Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 386

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 386 (NJ DDR 1971, S. 386); Maßnahmen Ausdruck und Ergebnis einer Vielzahl komplex wirkender objektiver und subjektiver Faktoren sind. Das erfordert die allseitige Aufklärung und richtige Bewertung aller mit der betreffenden Entscheidung wesentlich zusammenhängenden Umstände, einschließlich der Ursachen und Bedingungen. Das gehört, wie das Oberste Gericht in seiner Entscheidung vom 20. März 1970 2 Ust 28/69 (NJ 1970 S. 403) festgestellt hat, zur Prüfung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen. Übertragene Befugnisse können auch dadurch mißbraucht werden, daß der Täter seine Befugnisse überschreitet. So hatte z. B. ein Abteilungsleiter eines Industriebetriebes u. a. die Befugnis, Aufträge für kleinere Reparaturen an Fremdbetriebe zu vergeben. Um Manipulationen zu verhindern, war im Betrieb festgelegt worden, daß größere Reparaturen (bis hin zur Generalreparatur) durch den Bereich Materialökonomie vergeben werden. Der Angeklagte vergab aber auch Aufträge für Großreparaturen, wobei er durch Manipulationen mit Fremdfirmen dem sozialistischen Eigentum schweren Schaden zufügte. Überschreiten von Befugnissen setzt also voraus, daß dem Täter Befugnisse im Range einer Vertrauensstellung i. S. des § 165 StGB übertragen wurden, die er mit der gegebenen Entscheidung oder Maßnahme überschreitet und dadurch vorsätzlich einen bedeutenden wirtschaftlichen Schaden herbeiführt oder sich oder anderen erhebliche persönliche Vorteile verschafft. In der Praxis gab es auch Fälle, in denen zwei Inhaber einer Vertrauensstellung bei der Herbeiführung eines bedeutenden wirtschaftlichen Schadens oder bei der Erlangung persönlicher Vorteile zusammenwirkten. So Unterzeichnete der Hauptbuchhalter eines volkseigenen Schlachtbetriebes einen Scheck in Höhe von 14 000 M zur Bezahlung von Leistungen für die Erarbeitung einer technisch-ökonomischen Zielstellung durch Mitarbeiter des Betriebes. Dabei war ihm bekannt, daß diese Summe im Hinblick auf die tatsächlich erbrachten Leistungen weit übersetzt war. Den Scheck übergab er dem technischen Leiter des Betriebes, der ihn in Kenntnis der Umstände einlöste und die Gelder an die Beteiligten auszahlte./8/ Das Bezirksgericht hatte in dem Verhalten des technischen Leiters eine Beihilfe zum Vertrauensmißbrauch des Hauptbuchhalters erblickt. Dabei hatte es übersehen, daß der technische Leiter eigene Rechtspflichten in bezug auf die verausgabten finanziellen Mittel hatte, er also selbst Täter nach § 165 StGB war, die Beihilfe folglich durch die Täterschaft konsumiert wurde. Zur subjektiven Seite des Vertrauensmißbrauchs Die Praxis zeigt, daß als Vertrauensmißbrauch in der Alternative „Verursachung eines bedeutenden wirtschaftlichen Schadens“ strafrechtlich relevante Verhaltensweisen subjektiv dadurch charakterisiert sind, daß die Täter die verursachten wirtschaftlichen Schäden nicht anstreben, sich jedoch bei ihren im direkten Gegensatz zu den ihnen obliegenden Rechtspflichten stehenden Entscheidungen oder Maßnahmen mit dem Eintritt der Schäden bewußt abfinden. Dabei lassen sie sich von gesellschaftlich zu mißbilligenden Motiven leiten. Der Aufdeckung und gesellschaftlich richtigen Wertung der Motive für eine bestimmte wirtschaftlichen Schaden verursachende Entscheidung oder Maßnahme kommt auch bei Wirtschaftsdelikten besondere Bedeutung zu, weil sich daraus wichtige Schlüsse auf die ideologische Position des Täters ziehen lassen. Oft liegen einer /8/ OG, Urteil vom 27. April 1970 2 Ust 27/69 (unveröffentlicht). Handlung nach § 165 StGB in der Alternative „Verursachung eines bedeutenden wirtschaftlichen Schadens“ mehrere, ihrem sozial-negativen Gehalt nach unterschiedlich zu wertende Motivationen zugrunde. Nicht selten mischen sich als positiv zu beurteilende Motive mit solchen rückständigen Beweggründen wie Bereicherungsstreben. Für die Strafzumessung kommt es daher darauf an, die unterschiedlichen Motive richtig zu werten und gegeneinander abzuwägen, um so zu einer zutreffenden Aussage über den Grad der Verantwortungslosigkeit zu gelangen. Die spezifische Erscheinungsform vorsätzlichen Handelns bei Wirtschaftsdelikten erfordert eine exakte Aufklärung der subjektiven Haltung des Täters zu den ökonomisch negativen Folgen, die sich notwendig aus seinem pflichtwidrigen Verhalten ergeben. Dabei ist von den gewachsenen Anforderungen an die Wirtschaftsfunktionäre auszugehen. Die Praxis zeigt, daß das vorsätzliche Handeln in bezug auf den bedeutenden wirtschaftlichen Schaden nicht immer gründlich geprüft wird. Teilweise erstrecken sich die Prüfungen nur auf ein vorsätzliches Handeln i. S. von § 6 Abs. 1 StGB./9/ Andererseits wird mitunter allein aus der bewußten Verletzung von Rechtspflichten gefolgert, daß auch der dadurch eingetretene wirtschaftliche Schaden schuldhaft, d. h. vorsätzlich, herbeigeführt wurde. Die Frage, ob vorsätzliches Handeln auch im Hinblick auf den wirtschaftlichen Schaden gegeben ist, kann nur nach gründlicher Analyse der zum Zeitpunkt des Handelns für den Täter gegebenen Situation einschließlich der ökonomischen Zusammenhänge und Folgen der von ihm getroffenen Entscheidung oder Maßnahme beantwortet werden. Dieser Folgen muß sich der Täter bewußt gewesen sein. Zum Begriff „bedeutender wirtschaftlicher Schaden“ Dieser Begriff umfaßt alle negativen Auswirkungen auf den Ablauf ökonomischer Prozesse, unabhängig davon, ob diese innerhalb eines Betriebes oder zwischen den Betrieben (z. B. im Rahmen einer Kooperationskette) ablaufen. Es kommt deshalb darauf an, die ökonomischen Auswirkungen einer wirtschaftlichen Entscheidung im ihrer Komplexität zu erfassen und vom Standpunkt der ökonomischen Politik von Partei und Regierung in der gegebenen Entwicklungsetappe zu be-urteilen./10/ Mit dem Begriff „bedeutender wirtschaftlicher Schaden“ werden auch Störungen volkswirtschaftlicher Proportionen erfaßt. So muß z. B. bei Straftaten, welche die Herausmanipulierung produktiver Fonds und ihre Verwendung für Zwecke der individuellen Konsumtion zum Gegenstand haben, beachtet werden, daß sie die Proportion zwischen Warenfonds und Kauffonds stören. Die Errichtung nicht geplanter und nicht bilanzierter Objekte stört die Einheit von Plan und Bilanz u. ä. m. Der unmittelbare Bezugspunkt für die Feststellung des Umfangs der negativen ökonomischen Auswirkungen des Mißbrauchs von Befugnissen muß stets die jeweilige Planaufgabe, d. h. Grad und Umfang ihrer Beeinträchtigung, sein. Es muß deshalb Auffassungen entgegengetreten werden, die Effektivität einer wirtschaftlichen Entscheidung oder Maßnahme „an sich“, unabhängig vom Plan zu betrachten. So werden der Umfang und die Schwere des wirtschaftlichen Schadens nicht dadurch beeinflußt, daß z. B. ein Wirt- 19/ Vgl. Pasler, Anmerkung zu dem Urteil des BG Frankfurt (Oder) vom 24. April 1970 n BSB 49/70 (NJ 1970 S. 621). /10/ Vgl. OG, Urteil vom 29. April 1971 - 2 Ust 8/71 - in diesem Heft. 386;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 386 (NJ DDR 1971, S. 386) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 386 (NJ DDR 1971, S. 386)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik dem Grundsatz der Achtung des Menschen und der Wahrung seiner Würde. Die Untersuchungshaft ist eine gesetzlich zulässige und notwendige strafprozessuale Zwangsmaßnahme. Sie dient der Feststellung der Wahrheit in Verbindung mit der Androhung strafrechtlicher Folgen im Falle vorsätzlich unrichtiger oder unvollständiger Aussagen sowie über die Aussageverweigexurngsrechte und? Strafprozeßordnung . Daraus ergeben sich in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit herauszuarbeiten. Möglich!:eiten der politisch-operativ effektiven Nutzung der Regelungen des für die Ingangsetzung eines Prüfunnsverfahrens durch die Untersuchunosoroane Staatssicherheit. Die Durchführung eines strafprozessuslen Prüfuncisverfahrar. durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit zu erfolgen hat, weil die Abwehr dieser konkreten Gefahr Bestandteil der politisch-operativen Aufgabenerfüllung entsprechend der staatsrechtlichen Verantwortlichkeiten Staatssicherheit ist. Die Unumgänglichkeit der Durchführung der Sachverhaltsklärung durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren beinhalten zum Teil Straftaten, die Teil eines Systems konspirativ organisierter und vom Gegner inspirierter konterrevolutionärer, feindlicher Aktivitäten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschafts-ordnung und bringt den spezifischen antisozialen Charakter der Verbrechen zum Ausdruck. Die kann im Einzelfall ein unterschiedliches Ausmaß annehmen. Das findet seinen Niederschlag bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland bekannt wurden bekannt werden können. Jeder eingesetzte Mitarbeiter muß seinen konkreten Auftrag bei der Transportdurchführung kennen und diesen unter allen Bedingungen konsequent erfüllen.

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