Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 355

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 355 (NJ DDR 1971, S. 355); nähme gewährleistet, daß das erkennende Gericht und alle an der Durchführung der Hauptverhandlung Beteiligten die Beweistatsachen unmittelbar von den Informationsträgern vermittelt bekommen, die sie wahrgenommen haben oder die sie durch ihre Beschaffenheit verkörpern. Das ermöglicht es dem Gericht, die Beweistatsachen auf ihre Vollständigkeit und ihren Beweiswert hin gründlich zu prüfen und seine Beweisführung soweit für die Wahrheitsfindung erforderlich durch Fragestellung oder auch durch Erhebung weiterer Beweise zu vervollständigen. Damit werden gleichzeitig die Rechte der an der Durchführung der Hauptverhandlung Beteiligten gesichert, insbesondere das Recht des Angeklagten auf Verteidigung. Mit der unmittelbaren Beweiserhebung ist die Möglichkeit verbunden, Zeugen oder Sachverständige zu befragen oder ihnen Vorhalte zu machen, die Beweismittel selbst zu bewerten und weitere Beweisanträge zu stellen. Zugleich dient die Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme der aktiven Mitwirkung der gesellschaftlichen Kräfte am Strafverfahren, indem sie das Gericht verpflichtet, Kollektivvertreter und andere gesellschaftliche Kräfte zu hören. Damit können die Kenntnisse und das Wissen der Werktätigen, besonders über Ursachen, Bedingungen und gesellschaftliche Zusammenhänge von Straftaten, für die Entscheidungsfindung des Gerichts genutzt werden. Ausnahmen vom Grundsatz der Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme sind im Gesetz ausdrücklich geregelt (z. B. in §§ 51, 224, 225, 228 StPO). § 222 Abs. 2 StPO stellt also nicht etwa eine Generalklausel dar, die es erlaubt, diese Ausnahmeregelungen zu negieren. Es ist unzulässig, die Verlesung z. B. von Zeugenaussagen, Aufzeichnungen oder Urkunden auf § 222 Abs. 2 StPO zu stützen. Mit einer solchen Praxis würde der Grundsatz der Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme umgangen werden. § 222 Abs. 2 StPO darf nur neben den speziellen gesetzlichen Ausnahmeregelungen im Protokoll über die Hauptverhandlung oder in den Urteilsgründen genannt werden. So können z. B. Aufzeichnungen nur gemäß § 51 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 222 Abs. 2 StPO verlesen werden. Zum Gerichtsbeschluß bei Abweichung vom Grundsatz der Unmittelbarkeit In der Praxis gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, wann das Gericht in der Beweisaufnahme einen Beschluß fassen muß und unter welchen Voraussetzungen der Vorsitzende eine Maßnahme im Rahmen der Leitung der Hauptverhandlung (§ 220 StPO) anordnen kann. Der Gerichtsbeschluß ist eine Entscheidung des Richterkollektivs; die Anordnung gemäß § 220 Abs. 2 StPO dagegen trifft allein der Vorsitzende. Dem Beschluß kommt eine höhere Wertigkeit zu. Das folgt bereits aus § 220 Abs. 3 StPO, nach dem bei Beanstandungen einer im Rahmen der Verhandlungsleitung getroffenen Anordnung das Gericht durch Beschluß zu entscheiden hat. Dieser Beschluß darf nur nach vorheriger, wenn auch vereinfachter Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Richter ergehen und kann entweder selbständig mit der Beschwerde oder soweit es Beschlüsse in der Beweisaufnahme betrifft zusammen mit dem Urteil durch Protest oder Berufung angefochten werden. Das Gericht hat also im Rahmen der Beweisaufnahme dann durch Beschluß zu entscheiden, wenn die betreffende Maßnahme so bedeutsam ist, daß es der Entscheidung des Richterkollektivs bedarf. Das ist stets der Fall, wenn das Gericht vom Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen Gebrauch machen will. Dazu gehören die Ablehnung eines Beweisantrages gemäß § 223 Abs. 3 StPO sowie die Ausnahmeregelung in § 51 Abs. 2 (Bekanntgabe von Aufzeichnungen), §§224 Abs. 2, 225, 228 Abs. 3 (Verlesung von Protokollen über frühere Aussagen von Angeklagten und Zeugen sowie von schriftlichen Gutachten), § 229 Abs. 4 (Entscheidung über die Zurückweisung von Fragen), §§ 231, 232 (Ausschließung des Angeklagten), § 233 (zeitweise Ausschließung der Öffentlichkeit) und § 220 Abs. 3 (Beanstandung von Maßnahmen des Vorsitzenden im Rahmen der Verhandlungsleitung). Auch wenn das Gericht von der Vernehmung eines geladenen Zeugen Abstand nimmt oder wenn es eine Ortsbesichtigung vornehmen will, muß es dazu einen Beschluß fassen (OG, Urt. vom 11. September 1970 3 Zst 19/70 unveröffentlicht). In allen anderen Fällen genügt die Anordnung des Vorsitzenden gemäß § 220 StPO, so z. B. wenn die Originale von Gegenständen, Urkunden oder Aufzeichnungen, die sich bei der Akte befinden und den Beteiligten als vorliegende Beweismittel bekannt sind, zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden. Über den Gerichtsbeschluß muß das Richterkollektiv beraten, abstimmen und entscheiden. Dazu ist nicht immer notwendig, sich in das Beratungszimmer zurückzuziehen. Das bloße Kopfnicken der beisitzenden Richter als Zeichen des Einverständnisses genügt jedoch nicht; es wird der Verantwortung des Gerichts für eine Beschlußfassung nach exakter Prüfung der Voraussetzungen dafür nicht gerecht. Gerichtsbeschlüsse in der Beweisaufnahme müssen stets begründet sein. Sie sind zwar nicht selbständig mit einer Beschwerde, wohl aber zusammen mit dem Urteil durch Berufung oder Protest anfechtbar (§ 182 Abs. 1 StPO). Dabei muß sich das Gericht mit der in §§ 224 Abs. 2, 225 Abs. 3, 228 Abs. 3 StPO genannten „Erforderlichkeit“ des Verlesens von Protokollen über Aussagen von Angeklagten oder Zeugen oder von Sachverständigengutachten ebenso auseinandersetzen wie mit den konkret bestehenden Voraussetzungen für die Anwendung z. B. des § 225 Abs. 1 Ziff. 2 StPO. In der Praxis wird häufig die Frage aufgeworfen, ob zur Verlesung von Aussagen des Angeklagten, die in einem Protokoll über eine frühere Vernehmung enthalten sind, sowie zur Verlesung schriftlich vorliegender früherer Gutachten ein Gerichtsbeschluß erforderlich ist. Zweifel an der Notwendigkeit eines Gerichtsbeschlusses für diese Fälle werden auf §§ 224 Abs. 2 und 228 Abs. 3 StPO gestützt. Hier ist zwar nicht ausdrücklich gefordert, daß das Gericht die Wiedergabe beschließen muß. Es ist jedoch von dem Grundsatz auszugehen, daß das Gericht durch Beschluß zu entscheiden hat, wenn es von einem der gesetzlich zulässigen Ausnahmefälle vom Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme Gebrauch machen will./3/ Zur Unmittelbarkeit der Aussagen von Angeklagten § 224 Abs. 1 StPO geht von dem Grundsatz aus, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung zu vernehmen ist. Aussagen, die in einem Protokoll über eine frühere Vernehmung enthalten sind, dürfen nur dann verlesen werden, wenn es erforderlich ist. Das ist z. B. dann der Fall, wenn sich durch Fragen oder Vorhalte an den Angeklagten oder durch Erhebung anderer Beweismittel Widersprüche zwischen einer früheren und der jetzigen Aussage nicht klären las- 131 Vgl. Lischke, .Vorhalt und Verlesung ln der gerichtlichen Beweisaufnahme“, NJ 1970 S. 641 f. 355;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 355 (NJ DDR 1971, S. 355) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 355 (NJ DDR 1971, S. 355)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilung zu lösen: Gewährleistung einer engen und kameradschaftlichen Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und bei Erfordernis mit weiteren Diensteinheiten Staatssicherheit sowie das aufgabenbezogene politisch-operative Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Jugendkriminalitat der Anteil der Vorbestraften deutlich steigend. Diese nur kurz zusammengefaßten Hinweise zur Lage sind eine wichtige Grundlage für die Bestimmung der Haupt riehtunecn der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten im Prozeß der Untersuchung politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse mit bekannten tatverdächtigen Personen bei Versuchen von Bürgern der zur Erreichung ihrer Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin besteht. Bei der Absicherung der gefährdeten Personenkreise müssen wir uns auch noch stärker auf solche Personen orientieren, die mehrmals hinsichtlich des ungesetzlichen Verlassens der zunehmend über die Territorien anderer sozialistischer Staaten zu realisieren. Im Zusammenhang mit derartigen Schleusungsaktionen erfolgte die Eestnahme von Insgesamt Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, die in sonstiger Weise an der Ausschleusung von Bürgern mitwirkten. Personen, die von der oder Westberlin aus widerrechtlich in das Staatsgebiet der singedrungen waren.

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