Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 458

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 458 (NJ DDR 1971, S. 458); maßgebliche Verkehrszeichen überfährt und auch den Verkehr von rechts ignoriert. 2. Ist ein langjähriger Berufskraftfahrer bisher unfallfrei gefahren und wird er infolge einer unbewußten Pflichtverletzung erstmalig straffällig, indem er fahrlässig einen schweren Verkehrsunfall herbeiführt, so wird es selbst bei dadurch verursachten erheblichen Verletzungen eines anderen Verkehrsteilnehmers nicht erforderlich sein, eine Freiheitsstrafe auszusprechen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. OG, Urt. vom 20. Mai 1971 - 3 Zst 6/71. Das Kreisgericht hat den Angeklagten wegen Vergehens der Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls (§ 196 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis für die Dauer von einem Jahr und sechs Monaten entzogen. Die gegen dieses Urteil eingeleitete Berufung hat das Bezirksgericht durch Beschluß als offensichtlich unbegründet verworfen. Den Entscheidungen der Instanzgerichte liegen folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde: Der 35jährige Angeklagte ist seit 1958 als Kraftfahrer tätig und bisher unfallfrei gefahren. Am 22. Juli 1970 befuhr er mit einem Pkw in L. die Lange Straße in südlicher Richtung. Diese Straße ist der Kreuzstraße gegenüber untergeordnet. Ein Stoppschild verpflichtet hier zum Halten und zur Beachtung der Vorfahrt auf der Hauptstraße. Der Angeklagte nahm dieses Schild nicht wahr und stieß deshalb mit einem von rechts kommenden Motorradfahrer zusammen. Dieser erlitt dabei eine Oberschenkelfraktur, eine Gehirnerschütterung sowie Schürf- und Platzwunden und Prellungen im Gesicht. Er iwurde deshalb vom 22. Juli bis 16. August 1970 stationär im Krankenhaus behandelt und war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch arbeitsunfähig. Der Präsident des Obersten Gerichts hat zugunsten des Angeklagten die Kassation des Urteils des Kreisgerichts im Strafausspruch beantragt. Er rügt die Anwendung einer unrichtigen Strafart und den Entzug der Fahrerlaubnis. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat den Sachverhalt umfassend aufgeklärt, richtig festgestellt und rechtlich zutreffend als ein Vergehen der fahrlässigen Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls (§ 196 Abs. 1 und 2 StGB) beurteilt. Zutreffend rügt jedoch der Kassationsantrag, daß das Kreisgericht die Form der fahrlässigen Schuld des Angeklagten verkannt hat. Insoweit ist das Kreisgericht irrtümlicherweise davon ausgegangen, daß der Angeklagte die ihm als Kraftfahrer obliegenden Pflichten zur Beachtung der Verkehrszeichen und der Vorfahrtsregelung an Kreuzungen sowie seine Pflicht zur Vorsicht und Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer bewußt verletzt und damit den Verkehrsunfall fahrlässig i. S. des § 8 Abs. 1 StGB verschuldet habe. Diese rechtliche Beurteilung läßt sich auf Grund der getroffenen Feststellungen durch das Kreisgericht nicht aufrechterhalten. Vielmehr ergibt sich aus den Einlassungen des Angeklagten, daß er in L. ortsfremd war und auf Grund seiner angestrengten Überlegungen, auf welche Weise er sein Fahrtziel erreichen könnte, das maßgebliche Verkehrszeichen an der Kreuzung Lange Straße Kreuzstraße nicht wahrgenommen hat. Er war sich auch der Pflichten, die bereits mit der Einfahrt in den Kreuzungsbereich für ihn entstanden, zu diesem Zeitpunkt nicht bewußt. Das folgt u. a. auch aus der Tatsache, daß er sich überhaupt nicht nach rechts orientierte. Diese unbewußten Pflichtverletzungen sind nach § 8 Abs. 2 StGB strafrechtlich relevant, weil sie auf verantwortungsloser Gleichgültigkeit beruhen. Das ergibt sich daraus, daß der Angeklagte als Ortsfremder es an der ausreichenden Konzentration fehlen ließ, er beim Befahren eines Kreuzungsbereichs nicht genügend aufmerksam war, dabei ein Stoppzeichen überfuhr und auch den von rechts kommenden Verkehr ignorierte, was insgesamt eine die verantwortungslose Gleichgültigkeit charakterisierende zeitweilig herabgesetzte Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der konkreten Verkehrssituation offenbar werden läßt. Diese unbewußte Pflichtverletzung zwingt jedoch im konkreten Fall in Verbindung mit anderen Tatumständen nicht zum Ausspruch einer Freiheitsstrafe. Zwar kann nicht generell davon ausgegangen werden, daß ein unbewußte Verletzung von Pflichten stets geringfügiger und deshalb weniger schwerwiegend zu beurteilen ist als eine bewußte Pflichtverletzung, weil erst durch eine Würdigung aller Umstände eine richtige Beurteilung der Schwere der Tat und der Größe der Schuld des Täters vorgenommen werden kann. Bei der unbewußten Pflichtverletzung durch den Angeklagten am Tattage handelte es sich jedoch um einen einmaligen Pflichtenverstoß in seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als Kraftfahrer. Er ist ca. 680 000 km unfallfrei gefahren und wird von seiner Arbeitsstelle als ein in jeder Hinsicht umsichtiger, rücksichtsvoller und stets pflichtbewußter Fahrer eingeschätzt. Deshalb kann das erstmalige strafbare Verhalten selbst unter Berücksichtigung der dadurch hervorgerufenen erheblichen Verletzungen des Geschädigten nicht dazu führen, eine Freiheitsstrafe auszusprechen. Die Person des Angeklagten und weitere tatbezogene Umstände, wie sie sich in seiner Fahrweise als langjähriger Berufskraftfahrer offenbarten, sind demnach Faktoren, die dafür sprechen, daß künftig der Schutz anderer Verkehrsteilnehmer auch mit einer Verurteilung des Angeklagten auf Bewährung gewährleistet werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt bedurfte es auch nicht des Entzuges der Fahrerlaubnis. Diese Zusatzstrafe dient in erster Linie der Erhöhung der erzieherischen Wirkung der Hauptstrafe, wenn dies wegen des Charakters und der Schwere der konkreten Straftat und wegen der Persönlichkeit des Täters zum Schutz der Gesellschaft und zu seiner eigenen Umerziehung erforderlich ist. Aus den Ausführungen zur Begründung der Strafe ohne Freiheitsentzug ergibt sich aber, daß aus den oben genannten Kriterien eine Notwendigkeit zum Entzug der Fahrerlaubnis nicht besteht. Insoweit wird auch auf die diesbezüglichen vom Plenum des Obersten Gerichts in Ziff. 5 seines Beschlusses zu einigen Fragen der Rechtsprechung in Verkehrsstrafsachen vom 2. Juli 1969 gemachten Ausführungen verwiesen (NJ 1969 S. 463 bzw. NJ-Beilage 4/70). Danach handelt es sich ibeim Entzug der Fahrerlaubnis um eine gerichtliche Maßnahme, die von einschneidender Bedeutung für den jeweiligen Betroffenen sein kann. Darum wird in dem Beschluß darauf verwiesen, von dieser Maßnahme nur in den unumgänglich notwendigen Fällen Gebrauch zu machen. Da der Angeklagte Berufskraftfahrer ist, würde sich der Entzug der Fahrerlaubnis als ein Tätigkeitsverbot auswirken. Das ist unter Berücksichtigung aller Umstände nicht gerechtfertigt, und deshalb ist der Strafausspruch des Kreisgerichts auch im Hinblick auf die Zusatzstrafe gröblich unrichtig, zumal sonst ein großes Mißverhältnis zwischen Haupt- und Zusatzstrafe bestehen ■ würde. Da die Aufhebung des Urteils nur wegen unrichtiger 45 8;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 458 (NJ DDR 1971, S. 458) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 458 (NJ DDR 1971, S. 458)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

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