Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 460

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 460 (NJ DDR 1971, S. 460); Den vorgenannten Anforderungen ist das Kreisgericht nicht gerecht geworden. Es hat zunächst nicht beachtet, daß in dem vom Staatsanwalt schriftlich gestellten Antrag auf Verhandlung im beschleunigten Verfahren lediglich ausgeführt wird: „Der Beschuldigte ist hinreichend verdächtig, sich eines Diebstahls gemäß §§ 177 Abs. 1, 180 StGB schuldig gemacht zu haben.“ Es fehlen jedoch jegliche Angaben darüber, durch welches Verhalten des Beschuldigten ein solcher Verdacht begründet ist. Nach den Grundsätzen des sozialistischen Strafverfahrens wird ein gerichtliches Strafverfahren nur auf Initiative des Staatsanwalts als des hierzu berufenen staatlichen Anklägers eingeleitet. Allein der Staatsanwalt bestimmt auch in tatsächlicher Hinsicht den Gegenstand des Strafverfahrens (vgl. u. a. § 21 StAG, §§ 13 Abs. 2, 154, 187 Abs. 1, 241 Abs. 2 StPO). Das Gericht vermag deshalb einem auf Verhandlung im beschleunigten Verfahren gerichteten Antrag des Staatsanwalts nur dann zu folgen, wenn damit zugleich auch in tatsächlicher Hinsicht der Gegenstand des beantragten Verfahrens bezeichnet wird. Das ergibt sich u. a. aus § 259 Abs. 3 Satz 2 StPO, wonach dem Beschuldigten mit der Ladung mitzuteilen ist, was ihm zur Last gelegt wird. Im Hinblick auf die in vorliegender Sache bei der Antragstellung unterlassene Bezeichnung des Gegenstandes des beantragten Verfahrens war das Kreisgericht außerstande, darüber zu befinden, ob hinreichender Tatverdacht vorlag und der Sachverhalt einfach war. Es hätte schon aus diesen Gründen unmittelbar nach Eingang des Antrages des Staatsanwalts gemäß § 260 Abs. 1 StPO von der Verhandlung im beschleunigten Verfahren durch begründeten Beschluß Abstand nehmen müssen. Für eine solche Entscheidung bestand um so mehr Veranlassung, als das Ermittlungsergebnis ergab, daß gegen den Angeklagten außer zu den Handlungen, die schließlich Gegenstand der in der Hauptverhandlung mündlich erhobenen Anklage und damit der Urteilsfindung wurden, weitere Ermittlungen hinsichtlich eines anderen selbständigen Handlungskomplexes geführt worden waren, denen der Verdacht zugrunde lag, der Angeklagte habe Anfang Oktober 1970 einen Anorak entwendet. Die vom Kreisgericht unterlassene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen führte dazu, daß der Angeklagte in unzulässiger Weise in der Hauptverhandlung zu einem Verhalten, das nicht Gegenstand der Anklage war, vernommen wurde und daß hierzu zwei Zeugen geladen und in der Hauptverhandlung vernommen wurden. Damit wurde zugleich dem im beschleunigten Verfahren besonders im Vordergrund stehenden Grundsatz der Konzentration des Verfahrens zuwidergehandelt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die mit dem beschleunigten Verfahren verbundene Zielsetzung in vorliegender Sache auch deshalb in Frage gestellt wurde, weil die Hauptverhandlung nach dem am 24. November 1970 eingegangenen Antrag des Staatsanwalts erst am 2. Dezember 1970 durchgefülhrt wurde. Das Kreisgericht hat es auch unterlassen, die nach dem Gesetz mit der Ladung des Angeklagten gebotenen Informationen und Hinweise in ausreichendem Maße zu vermitteln, und dadurch das Recht auf Verteidigung (§ 61 StPO) verletzt. Nach § 259 Abs. 3 Satz 2 StPO hätte es dem Beschuldigten, der nicht auf die Ladung verzichtet hat und auch nicht vorgeführt wurde, mit der Ladung mitteilen müssen, was ihm zur Last gelegt wird (wird ausgeführt). Das Kreisgericht hat es auch verabsäumt, dem Ange- klagten mit der Ladung mitzuteilen, wer als Zeuge und Kollektivvertreter zur Hauptverhandlung geladen wurde (§ 202 Abs. 1 StPO) und daß er das Recht hat, eigene Beweisanträge zu stellen (§ 206 Abs. 1 StPO). Die vorgenannten Verletzungen der Vorschriften über das Recht auf Verteidigung führten gemäß § 300 Ziff. 5 StPO zwingend zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache. Für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens sind die Grundsätze, die im Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 30. September 1970 (NJ-Beilage 5/70) niedergelegt wurden, entsprechend anzuwenden. Auch im beschleunigten Verfahren darf also nicht darauf verzichtet werden, gemäß Ziff. 4.2. dieses Beschlusses die Art und Weise der Tatbegehung, die durch die Tat verursachten Folgen, die Art und Schwere der Schuld, die Persönlichkeit des Täters und die Ursachen und Bedingungen der Straftat in dem für die konkrete Entscheidung gebotenen Umfang aufzuklären und festzustellen. In dieser Hinsicht vermag die angefochtene Entscheidung' zunächst insoweit nicht zu überzeugen, als sie in ihrer Begründung bezüglich des Wertes und des Inhalts der vom Angeklagten entwendeten Aktentasche von Feststellungen ausgeht, die nicht durch das aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ersichtliche und gemäß § 254 Abs. 2 StPO als Grundlage der Beurteilung durch den Senat dienende Ergebnis der Beweisaufnahme getragen werden. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß der Angeklagte zum Wert und zum Inhalt der Aktentasche keine Angaben machen konnte, weil er sie, ohne hineingesehen zu haben, schon kurze Zeit nach der Entwendung in die Saale geworfen hatte. Der Geschädigte T., der allein darüber hätte Angaben machen können, hatte zwei Tage vor der Hauptverhandlung mitgeteilt, daß er wegen Krankheit (Lungenentzündung) der Ladung als Zeuge nicht Folge leisten konnte. Unter diesen Umständen hätte das Kreisgericht prüfen müssen, inwieweit die für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit bedeutsamen Feststellungen zum Wert und zum Inhalt der Aktentasche durch andere Beweismittel als durch die Zeugenvernehmung des Geschädigten T. hätten bewiesen werden können, ohne daß deshalb von der Durchführung der anberaumten Hauptverhandlung im beschleunigten Verfahren hätte abgesehen werden müssen. Hierbei wäre zu prüfen gewesen, inwieweit die Zeugenvernehmung des Geschädigten unter den in § 225 StPO bezeichnten Voraussetzungen durch die Verlesung des Protokolls über eine frühere Vernehmung (§ 225 Abs. 1 StPO) oder einer Aufzeichnung über anderweitige Äußerungen (§ 225 Abs. 2 StPO) des Geschädigten hätte ersetzt werden können. Das ist ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls erster Instanz jedoch nicht geschehen. Es enthält in dieser Hinsicht lediglich folgenden Text: „Der Zeuge T. stellte den Schadenersatzantrag über 70 Mark. Der Angeklagte erkennt diesen Antrag in voller Höhe an.“ Ein vom Angeklagten in der Hauptverhandlung erklärtes Anerkenntnis der Höhe des durch die Straftat verursachten Schadens, das nicht auf eigener Kenntnis der die Schadenshöhe betreffenden tatsächlichen Zusammenhänge beruht, ist als Teil eines Geständnisses jedoch nur dann geeignet, als Beweis für die im Zusammenhang mit der Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit festzustellenden Folgen der Tat herangezogen zu werden, wenn es mit den durch weitere zulässige Beweismittel vermittelten Informationen übereinstimmt und seine 460;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 460 (NJ DDR 1971, S. 460) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 460 (NJ DDR 1971, S. 460)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

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