Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 203

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 203 (NJ DDR 1971, S. 203); Auszeichnungen ln Anerkennung langjähriger hervorragender Leistungen bei der Entwicklung der sozialistischen Rechtspflege wurden Dr. Rolf Helm, ehern. Abteilungsleiter im Ministerium der Justiz, und Karl Kraupe, ehern. Stellvertreter des Direktors des Bezirksgerichts Suhl mit der Medaille für Verdienste in der Rechtspflege in Gold ausgezeichnet. einem anderen beizustehen und ihm kameradschaftlich zu helfen, zu einer konkreten Rechtspflicht machen “ 76/ Diese Konsequenz ergibt sich aus dem Anliegen des § 119 StGB. In der sozialistischen Menschengemeinschaft ist die Pflicht zur gegenseitigen Hilfeleistung Ausdruck echter Solidarität, die die Mitglieder der Gesellschaft miteinander verbindet. Jeder Bürger soll und muß sich darauf verlassen können, daß ihm seine Mitbürger helfen, wenn er in Schwierigkeiten gerät um so mehr, wenn ihm ein Unglücksfall zustößt. Der Gesetzgeber hat diese allgemeine moralische Pflicht unter den Voraussetzungen der §§ 119, 120 StGB zur Rechtspflicht erhoben und deren Verletzung letter Strafe gestellt. Ein Unglücksfall i. S. des § 119 StGB liegt nicht vor, wenn nur ein erheblicher Sachschaden herbeigeführt worden ist./7/ Aus dem Wortlaut und der Einordnung des § 119 im StGB ergibt sich, daß sich der Schaden auf Personen beziehen muß. Jede andere Auffassung würde zu unhaltbaren Konsequenzen führen. So müßte von jedem Menschen verlangt werden, daß er z. B. die Ladung eines verunglückten Lkw bergen hilft, auch wenn durch dieses Ereignis das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet ist./8/ Gemeingefahr i. S. des § 119 StGB liegt vor, wenn die durch Naturereignisse oder das Verhalten von Menschen verursachte Situation Leben oder Gesundheit einer größeren Anzahl von Menschen bedroht (z. B. Überschwemmung, Seuchen usw.). Ob der Hilfspflichtige die erforderliche und mögliche Hilfe geleistet hat, ist sowohl nach objektiven als auch nach subjektiven Gesichtspunkten zu bestimmen. Der Begriff „erforderlich“ umfaßt zunächst die grundsätzliche Einschätzung, ob unter Berücksichtigung aller Umstände der konkreten Situation Hilfe überhaupt notwendig ist. Das ist z. B. dann nicht der Fall, wenn sich der von einem Unglücksfall Betroffene selbst helfen kann und sich aus der Situation heraus keine Gefahren für weitere Personen ergeben. Die Hilfe ist auch dann nicht erforderlich, wenn bereits von anderer Seite ausreichend Hilfe geleistet worden ist. Durch nachträgliche Hilfeleistung anderer wird allerdings die Pflicht des Täters nicht berührt. Sind bereits andere Personen dabei, Hilfe zu leisten, so bleibt der Täter trotzdem verpflichtet, wenn er wirksamer helfen kann (z. B. wenn ihm ein Kraftfahrzeug zum Abtransport eines Schwerverletzten zur Verfügung stand). Sind mehrere Personen gleichermaßen zur Hilfeleistung in der Lage, dann darf sich der eine nicht auf die Hilfeleistung des anderen verlassen. Der Begriff „erforderlich“ bezieht sich jedoch auch auf das Ausmaß der Hilfe. In Abhängigkeit von der konkreten Situation und der Ausprägung des Gefahrenzustandes muß ein solches Maß an Hilfe geleistet werden, daß soweit dies möglich ist die Gefahr beseitigt wird./9/ Die Erforderlichkeit der Hilfeleistung ist somit nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Der Begriff „mögliche Hilfe“ umfaßt die Einschätzung, ob es dem Täter möglich war, das objektiv Erforder- /*/ Vgl. Roehl, Anmerkung zu dem genannten Urteil des BG Dresden, NJ 1966 S. 767. /7/ Der StGB-Lehrkommentar (Anm. 2 zu § 119, Bd. II S. 84) zählt zu den Unglijcksfällen zwar auch solche unvorhergesehenen Ereignisse, die einen Sachschaden herbeiführen, schränkt aber die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei unterlassener Hilfeleistung auf die Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen ein und weist hinsichtlich der Gefährdung von Sachwerten auf die Prüfung der Anwendbarkeit des 5191 Ziff. 3 StGB (Beeinträchtigung der Katastrophenbekämpfung) hin. /8/ Vgl. auch OG, Urteil vom 19. November 1968 3 Zst 23/68 -(NJ 1969 S. 57). /9/ Vgl. als Beispiel hierzu OG, Urteil vom 19. November 1968, a. a. O. liehe zu tun. Die Hilfeleistungspflicht wird durch die dem Täter zur Verfügung stehenden Möglichkeiten begrenzt, und zwar sowohl in objektiver Hinsicht (z. B. Entfernung zum Unfallort und Krankenhaus) als auch in Beziehung auf die Kenntnisse und Fähigkeiten des zur Hilfeleistung Verpflichteten (z. B. Kenntnisse über erste Hilfe, Schwimmer usw.). Der Hilfspflichtige muß sowohl Beeinträchtigungen seiner eigenen Interessen (z. B. das Versäumen eines wichtigen Termins) als auch Gefahren auf sich nehmen, um die erforderliche Hilfe zu leisten. Das entspricht dem Charakter zwischenmenschlicher Beziehungen in der sozialistischen Gesellschaft. Andererseits hat die rechtliche Verpflichtung zur Hilfeleistung dort ihre Grenze, wo erhebliche Gefahren für Leben oder Gesundheit des Hilfspflichtigen entstehen. Wann dies der Fall ist, kann immer nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Im StGB-Lehrkommentar (Anm. 3 zu § 119, Bd. II S. 84) wird ausgeführt, daß dabei als Maßstab „die Verhältnismäßigkeit der Hilfeleistung unter eigener Gefahr zum abzuwendenden Schaden zu sehen“ sei. Dies kann als allgemeiner Hinweis insoweit gelten, als bei einer besonders erheblichen Gefahrensituation (z. B. bei einer das Leben vieler Menschen bedrohenden Gemeingefahr) eine höhere Einsatz- und Opferbereitschaft des Hilfspflichtigen verlangt werden kann als bei einer weniger erheblichen Gefahrensituation. Diese Forderung hat jedoch durch die gesetzliche Regelung des § 119 StGB für alle Fälle dort ihre Grenzen, wo die erforderliche Hilfeleistung nur unter erheblicher Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des Hilfspflichtigen möglich wäre. Subjektive Voraussetzung der Verletzung der Pflicht zur Hilfeleistung ist, daß sie vorsätzlich begangen sein muß. Die Kenntnis des Unglücksfalls oder der Gemeingefahr und der tatsächlichen Voraussetzungen der Hilfeleistung gehört zum Vorsatz./10/ Voraussetzungen der Verletzung der Obhutspflicht In einer hilflosen Lage befindet sich eine Person dann, wenn sie ohne fremde Hilfe nicht imstande ist, sich aus einer das Leben oder die Gesundheit bedrohenden Situation zu befreien (z. B. infolge Alters, Gebrechlichkeit, Krankheit, Komplikationen während der Schwangerschaft oder des Geburtsaktes, Trunkenheit, Bewußtlosigkeit). Ein Schaden braucht dabei noch nicht eingetreten zu sein. Im Vergleich zu § 221 StGB (alt) ist es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 120 StGB nicht erforderlich, daß der Täter eine räumliche Trennung zwischen dem Hilfsbedürftigen und sich herstellt (in hilfloser Lage /10/ Vgl. OG, Urteil vom 18. Januar 1966 - 5 Zst 31/65 und 5 Zst 1/66 - (NJ 1966 S. 159).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 203 (NJ DDR 1971, S. 203) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 203 (NJ DDR 1971, S. 203)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß Strafgesetzbuch gegen Unbekannt, auf dessen Grundlage am in Anwesenheit eines Vertreters der Generalsfaats-anwaltschaft der die Durchsuchung der Kellerräume der Zionskirchgemeinde in Berlin-Prenzlauer Berg sowie die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden.

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