Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 118

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 118 (NJ DDR 1971, S. 118); Verantwortung als Mitglied der sozialistischen Gesellschaft in angemessener und geeigneter Weise vorgegangen. Der Beschuldigte, welchem der Zeuge bis dahin nicht oder kaum bekannt war, der keinerlei persönliche Beziehungen zu ihm hatte, hat den Zeugen nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis ausschließlich wegen dieses moralisch und rechtlich gebotenen Verhaltens tätlich angegriffen. Dieses Verhalten war darauf gerichtet und geeignet, die den gesellschaftlichen und gesetzlichen Verhaltensnormen widersprechenden Handlungen des Beschuldigten zu unterbinden. Wer aber eine zur Wiederherstellung oder Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder zur Durchsetzung der Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens notwendige Handlung eines anderen Bürgers zum Anlaß nimmt, gegen diesen Bürger mit Gewalttätigkeiten, Drohungen oder groben Belästigungen i. S. des § 215 StGB vorzugehen, handelt nicht aus „rein persönlichen Motiven“, sondern aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung oder der Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens und ist damit des Rowdytums schuldig. Das Bezirksgericht hätte nach alledem den körperlichen Angriff des Beschuldigten nicht isoliert betrachten dürfen; es hätte vielmehr die Tatsituation auch in ihrer Entwicklung herausarbeiten und die dem Beschuldigten angelastete Tat in diesen Zusammenhängen würdigen müssen. Wie in der Fachliteratur bereits dargelegt (vgl. NJ 1969 S. 757 ff.), ist erstes Erfordernis für die Herausarbeitung der subjektiven Tatseite des Rowdytums die exakte Feststellung des äußeren Tatablaufs, der Tatsituation und ihres Zustandekommens, wobei die sich daraus ergebenden Gesichtspunkte für die Beantwortung der Frage, ob der Täter mit der mit § 215 StGB vorausgesetzten „Mißachtung“ gehandelt hat, an Hand der Ergebnisse einer Analyse seiner Persönlichkeit und unter Berücksichtigung der wechselseitigen Durchdringung dieser Faktoren zu überprüfen sind. Aber auch eine Persönlichkeitsanalyse des Beschuldigten hat das Bezirksgericht fehlerhaft unterlassen. Aus ihr ergeben sich nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen folgende bedeutsame sachbezogene Hinweise; Der Beschuldigte hat sich bereits in der Berufsschule frech, jähzornig, starrsinnig und unbelehrbar benommen. Seine praktischen Leistungen und seine Arbeitsdisziplin im Lehrbetrieb waren schlecht. Wegen Arbeitsbummelei wurde er u. a. mit einem Verweis und danach mit einem strengen Verweis zur Rechenschaft gezogen. Schließlich mußte das Lehrverhältnis deshalb sogar gelöst werden. Er ist bereits mit mehrfachen rowdyhaften Handlungen in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten. In seiner Freizeit hält er sich überwiegend in Gaststätten auf und nimmt übermäßig viel Alkohol zu sich. Unmittelbar vor der jetzigen Tat ging er bereits einige Zeit keiner geregelten Arbeit nach. Besonders deutlich kommen jedoch die innere Haltung des Beschuldigten zur öffentlichen Ordnung und gegenüber den Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens sowie die Motive seines gewaltsamen Vorgehens gegen den Zeugen in seiner Aussage vor dem Untersuchungsorgan zum Ausdruck. Er sagte: „Ich ging in der Absicht zur Poliklinik, um dort diesen Mann zu finden und ihm eine richtige zu .donnern“. Dies hatte ich mir vorgenommen, obwohl dieser Mann mir persönlich überhaupt nichts getan hatte.“ Und: „Ich weiß, daß ich mich nicht richtig verhalten habe, aber solche Spinner, die immer mit jedem Mist zur Polizei rennen, müssen einmal gestutzt werden. In einer gleichen Situation würde ich mich, wenn es darauf ankommt, genauso verhalten.“ Bei zusammenhängender Betrachtung all dieser Umstände ergibt sich also, daß der Beschuldigte des Rowdytums i. S. des § 215 Abs. 1 und 2 StGB dringend verdächtig ist und damit auch der Haftgrund des § 122 Abs. 1 Ziff. 4 StPO vorliegt. Da auch der Charakter der den Gegenstand der Beschuldigung bildenden Straftat sowie die Persönlichkeit des Jugendlichen eine solche Maßnahme erforderlich machen, hätte das Bezirksgericht den gegen den Beschuldigten erlassenen Haftbefehl des Kreisgerichts nicht aufheben dürfen. Der Haftaufhebungsbeschluß des Bezirksgerichts war daher aufzuheben. Der durch das Oberste Gericht gemäß § 316 StPO erlassene Haftbefehl war aufrechtzuerhalten. §§ 47 Abs. 5, 238 StGB. Eine böswillige Verletzung von gemäß § 47 StGB gerichtlich festgelegten Erziehungsmaßnahmen ist dann gegeben, wenn der Täter bewußt aus demonstrativer Mißachtung gegen diese Maßnahmen verstößt. Nicht jede vorsätzliche Verletzung der Arbeitsdisziplin stellt gleichzeitig eine böswillige Pflichtverletzung i. S. des § 238 Abs. 1 StGB dar. BG Karl-Marx-Stadt, Urt. vom 7. November 1969 Kass. S 38/69. Das Kreisgericht hat den Angeklagten wegen böswilliger Verletzung von Erziehungsmaßnahmen (Vergehen gemäß § 238 Abs. 1 StGB) verurteilt. Gegen das Urteil richtet sich der zugunsten des Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Staatsanwalts des Bezirks, mit dem Verletzung des Gesetzes durch unrichtige Anwendung der §§ 238 Abs. 1 StGB und 222 StPO gerügt wird. Der Antrag führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Kreisgericht. Aus den Gründen: Der Sachverhalt ist noch nicht genügend aufgeklärt, und die vom Kreisgericht im Urteil getroffenen Feststellungen sind nicht ausreichend (wird, ausgeführt). Zweifellos hat der Angeklagte mit seinem Verhalten vorsätzlich gegen die Arbeitsdisziplin verstoßen; aber nicht jede vorsätzliche Verletzung der Arbeitsdisziplin stellt gleichzeitig eine böswillige Pflichtverletzung i. S. des § 238 Abs. 1 StGB dar. Als böswillig ist ein Verhalten dann zu bewerten, wenn der Angeklagte bewußt aus demonstrativer Mißachtung gegen die gerichtliche Entscheidung verstößt. Eine demonstrative Mißachtung liegt insbesondere dann vor, wenn der Täter gesellschaftliche oder staatliche Erziehungsmaßnahmen negiert oder solche durch sein Verhalten bewußt unmöglich macht und damit zu erkennen gibt, daß er nicht gewillt ist, sich in die Gesellschaft wieder einzugliedern. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Täter aus gesellschaftlich nicht gerechtfertigten Gründen bei Zuweisung eines Arbeitsplatzes kein Arbeitsrechtsverhältnis abschließt oder ohne Zustimmung des Gerichts das Arbeitsrechtsverhältnis löst, trotz Einwirkung durch das Arbeitskollektiv oder andere gesellschaftliche Kräfte grundlos der Arbeit fernbleibt oder wenn er zwar regelmäßig zur Arbeit erscheint, sich aber durch mangelhafte Arbeit, Nichterfüllung der Arbeitsaufgaben, Nichtbeachtung der erteilten Weisungen, pflichtwidrigen Umgang mit Maschinen und Geräten, gegen die erzieherische Einflußnahme stellt und damit zu erkennen gibt, daß er sich nicht ernsthaft um die Erfüllung der ihm auferlegten Pflichten bemüht (vgl. StGB-Lehrkommentar, Berlin 1969, Anm. 3 b zu § 35 [Bd. I, S. 175]). 118;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 118 (NJ DDR 1971, S. 118) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 118 (NJ DDR 1971, S. 118)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit für die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und tsljUlschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermitt-lungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. ca., die im Zusammenhang mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse des setzes durch die Dienst einheiten der Linie. Die Wahrnehmung der im Gesetz normierten Befugnisse durch die Angehörigen der Diensteinheiten der Linie Staatssicherheit erfordert die strikte Beachtung und Durchsetzung, insbesondere der im Gesetz geregelten Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Befugnisse. Zugleich sind die in der Verfassung der im-.St raf gesetzbuch und in der Strafprozeßordnung, in meinen Befehlen und Weisungen enthaltenen Bestimmungen und Richtlinien strikt durchzusetzen und einzuhalten.

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