Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1971, Seite 106

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Seite 106 (NJ DDR 1971, S. 106); Fragen der Gesetzgebung LISA SCHUSTER, wiss. Assistentin an der Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Sachverhaltsaufklärung im Zivilprozeß Die wahrheitsgemäße Feststellung des einem Rechtsstreit zugrunde liegenden Lebensvorganges ist eines der zentralen Probleme des gerichtlichen Verfahrens in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen./l/ Sie ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wissenschaftlichkeit der gerichtlichen Entscheidung und eine wichtige Grundlage für die Mitwirkung der Bürger bei der bewußten, schöpferischen Überwindung der einem Rechtsstreit zugrunde liegenden gesellschaftlichen Konflikte. Darüber hinaus trägt die richtige Feststellung des Sachverhalts entscheidend dazu bei, den am Verfahren beteiligten Bürgern die im Recht fixierten gesellschaftlichen Anforderungen an ihr Verhalten bewußt zu machen und sie zu veranlassen, ihr Handeln gemäß diesen Anforderungen auszurichten. Es kommt deshalb darauf an, im künftigen Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen eine exakte Regelung über den Umfang der Sachverhaltsaufklärung sowie über die Verantwortung des Gerichts und der Prozeßbeteiligten dabei zu treffen, die Forderung nach Feststellung der Wahrheit als Grundvoraussetzung einer gerechten Rechtsanwendung in den Verfahrensbestimmungen konkret auszugestalten und sich von allen Vorstellungen und Beschränkungen bürgerlicher Partei- und Verhandlungsmaxime zu befreien./2/ Im gegenwärtig vorliegenden Arbeitsentwurf des Gesetzes ist das Bemühen um eine solche Regelung deutlich zu erkennen. Trotzdem bleiben einige Fragen offen, die der Diskussion bedürfen. Zum Umfang der Sachverhaltsaufklärung Eine Grundsatzbestimmung des Entwurfs sieht vor, daß das Gericht die Hauptverantwortung für die Sachverhaltsaufklärung trägt und verpflichtet ist, im Zusammenwirken mit den Parteien und unter Mitwirkung der Bürger den Sachverhalt und die Ursachen des Streitfalles in einem konzentrierten Verfahren wahrheits-- gemäß festzustellen. Damit wird der Umfang der Sachverhaltsaufklärung auf die Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen und der Konfliktursachen begrenzt. Es werden jedoch wichtige Seiten der Sachverhaltsaufklärung, die sich in der Rechtsprechung herausgebildet haben, nicht berücksichtigt. Mit der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus wird es in immer stärkerem Maße erforderlich, den Bürgern ihre Aufgaben im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang bewußt zu machen./3/ Das bedeutet für den Zivilprozeß, daß sich IV IV Vgl. hierzu auch den Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 39. September 1970 (NJ-Beilage 5/70) sowie die weiteren Materialien von der 28. Plenartagung des Obersten Gerichts in NJ 1970, Heft 21. Präsident Dr. Toeplitz hat dort darauf hingewiesen, daß die im Plenarbeschluß behandelten grundsätzlichen Fragen der Wahrheitsfindung und Beweiswürdigung für alle Verfahrensarten gültig seien und auch für das künftige Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen Bedeutung erlangen (NJ 1970 S. 649). 121 Vgl. Wünsche, „Aufgaben bei der Neugestaltung des gerichtlichen Verfahrens in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen“, NJ 1970 S. 161 ff. (162). Vgl. dazu ferner Püschel. „Konzeptionelle Fragen des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen“, NJ 1970 S. 163 ff. (165), und Kellner, „Die mündliche Verhandlung“, NJ 1970 S. 170 ff. 131 Vgl. Verner, „Bericht des Politbüros an die 14. Tagung des Zentralkomitees der SED“, Neues Deutschland vom 10. Dezember 1970. S. 6; Mittag, Die Durchführung des Volkswirt- seine erzieherische Wirkung nicht darauf beschränken darf, die zu treffende Entscheidung mit bestimmten gesetzlichen Bestimmungen zu erklären; vielmehr ist sie als die konkrete Verwirklichung objektiver Erfordernisse bei der Gestaltung sozialistischer Beziehungen sichtbar zu machen. Diese Seite des Zivilprozesses, die entscheidend seine erzieherische Rolle bestimmt, muß durch die Sachverhaltsaufklärung vorbereitet werden. Die objektiven Erfordernisse sind in ihrer konkreten Erscheinungsform als vor den Parteien und anderen gesellschaftlichen Kräften stehende Aufgaben herauszuarbeiten und bewußt zu machen. Dabei geht es nicht allein um die zivilrechtlich ausgestalteten Rechte und Pflichten, sondern auch um ihre Verflechtung mit anderweitig ausgestalteten gesellschaftlichen Verhaltensweisen (z. B. moralische Pflichten oder aus anderen Rechtszweigen resultierende Aufgaben und Verpflichtungen)./ Um eine derartige komplexe Herausarbeitung der gesellschaftlichen Aufgabenstellung im konkreten Rechtsstreit und um die Zurückführung der zivilrechtlichen Rechte und Pflichten auf die konkreten gesellschaftlichen Erfordernisse bemüht sich die Rechtsprechung seit Jahren. Besonders deutlich wird dies in der Miet-rechtsprechung./5/ Diese Seite der Sachverhaltsaufklärung kommt m. E. in dem eingangs erwähnten Grundsatz des Entwurfs des Verfahrensgesetzes noch nicht genügend zum Ausdruck. Die Prozeßrechtswissenschaft und -praxis der DDR hat marxistisch-leninistisch fundierte Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung im Zivilprozeß herausgearbeitet, die auf den Anschauungen der von der Arbeiterklasse geführten Werktätigen beruhen und im Prinzip der Erforschung der objektiven Wahrheit konzentriert zum Ausdruck kommen. Die wissenschaftliche Fundierung der Zivilrechtsprechung erfordert die umfassende Sachverhaltsaufklärung und die wahrheitsgemäße Feststellung aller Tatsachen. Die politisch-ideologische Wirksamkeit der Verfahren ist von einer komplexen, über den Einzelrechtsstreit hinausgehenden Sachverhaltsaufklärung abhängig, die bis zu den ideologischen Prozessen, die dem Rechtsstreit zugrunde liegen, vordringt. Ein bisher noch nicht eindeutig geklärtes Problem ist, inwieweit die Ursachen und Bedingungen sowie die dem Konflikt zugrunde liegenden ideologischen Prozesse ebenso wie die rechtserheblichen Tatsachen stets wahrheitsgemäß, also zweifelsfrei festzustellen sind. Damit ist vor allem die Frage verbunden, ob es im Zivilprozeß ohne unzulässige Verzögerung und Aufblähung des Verfahrens möglich ist, hohe, unserer gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklung entsprechende Anforderungen an die Erforschung von Ursachen, Bedingungen und ideologischen Prozessen zu stellen. schaftsplanes im Jahre 1970, Berlin 1970, S. 4; Lehmann/Weber, „Theoretische Grundfragen der sozialistischen Rechtspflege“. NJ 1969 S. 606 ff. (610). /4/ Zum Wechselverhältnis von Recht und Moral, vgl. W. Ulbricht, „Die Rolle des sozialistischen Staates bei der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus“, NJ 1968 S. 641 ff. (648), und P. B. Schulz, „Zur Dialektik von Recht und Moral“, NJ 1969 S. 193 ff. /5/ Vgl. dazu OG, Urteil vom 3. März 1964 2 Zz 3/64 (NJ 1964 S. 501) ; OG, Urteil vom 29. Oktober 1968 2 Zz 25/68 (NJ 1969 S. 187); OG, Urteil vom 29. November 1968 2 Zz 30/68 (NJ 1969 S. 189). 106;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 25. Jahrgang 1971, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1971. Die Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1971 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1971 auf Seite 758. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 25. Jahrgang 1971 (NJ DDR 1971, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1971, S. 1-758).

Die mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß mit diesen konkrete Vereinbarungen über die Wiederaufnahme der aktiven Zusammenarbeit getroffen werden. Zeitweilige Unterbrechungen sind aktenkundig zu machen. Sie bedürfen der Bestätigung durch den Genossen Minister oder durch seine Stellvertreter oder durch die in der der Eingabenordnung Staatssicherheit genannten Leiter. Entschädigungsansprüche von Bürgern bei Handlungen der Untersuchungsorgane Staatssicherheit auf der Grundlage des Verfassungsauftrages Staatssicherheit , des Ministerratsgesetzes. und in Realisiedazu Forschungsergebnisse Grundlegende Anforderungen und zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei VerdächtigenbefTagungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit eine in mehrfacher Hinsicht politisch und politisch-operativ wirkungsvolle Abschlußentscheidung des strafprozessualen Prüfungsvertahrens. Sie wird nicht nur getroffen, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungsmaßnahmen der Verdacht einer Straftat begründet werden kann, oder wenn zumindest bestimmte äußere Verhaltensweisen des Verdächtigen die Verdachtshinweisprüfung gerechtfertigt haben. Komplizierter sind dagegen jene Fälle, bei denen sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege vorliegen, ist die Sache an dieses zu übergeben und kein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Der Staatsanwalt ist davon zu unterrichten.

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