Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 361

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 361 (NJ DDR 1971, S. 361); Ein wichtiger Bestandteil der über das ehemalige Reichsgericht verbreiteten Legende ist die Behauptung, die Naziregierung habe gegen dieses Gericht ein begründetes Mißtrauen gehabt und deshalb im April 1934 den sog. Volksgerichtshof ins Leben gerufen. Wenn auch der für die Naziführung enttäuschende Ausgang des Reichstagsbrandprozesses ein Grund für die Schaffung des Volksgerichtshofes und die Übertragung der Hoch- und Landesverratssachen an ihn gewesen ist (S. 23), so weist Kaul doch exakt nach, daß das Reichsgericht alle Anstrengungen gemacht hat, um das Vertrauen der Naziführung zu erwerben, und daß es zu einem wichtigen Bestandteil des nazistischen Herrschaftsmechanismus geworden ist. Das wird besonders bei der Anwendung der nazistischen Rassengesetze deutlich. Die außerordentliche Bedeutung des vorliegenden Buches besteht u. a. darin, daß es die erste umfassende Auseinandersetzung mit der Tätigkeit des Reichsgerichts ist, die in bisherigen Veröffentlichungen im Schatten anderer Gerichte (Volksgerichtshof, Sondergerichte) stand. Kauls Buch ist ein wichtiger Beitrag zu einer allseitigen geschichtlichen Darstellung des Hitlerfaschismus. Wenn auch die Justiz und ihr oberstes Gerichtsorgan, das Reichsgericht, nicht die Hauptstütze der faschistischen Terrorherrschaft in Deutschland waren, so haben sie doch einen wesentlichen Beitrag zu diesem Unrechtssystem geleistet. Kaul belegt an prägnanten Beispielen, wie das Reichsgericht die Ziele der Nazipartei durchsetzen half, auch wenn sie noch nicht in Gesetzesform gekleidet waren, und wie es die verbrecherischen Nazigesetze noch über ihren Wortlaut hinaus gegen Antifaschisten, Juden, Polen und andere Opfer der Nazijustiz in der schärfsten Form anwandte, während es Nazis auch bei offensichtlich begangenen Verbrechen schützte. In einer Reihe von Fällen wird das Zusammenspiel von Justizministerium, Reichsanwaltschaft, Reichsgericht und Gestapo deutlich. Das Buch wirft die Grundfrage auf, die für die Einschätzung des faschistischen Rechts- und Justizsystems entscheidend ist: Wie stellten sich die höchsten deutschen Richter zu dem verbrecherischen Unrecht, das von den faschistischen Staatsorganen in Form von Gesetzen und Verordnungen als „Recht“ im Gesetzblatt verkündet wurde? Die Antwort darauf gibt das von Kaul zusammengetragene Material: Die Richter des Reichsgerichts legten das Nazirecht ihrer „höchstrichterlichen Rechtsprechung“ zugrunde und wandten es eifrig im Sinne der Nazipartei an. Sie gaben damit gleichzeitig das Beispiel für. die Arbeit der unteren Gerichte. Sie kapitulierten also ohne jedes Bedenken vor dem faschistischen Unrecht. Aber und auch diese Tatsache wird durch das vorliegende Werk bewiesen sie beschränkten sich nicht darauf. Diese Richter waren willfährige Handlanger des Nazistaates, die sogar vom Standpunkt der Nazigesetze bedenkenlos Rechtsbeugung begingen, wenn dies vom Justizminister oder seinen Vertretern Schlegelberger und Freisler gewünscht wurde. Vom Todesurteil bis zum Freispruch das Reichsgericht erfüllte den über die Reichsanwaltschaft vermittelten Willen des Ministers. Auch Eingriffe der Gestapo in beim Reichsgericht anhängige Verfahren führten nur zu einer entsprechenden Verfügung in den Akten. Das in diesem Werk zusammengetragene Material beweist am Beispiel des Reichsgerichts, daß die Justiz in Hitlerdeutschland von Anfang an bis zum Kriegsende' in allen entscheidenden Fragen auf der Seite der Nazipartei stand und ihr verbrecherisches Handeln deckte. Insofern ging die Wirkung dieser Justiztätigkeit weit über den Rahmen des Einzelverfahrens hin- aus und bestimmte ihren Platz im terroristischen System Hitlerdeutschlands. Das wird besonders auch dadurch deutlich, daß Kaul die gesamte gerichtliche Tätigkeit in Zivil- und Strafsachen untersucht, während in früheren Publikationen die Hoch- und Landesverratsverfahren gegen Antifaschisten im Vordergrund standen. Kaul weist nach, daß die typisch faschistische Rechtsprechung des Reichsgerichts sich keineswegs auf einzelne Senate mit Nazirichtern beschränkte, sondern daß die gesamte Tätigkeit von faschistischen Prinzipien durchdrungen war. Im I. Teil des Buches werden die Struktur des Reichsgerichts und der Reichsanwaltschaft sowie die Geschäftsverteilung von 1933 bis 1945 dargestellt. Hier ist hervorzuheben, daß mit der Okkupation ausländischer Territorien durch die Nazis 1938/39 das Reichsgericht die Funktionen der obersten Gerichtshöfe dieser besetzten Länder übernahm. Dazu schrieb Landgerichtsrat Rensch, der damalige Persönliche Referent des Reichsgerichtspräsidenten, am 26. Mai 1939: „Das vom Führer geschaffene Großdeutsche Reich aber brauchte nicht nur ein großdeutsches Recht, sondern vordringlich auch ein großdeutsches Reichsgericht“ (S. 26). Dessen Aufgabe war es nach Rensch, neben der Reichsanwaltschaft „darüber zu wachen, daß das Recht in allen Gebieten des Reiches trotz der noch bestehenden Verschiedenheit der Gesetze nach einheitlichen nationalsozialistischen Grundsätzen ausgelegt und angewendet wird“ (S. 27). Teil II des Buches behandelt die personelle Besetzung des Reichsgerichts und der Reichsanwaltschaft von 1933 bis 1945. Diese Darstellung wird im Anhang ergänzt durch Lebensläufe von Richtern und Reichsanwälten, die in dieser Periode am Reichsgericht tätig gewesen waren, sowie durch eine Übersicht über die personelle Besetzung der einzelnen Senate des Reichsgerichts in jener Zeit. Das Material zeigt, daß die Richter des Reichsgerichts überwiegend aus rechtsbürgerlichen Kreisen stammten und sich obwohl nur ein Teil von ihnen Mitglied der Nazipartei wurde ohne jede Hemmung in die faschistische Rechtsprechung einbeziehen ließen. Demzufolge griff die Nazipartei mit Ausnahme der Entfernung einiger jüdischer und eines der SPD angehörenden Richters nicht in den Personalbestand des Reichsgerichts ein. Diese Tatsachen beweisen aber auch, daß die Richter des Reichsgerichts nicht unter Druck gesetzt wurden, Mitglied der Nazipartei zu werden. Teil III, der Hauptteil des Buches, behandelt die Rechtsprechung des Reichsgerichts zwischen 1933 und 1945. In seinen einleitenden Bemerkungen hierzu weist Kaul auf die interessante Tatsache hin, daß das Reichsgericht noch am 14. Juli 1920 für sich die Entscheidung in Anspruch nahm, ob die Regierungsgewalt der aus der Novemberrevolution 1918 hervorgegangenen Republik „legal“ sei, während es bereits die ersten in Gesetzesform gekleideten Terrorakte der Nazis, die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933 und das „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ vom 24. März 1933, von Anfang an als rechtsgültig anerkannte (S. 63). Am 17. Februar 1939 schließlich entschied das Reichsgericht, die Weimarer Reichsverfassung habe „durch den Umbruch im Jahre 1933 ihre Gültigkeit verloren“ (S. 64). Mit dieser grundsätzlichen Orientierung stimmte die Spruchpraxis des Reichsgerichts auf den einzelnen Sachgebieten überein. Im Zivilrecht faßen besonders die Entscheidungen auf, in denen sich die Grundsätze der nazistischen Rasse- und Bevölkerungspolitik widerspiegeln. In sei- 361;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 361 (NJ DDR 1971, S. 361) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 361 (NJ DDR 1971, S. 361)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

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