzeitiger Ausschulung. Hier zeigt sich die kriminologische Bedeutung einer individuell angepaßten Schulbildung und die Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten im Ausbildungsgang (wie Sitzenbleiben, vorzeitige Ausschulung, Lehrabbruch usw.). Andererseits wird die Notwendigkeit selbstwertstabilisierender Maßnahmen deutlich, die freilich bei Rückfalltätern nicht isoliert, sondern im Komplex der Einflußnahme auf das Einstellungssystem erfolgen müssen. Eine Folge der größeren Bedeutung isolierter Selbstwertprobleme und Statusunzufriedenheit bei Ersttätern ist die Tatsache, daß die tatsituative Wirkung des Gruppeneinflusses in den Vordergrund tritt. Auf Grund der Selbstwertlabilität spielt der „Sog der Gruppentatsituation“ /9/ eine größere Rolle; solche Jugendliche sind suggestibler für Gruppeneinflüsse, die zum Teil ihren affektiven Bedürfnissen entgegenkommen und selbstwertstärkende Wirkung auf gesellschaftlich unerwünschten Wegen haben können. So ist z. B. bei Ersttätern die Gruppentäterschaft verknüpft mit unauffälliger Kindheit und sozialbetonter Tatmotivation. Unter sozialbetonter Motivation wurden besonders Prestige- und Geltungsstreben, aber auch Rache, Mitleid, Neid, Eifersucht, affektive Spannungen usw. gezählt. Im Gegensatz dazu wurden unter sachbetonter Motivation Bereicherungsstreben, Genußstreben, Lei- 18/ Damit soll selbstverständlich nicht gesagt werden, daß nicht auch beim Vorherrschen verfestigter Eigenschaften in der Tatmotivation aktuelle tatmotivierende psychische Prozesse ablaufen. Habituelle Dispositionen erhalten durch situationsgebundene Aktualisierung den Status von Tatmotiven. Nähere Erläuterung dieses Merkmals bei Dettenborn, a. a. O, S. 71. 191 Vgl. Geister/Amboß, „Aufklärung und Beurteilung der Gruppenkriminalität Jugendlicher“, NJ 1967 S. 466. 545;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 545 (NJ DDR 1971, S. 545) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 545 (NJ DDR 1971, S. 545)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die ordnungsgemäße Durchführung der gerichtlichen HauptVerhandlung auszuschließen und deren Beeinträchtigung weitgehend zu begrenzen. Die Rechte der Inhaftierten sind zu respektieren. Darunter ist insbesondere das Recht auf Verteidigung des Angeklagten zu gewährleisten. Durch eine vorausschauende, vorbeugende, politisch-operative Arbeit ist zu verhindern, daß feindliche Kräfte Inhaftierte gewaltsam befreien, sie zu Falschaussagen veranlassen können oder anderweitig die Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung zu gewährleisten. Festlegungen über die Zusammensetzung des Vorführ- und Transportkommandos. Die Zusammensetzung des Transportkommandos hat unter Anwendung der im Vortrag. Zu einigen wesentlichen Aufgabenstellungen bei der Sicherung der Transporte und der gerichtlichen Haupt Verhandlungen darzustellen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen verallgemeinert und richtungsweisende Schlußfolgerungen für die Erhöhung der Qualität und Effektivität der Aufgabenerfüllung im Bereich Transporte der Linie haben., Zum Erfordernis der Koordinierung bei Transporten unter dem G-aalohtspunkt der Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verantwortlich. Dazu haben sie insbesondere zu gewährleisten: die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aufnahme von Personen in die Untersuchungshaftanstalt zun Zwecke der Besuchsdurchführung mit Verhafteten. der gesamte Personen- und Fahrzeugverkehr am Objekt der Unter-suchungsiiaftanstalt auf Grund der Infrastruktur des Territoriums sind auf der Grundlage der in den dienstlichen Bestimmungen für die und Bezirks Koordinierungsgruppen enthaltenen Arbeits grundsätzen von den Leitern der Bezirksverwaltun-gen Verwaltungen festzulegen. Die detaillierte Ausgestaltung der informationeilen Prozesse im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens recht-fertigen und notwendig machen, zu bestimmen. Diese Ausgangsinformationen werden im folgenden als Verdachtshinweise gekennzeichnet. Verdachtshinweise sind die den Strafverfolgungsorganen bekanntgewordenen.

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