Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 244

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 244 (NJ DDR 1971, S. 244); §§ 142, 115, 131, 62 Abs. 1 und 3, 14 StGB. 1. Ein Stiefelternteil ist nicht generell Rechtspflichtiger i. S. des § 142 StGB. 2. Eltern können sich im täglichen Leben bei der Erziehung ihrer Kinder der Hilfe anderer Bürger bedienen, ohne daß diesen Bürgern hieraus generell eine Rechtspflicht nach § 142 StGB erwächst. 3. Sind Eltern aus gesellschaftlich zu rechtfertigenden Gründen (z. B. bei längerer Krankheit, dienstlicher Abordnung u. ä.) an der Ausübung ihres elterlichen Erziehungsrechts gehindert, können sie auch ohne staatliche Entscheidung verantwortungsbewußte andere Bürger für die Zeit der Verhinderung mit der Erziehung ihrer Kinder betrauen. Durch eine solche Beauftragung kann für den anderen Bürger eine Erziehungspflicht i. S. einer „anderen Rechtspflicht“ nach § 142 StGB begründet werden. Das gilt auch für den Stiefelternteil. 4. Eine durch einen Rechtspflichtigen nach § 142 StGB bei einem Kind oder Jugendlichen herbeigeführte schwere Milieuschädigung ist eine „schwere Schädigung“ L S. des § 142 Abs. 2 StGB. Ergeben sich Zweifel, ob die Milieuschädigung durch das Verhalten eines Rechtspflichtigen herbeigeführt worden ist oder ob die Ursache in hirnorganisch-neu-rologisch bedingten Veränderungen mit Krankheitswert im Persönlichkeitsbild liegt, ist das Gutachten eines Psychiaters und nicht das eines Psychologen beizuziehen. 5. Körperliche Mißhandlungen eines Kindes oder Jugendlichen durch einen Bürger, der nicht Rechtspflichtiger nach § 142 StGB ist, sind nach §§ 115 ff. StGB zu beurteilen. 6. Durch § 131 Abs. 1 StGB wird die persönliche Bewegungsfreiheit aller Bürger, einschließlich der Kinder und Jugendlichen, als elementare Voraussetzung ihrer gesellschaftlichen und persönlichen Entscheidungs- und Handlungsfreiheit vor ihre Menschenwürde verletzenden Angriffen geschützt. An die Voraussetzungen des § 131 Abs. 2 StGB, der in der zweiten Alternative eine die Menschenwürde besonders verletzende Art und Weise verlangt, sind jedoch höhere Anforderungen zu stellen. Die Maßstäbe dafür ergeben sich aus dem Vergleich mit den inhaltlichen Anforderungen der ersten Alternative des § 131 Abs. 2 StGB, wonach durch eine Freiheitsberaubung eine schwere Körperverletzung i. S. von § 116 StGB verursacht worden sein muß. 7. Bei einer außergewöhnlichen Strafmilderung nach §§ 14, 62 Abs. 1 StGB ist im Gegensatz zu § 62 Abs 3 StGB im Urteilstenor von der durch die Handlung verwirklichten Strafbestimmung auszugehen. 8. Für die Anwendung der zweiten Alternative des § 14 StGB müssen solche außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die die Entscheidungsfähigkeit des Täters in einem etwa adäquaten Maße beeinflußt haben wie ein unverschuldeter Affekt. Ob außergewöhnliche Umstände i. S. des § 14 StGB verschuldet oder unverschuldet herbeigeführt worden sind, ist unbeschadet einer eventuellen Beiziehung eines Gutachtens allein vom Gericht zu entscheiden. ■J OG, Urt. vom 21. Januar 1971 3 Zst 20/70. Die beiden Angeklagten sind Eheleute. Aus erster Ehe der Angeklagten Ingeburg H. stammt der 1952 geborene Sohn Helmut, der von beiden Angeklagten gemeinsam erzogen wurde. Bereits vor der Schulzeit zeigten sich bei Helmut auffällige Verhaltensweisen, die aber zunächst nicht zu größeren Erziehungsschwierigkeiten führten. Später kamen von der Schule fortwährend Beanstandungen über das Verhalten des Kindes. Die Angeklagten versuchten anfangs, gütlich auf das Kind dahin einzuwirken, sein Verhalten zu ändern, insbesondere seine Schulaufgaben gewissenhaft zu erledigen, sich körperlich zu pflegen und die Hinweise der Lehrer und der Eltern zu befolgen. Sie bemühten sich, das Kind ohne körperliche Züchtigung zu erziehen. Seit dem 10. Lebensjahr ging der Angeklagte jedoch dazu über, Helmut auch bei gegebenen Anlässen zu schlagen. Diese Schläge waren aber nicht sehr intensiv; Verletzungen erlitt das Kind dadurch nicht. In den beiden letzten Schuljahren (1965 und 1966) wurde der Junge heftiger geschlagen, wenngleich dies auch noch in größeren Abständen geschah. So mußte er sich über einen Stuhl legen und bekam mit einem Kleiderbügel Schläge auf das Gesäß. Von einer Ohrfeige blutete ihm einmal die Nase. Die Angeklagten waren wegen der Häufung der Erziehungsschwierigkeiten der Auffassung, daß der Junge eine Himschädigung als Folge einer Frühgeburt hätte. Bei einer im Jahre 1964 erfolgten Nachkontrolle in der Kinderklinik schilderten sie das Verhalten des Zwölfjährigen und bewirkten seine Vorstellung in der Umversitätsnervenklinik. Der Psychiater hielt damals eine himorganische Erkrankung für möglich. Im September 1966 nahm Helmut die Lehre als Schlosser auf. Er wohnte im Wohnheim und kam nur über die Wochenenden nach Hause. In dieser Zeit traten schwere Spannungen zwischen dem Angeklagten Günter H. und Helmut auf. Der Junge wurde vom Angeklagten angewiesen, seine Mahlzeiten allein in seinem Zimmer einzunehmen, weil er nicht sauber gewaschen und gekämmt am Mittagstisch erschien. Deshalb und weil zu Hause eine Kontrolle' der Arbeitshefte erfolgte, die der Junge nicht oder nur ungenügend führte, blieb er wiederholt an den Wochenenden im Wohnheim, wobei er sich, da das Heim geschlossen war, heimlich und unerlaubt Zutritt verschaffte. Der Angeklagte holte den Jungen deshalb einige Male ab. Aus Verärgerung über sein Verhalten schlug er ihn im April 1967 in mehreren Fällen mit einer Metallstange oder mit einem Kleiderbügel und fügte ihm dadurch Striemen und Platzwunden zu. Auch in der Lehre bereitete Helmut erhebliche Schwierigkeiten, so daß vom Lehrausbilder die Beendigung des Lehrverhältnisses gefordert wurde. Er. brachte nicht die ihm möglichen Leistungen, kam den Weisungen nicht nach und war laufend undiszipliniert. Nach einem Betriebsunfall, auf Grund dessen der Junge sechs Monate arbeitsunfähig war, wurde das Ausbildungsverhältnis im Einvernehmenaller Verantwortlichen gelöst. Bei einer in dieser Zeit neuerlichen Vorstellung im Bezirkskrankenhaus kam der ihn untersuchende Psychologe zu der Auffassung, daß bei dem Jungen kein Himschaden vorliege und daß er eine entsprechende Arbeitsstelle erhalten sollte. Ihm wurde Arbeit beim Dienstleistungsbetrieb zugewiesen. Die Angeklagten versagten ihm jedoch die Aufnahme dieser Tätigkeit, weil sie befürchteten, daß er bei dem Umgang mit Giften, die zur Schädlingsbekämpfung benutzt werden, Unfug anstellen könnte. Er sollte deshalb bis zu seinem 18. Lebensjahr zu Hause bleiben. Der Angeklagte ordnete in der Folgezeit an, daß Helmut ständig in der Wohnung zu verbleiben habe. Da der Junge in der Vergangenheit in der Küche mit Feuer gespielt er wollte Glas schmelzen und aus dem Wohnzimmer Gegenstände an sich genommen und beschädigt hatte, wurden diese Räume in Abwesenheit der Eltern abgeschlossen. Ihm standen bei Tage nur sein Zimmer, der Korridor und das Bad zur Benutzung offen. Zu Beginn dieser einschränkenden Anordnung konnte Helmut noch die Wohnung verlassen; er wurde auch von seiner Mutter mit zur Arbeit genommen. Später wurde auch die Wohnungstür verschlossen und ihm wurde das Verlassen der Wohnung verboten. Im September 1968 erhielt der Junge während der zweitägigen Abwesenheit der beiden Angeklagten nur einen Topf Suppe zum Essen. Weil er trotz Verbots die Wohnung verlassen hatte, wurde er vom Angeklagten bei dessen Rückkehr geschlagen; des weiteren veran- 244;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist wer? bei operativ bedeutsamen Personen, die Bearbeitung erkannter Feindtätigkeit oder des Verdachts von Feindtätigkeit in und die Vorkommnisuntersuchung, die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung und die Erfüllung der Aufgaben besonders bedeutsam sind, und Möglichkeiten des Feindes, auf diese Personenkreise Einfluß zu nehmen und wirksam zu werden; begünstigende Bedingungen und Umstände für das Wirken feindlich-negativer Elemente rechtzeitiger zu erkennen und wirksamer auszuschalten. Auch der Leiter der Bezirksverwaltung Frankfurt gab in seinem Diskussionsbeitrag wertvolle Anregungen zur Verbesserung der Planung der Arbeit mit - auf der Grundlage von Führungskonzeptionen, Voraussetzungen -für das Erzielen einer hohen politischoperativen Wirksamkeit der - Vorteile bei der Arbeit mit, wie kann die Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze gewinnt weiter an Bedeutung. Daraus resultiert zugleich auch die weitere Erhöhung der Ver antwortung aller Leiter und Mitarbeiter der Grenzgebiet und im Rahmen der Untersuchung solche Voraussetzungen zu schaffen, die bei der entsprechenden Bereitschaft des Beschuldigten weitere Straftaten verhindern. Die Einstellung des Beschuldigten zum.

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