Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 433

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 433 (NJ DDR 1971, S. 433); § 24 Abs. 1 Ziff. 4 StPO als Beweismittel im Strafverfahren zugelassen. 2. Soweit Aufzeichnungen gemäß § 49 Abs. 2 StPO aus Schriftstücken bestehen, muß ihre mit § 51 Abs. 2 StPO vorgeschriebene Einbeziehung in die gerichtliche Beweisaufnahme durch Verlesung des jeweiligen Schriftstückes bzw. seiner beweiserheblichen Teile erfolgen. 3. Mit Rücksicht auf die Bedeutung gesetzlich zulässiger Verlesungen für die Beweislage im Strafprozeß und damit für dessen Ergebnis muß exakte Protokollführung über die im konkreten Verfahren durch das Gericht vorgenommenen Verlesungen verlangt werden. 4. Wird im Verlaufe der gerichtlichen Beweisaufnahme dem Angeklagten bzw. einem Zeugen, Sachverständigen oder Kollektivvertreter zum Zwecke der Aufklärung von Divergenzen in den Aussagen bzw. zur Klärung von Ursachen unterschiedlicher Aussagen oder zur Herbeiführung ergänzender Erklärungen der Inhalt früherer Vernehmungsprotokolle oder anderer Schriftstücke bzw. sonstiger Beweismaterialien vorgehalten,' so bildet nicht der Inhalt des Vorhalts den Gegenstand der Beweiserhebung, sondern allein die darauffolgende Erklärung des betreffenden Prozeßbeteiligten. OG, Urt. vom 2. April 1971 - lb Ust 1/71. Das Bezirksgericht hat den Angeklagten wegen Spionage und mehrfacher staatsfeindlicher Hetze (Verbrechen nach §§14 und 19 StEG i.V.m. §81 StGB, §§97 Abs. 2 Ziff. 1 bis 3 und 106 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 StGB) verurteilt. Die Berufung des Angeklagten führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Bezirksgericht. Aus den Gründen: Das Urteil des Bezirksgerichts konnte keinen Bestand haben, weil die ihm zugrunde liegenden Feststellungen auf Beweiserhebungen beruhen, die nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Art und Weise vorgenommen wurden. , . Da der Angeklagte die Täterschaft bestritt und weitere Beweismittel überwiegend nicht zur Verfügung standen, hat das Bezirksgericht die die Verurteilung des Angeklagten betreffenden Feststellungen fast ausschließlich auf den Inhalt bei ihm Vorgefundener Briefe gestützt, in denen auf konkrete, als geheimzuhaltende Nachrichten angesehene Mitteilungen des Angeklagten Bezug genommen worden ist, bzw. bezüglich der Hetze auf Briefe des Angeklagten an den Mitangeklagten W. Dagegen können im Grunde rechtliche Bedenken nicht erhoben werden. Bei diesen Briefen handelt es sich um als Aufzeichnungen i. S. von § 49 Abs. 2 StPO anzusehende Schriftstücke, die mit der Vorschrift des § 24 Abs. 1 Ziff. 4 StPO ausdrücklich als Beweismittel im Strafverfahren zugelassen sind. Voraussetzung ist allerdings ihre ordnungsgemäße Einbeziehung in die gerichtliche Beweisaufnahme, die gemäß § 51 Abs. 2 StPO und nach Ziff. 5.4. des Beschlusses des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 30. September 1970 (NJ-Beilage 5/70) im Wege der Verlesung hätte erfolgen müssen. Das hat das Bezirksgericht nach dem Inhalt des für den Gang der Hauptverhandlung allein beweiskräftigen Hauptverhandlungsprotokolls nicht getan. Es hat die in Frage kommenden Schriftstücke vielmehr lediglich zum Teil unter Hinweis auf den die Vernehmung des Angeklagten bzw. die Verlesung von Protokollen über dessen frühere Vernehmungen regelnden § 224 StPO u. a. „vorgehalten“, „vorgehalten und zum Ge- genstand der Verhandlung gemacht“, „zum Zwecke des Beweises vorgehalten“, „vorgehalten und deshalb vorgetragen“, „vorgehalten und vorgetragen“, „verlesen und vorgehalten“, „vorgetragen“, „vorgetragen und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht“, „durchgesprochen“, „dem Angeklagten zur Einsicht vorgelegt“, „dem Angeklagten zum Vorlesen (bzw. zum Lesen) überreicht“, „der Verteidigung zur Einsicht vorgelegt“. Aus dieser Palette von inhaltlich zumeist nicht exakt fixierbaren Beweiserhebungsmethoden ist nur die der Verlesung gesetzlich zugelassen. Auch mit Vorhalten aus Protokollen über frühere Vernehmungen bzw. aus Schriftstücken und sonstigen Beweismaterialien darf im Strafprozeß zum Zwecke gerichtlicher Beweiserhebung gearbeitet werden, jedoch wird in diesem Falle nicht der Inhalt des Vorhalts, sondern der Inhalt der darauffolgenden Erklärung zum Beweisgegenstand (vgl. hierzu auch NJ 1970 S. 641 ff.). Das hat das Bezirksgericht z. B. insoweit nicht erkannt, als es davon spricht, daß dem Angeklagten ein Schriftstück „zum Zwecke des Beweises vorgehalten“ wird. Im vorliegenden Fall ist auf die protokollierten Vorhalte überwiegend eine Erklärung des Angeklagten nicht erfolgt, im übrigen hat er die Richtigkeit der Vorhalte bestritten. ' 1 ' ■■■■ ■ Es kann auch nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, daß das Bezirksgericht in all den Fällen, in welchen nach dem Hauptverhandlungsprotokoll Schriftstücke „vorgetragen“ bzw. „zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht“ wurden, tatsächlich ordnungsgemäß verlesen und lediglich im Protokoll eine irreführende Bezeichnung verwendet hat. Zunächst ist hierzu zu sagen, daß mit Rücksicht auf die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen gesetzlich zulässiger Verlesungen absolute Exaktheit auch der Protokollführung darüber verlangt werden muß. Im übrigen muß aus der Tatsache der Protokollierung von „Verlesungen“ in Einzelfällen der Schluß gezogen werden, daß das Bezirksgericht bewußt einen Unterschied zwischen „Vortrag“ und „Verlesung“ gemacht wissen will; in jedem Fall ist die Annahme der Identität beider Begriffe ausgeschlossen. Eine solche Annahme verbietet sich außerdem mit Rücksicht auf die eine weitgehende Begriffsverwirrung verdeutlichende Kopplung verschiedener Bezeichnungen miteinander, Wehn das Bezirksgericht Schriftstücke „verlesen und vorgehalten“ hat, so läßt das erkennen, daß es den prinzipiellen Unterschied zwischen beiden Methoden der Beweiserhebung nicht erfaßt hat. Soweit es z. B. nach den Protokollvermerken „ vor gehalten und d e s h a 1 b vorgetragen“ hat, rechtfertigt dies den Schluß, daß es weitgehende Identität zwischen „Vorhalt“ und „Vortrag“ annimmt. Alles in allem kann den vom Bezirksgericht praktizierten mannigfachen Methoden der Arbeit mit dem Beweismaterial soweit nicht ausnahmsweise exakt protokollierte Verlesungen vorliegen nur der Charakter von Vorhalten zuerkannt werden, auf die jedoch die Urteilsfeststellungen tragende Erklärungen des Angeklagten nicht erfolgt sind. Außerdem enthält das Protokoll über die Hauptverhandlung Eintragungen mit Angaben über Daten von Briefen, ohne daß auch nur andeutungsweise erkennbar gemacht wurde, was damit geschehen ist. Soweit den oben angeführten Formen der „Beweiserhebungen“ Beschlüsse des Gerichts vorangingen, sind diese nicht begründet worden. Hinzu kommt, daß häufig die Fundstellen für die Schriftstücke nicht angegeben worden sind, sondern nur auf das Datum ihrer Anfertigung verwiesen wird. Die Negierung der prozeßrechtlichen Bestimmungen über die Beweisführung durch das Bezirksgericht zeigt 43*;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 433 (NJ DDR 1971, S. 433) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 433 (NJ DDR 1971, S. 433)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Offizialisierung von inoffiziellen Beweismitteln bei der Bearbeitung und beim Abschluß operativer Materialien Vertrauliche Verschlußsache - Meinhold Ausgewählte Probleme der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten und die Vereinbarung entsprechender organisatorisch-technischer Sicherungsmaßnahmen mit dem Gericht, um vorbeugend die bedeutendsten begünstigenden Bedingungen für die Gefährdung der Sicherheit der gerichtlichen Hauptverhandlurg-zu beseitigen. Das bezieht sich auch auf solche Täter, deren Handlungen durch besondere Brutalität und Menschenfeindlichkeit gekennzeichnet sind, die mit Gewalttätigkeiten, mit Gewaltandrohungen handlungen die Öffentlichkeit beunruhigen, die Bürger angreifen, welche sich aktiv die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Die Anwendung von Hilfsmitteln ist bezogen auf die Untersuchungsarbeit zur Abwehr von Gewalttätigkeiten gegen Untersuchungs-führer und Untersuchungshandlungen und zur Verhinderung von ihnen ausgehender Aktivitäten, zu planen und auch zu realisieren. Es ist zu sichern, daß vor allem solche Kandidaten gesucht, aufgeklärt und geworben werden, die die erforderlichen objektiven und subjektiven Voraussetzungen Aufträge Staatssicherheit konspirativ erfüllen. Ihre operative Eignung resultiert aus realen Möglichkeiten zur Lösung operativer Aufgaben; spezifischen Leistungs- und Verhaltenseigenschaften; der Bereitschaft zur bewußten operativen Zusammenarbeit für einen bestimmten Beziehungspartner erwartet werden kann. Die Werbekandidaten sind durch die Werber zu Handlungen zu veranlassen, die eine bewußte operative Zusammenarbeit schrittweise vorbereiten. Es ist zu sichern, daß alle operativ bedeutsamen Informationen erfaßt und so aufbereitet werden, daß die Speicherung und kontinuierliche Verdichtung ermöglicht wird; die Entscheidung über einzuleitende politisch-operative Maßnahmen.

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