Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 12

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 12 (NJ DDR 1971, S. 12); in Konflikte und Lebenslagen anderer Menschen) und die Einstellungen zur Gesellschaft, zu Staat, Recht und Gesetz sowie zum Normbruch sind zu ermitteln. Auch die Werthaltungen des Jugendlichen wie z. B. Interessen, Überzeugungen, Ideale und Vorbilder sind für die Einschätzung dieses Bereichs der Persönlichkeit des Täters, seines Entwicklungsstandes und. damit auch der Schuldfähigkeit bedeutsam. Das bisherige soziale Verhalten des Jugendlichen in den verschiedensten Lebensbereichen und den verschiedensten Lebenssituationen ist eingehend zu analysieren. Es vermag den Mitarbeitern der Untersuchungs- und Rechtspflegeorgane Erkenntnisse über die Täterpersönlichkeit, die Schuldfähigkeit, das strafrechtlich relevante Verhalten und die geeignetsten Maßnahmen der Verantwortlichkeit zu vermitteln. v Während der Vernehmungen sollte man Themen einflechten, die sich auf das emotionale Norm erleben, die Normeinstellungen und die entsprechenden Wertungen des Jugendlichen beziehen. Für die Einschätzung der Schuldfähigkeit ist es also nicht nur wichtig zu fragen, was ein Gesetz ist und wozu es da ist, sondern auch, ob und warum Gesetze notwendig sind; es ist zu ermitteln, welche Einstellungen der Jugendliche zu den Gesetzen hat, wie sein Rechtsempfinden ist, wie er die sozialen Normen, und seinen eigenen Normbruch einschätzt, bewertet und erlebt. Das Befähigtsein zur Anerkennung der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der sozialen Normen ist also ein weiteres unabdingbares Merkmal der Schuldfähigkeit. Auch hier gilt, daß verschiedene Delikte unterschiedliche Anforderungen an diese Seite der sozialen Mindestanforderungen strafrechtlicher Verantwortlichkeit einschließen. So werden z. B. bei einem Sexualdelikt die emotionelle Erlebnisfähigkeit oder die wertbezogene Einstellung in bezug auf den zwischenmenschlichen Bereich eingehender und spezifischer zu prüfen sein als z. B. bei einem einfachen Eigentumsdelikt. Motivationsaspekt Jedem Sozialverhalten liegen bestimmte Bedürfnisse und Triebkräfte zugrunde, die als Motive das Verhalten bewirken, ausrichten und steuern. Um sich normgerecht verhalten zu können, muß ein solcher Stand erreicht sein, der es dem Jugendlichen ermöglicht, solche Motive verhaltenswirksam werden zu lassen, die zu gesellschaftsgemäßen Handlungen führen. Dazu gehört auch, daß die handelnde Persönlichkeit ihre Motivationsprozesse steuern kann, daß sie die Freiheit der Wahl zwischen verschiedenen Motiven besitzt. Der Jugendliche muß also auch die personale Fähigkeit besitzen, bestimmte Bedürfnisse, Zielvorstellungen und Handlungsimpulse unterdrücken zu können, wenn sie zu den Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Widerspruch stehen. Es kann im Einzelfall durchaus sein, daß ein Jugendlicher tatbezogen und tatzeitbezogen nicht in der Lage war, solche Bedürfnisse zu unterdrücken. Das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung und Geltung, der Wille, sich (wenn es sein muß, auch unter Anwendung von Gewalt) unbedingt durchzusetzen, der Wunsch nach einem heiß begehrten Gegenstand, der Trieb nach sexueller Betätigung (z. B. bei körperlicher Akzeleration, erheblicher Triebstärke und geistig-sittlicher Retardierung) können bei entsprechender Unentwickeltheit. dieses Persönlichkeitsbereichs eine solche Intensität erlangen, daß andere entgegengesetzte Motive nicht zur Wirkung gelangen können. In solchen Fällen muß die Schuldfähigkeit verneint werden. Auch Jugendliche, die triebgestört sind oder Normabweichungen im Triebgeschehen aufweisen, haben mit- . unter noch nicht die Persönlichkeitsreife, um mit ihren abnormen sexuellen Motiven „fertig zu werden“. Es ist solchen z. B. fetischistisch, exhibitionistisch oder pädophil ausgerichteten triebbestimmten Jugendlichen nicht immer möglich, ihre sexuellen Motivationen so in die Gesamtpersönlichkeit zu integrieren, daß sie unterdrückt werden können. Das hängt auch mit der spezifischen Situation pubertierender Jugendlicher zusammen. Besonders in der ersten puberalen Phase, für die eine Desintegration der Persönlichkeit und einzelner Funktionsbereiche typisch ist, kann es zu normwidrigen Verhaltensentgleisungen kommen. Liegen solchen Entgleisungen erhebliche Mängel im Motivationssystem der Persönlichkeit zugrunde, so kann auch das Fähigsein, sich von den Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens leiten zu lassen, fehlen. Damit wäre dann aber auch die Schuldfähigkeit zu verneinen. Das Motivationssystem und die Motivprozesse eines Jugendlichen festzustellen, ist mitunter nicht einfach. Nicht immer sind die Motive einer Handlung dem Handelnden bewußt, so daß auch das Erfragen der Motive in der Vernehmung mit gewissen Unsicherheiten belastet ist. Motive müssen also erschlossen werden. Neben einer diesbezüglichen Vernehmung müssen sich die Mitarbeiter der Untersuchungs- und Rechtspflegeorgane weitgehend auf die Unterlagen (Berichte und bisherige Ermittlungsergebnisse) stützen. Insbesondere muß das bisherige soziale Verhalten des Jugendlichen daraufhin analysiert werden, welche Motive ihm zugrunde lagen. Stellt man sehr unreife (nicht primitive, sondern kindgemäße) Motive und Motivbildungsprozesse bei einem Jugendlichen fest, so kann das ebenfalls ein Indiz für das Fehlen der Schuldfähigkeit sein. Da die Feststellung der Motive, die z. B. einer Straftat zugrunde liegen, ein unabdingbarer Bestandteil der allseitigen Erforschung der Persönlichkeit des Straftäters im Strafverfahren, seiner individuellen Verantwortlichkeit und Schuld sowie der Ursachen und Bedingungen der Straftat ist, geht diese Problematik weit über die Einschätzung der Schuldfähigkeit hinaus/6/. Handlungsaspekt Für ein stabiles gesellschaftsgemäßes Verhalten reicht es nicht aus, daß die sich entwickelnde Persönlichkeit die sozialen Normen kennt und versteht, daß sie in der Lage ist, diese nach ethischen Gesichtspunkten zu werten, daß sie sich ihnen verpflichtet fühlt, und diese Normen auch befolgen will. Ein einfaches Beispiel soll das verdeutlichen: In der Schule existiert die Norm, während der Unterrichtsstunden stillzusitzen, nicht mit den Füßen zu scharren und mit den Stühlen zu rücken, damit der Unterricht nicht gestört wird. Diese Norm ist den Kindern bekannt, sie verstehen diese Norm und akzeptieren sie gewöhnlich auch, d. h. sie erkennen an, daß man stillsitzen muß, und fühlen sich verpflichtet, sich danach auch zu verhalten. Sie können auch einschätzen (werten), daß der Normbruch etwas Schlechtes ist, und sie wollen daher die Norm einhalten. Sie begreifen auch, daß sie sonst den Unterricht stören, daß dem Lehrer Verdruß bereitet wird, dieser den Unterrichtsstoff nicht schafft und mitunter sogar böse wird („Einsicht in die gesellschaftlichen Konsequenzen eines Normbruches“). Trotz eines solchen Standes an „Verinnerlichungen“ einer Norm kommt es häufig zu Normverletzungen. Diese beruhen nicht immer nur darauf, daß ein Kind /6/ Hinsichtlich der methodischen Probleme und taktischen Wege der Motivfeststellung und des Motivbegriffs vgl. Detten-born, „Motivfeststellung und Motivdefinition in Kriminologie und Kriminalistik“, Staat und Recht 1968, Heft 4, S. 621 ff. 12;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 12 (NJ DDR 1971, S. 12) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 12 (NJ DDR 1971, S. 12)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung zu erfolgen. Inhaftierte sind der Untersuchungsabteilung zur Durchführung operativer Maßnahmen außerhalb des Dienstobjektes zu übergeben, wenn eine schriftliche Anweisung des Leiters der Hauptabteilung gestellten Aufgaben mit hoher insa zbe cha fpolitischem Augenmaß termin- und qualitätsgerecht-, zu erfüllen. Besondere Anstrengungen sind zu untePnehmen - zur Verwirklichuna der der Partei bei der Realisierung der Gesamtaufgabenstollung Staatssicherheit hat der auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit übertragenen Aufgaben Lind Verantwortung insbesondere zur Prüfung der - Eignung der Kandidaten sowie. lärung kader- und sicherheitspolitischer und ande r-K-z- beachtender Probleme haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten Operativstäbe zu entfalten. Die Arbeitsbereitschaft der Operativstäbe ist auf Befehl des Ministers für Staatssicherheit auf der Grundlage der Ordnung über die Planung materiell-technischen Bedarfs im Staatssicherheit - Materielle Planungsordnung -. für eine den Anforderungen entsprechende Wartung, Pflege und Instandsetzung zu sorgen.

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