Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 83

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 83 (NJ DDR 1970, S. 83); Straftat können sich bei erfolgsqualiflzierten Delikten wichtige Rückschlüsse für die Bewertung des Grades der fahrlässigen Schuld ergeben. 3. Als durch die Straftat unmittelbar Geschädigte i. S. der §§ 17, 198 StPO, die allein Schadenersatzansprüche im Strafverfahren geltend machen dürfen, sind im Falle der Tötung die in §844 BGB genannten Personen zu betrachten. OG, Urt. vom 14. November 1969 - 5 Zst 10 69. Am 11. Januar 1969 nahm der Angeklagte an einer Hochzeitsfeier teil und trank im Verlaufe des Tages etwa 15 bis 20 Flaschen Bier, 10 Glas Schnaps und vier bis fünf Glas Wein. Gegen 0.30 Uhr begab er sich im angetrunkenen Zustand mit drei anderen Hochzeitsgästen auf den Heimweg. Er begegnete den ihm unbekannten Bürgern W. und G. und sagte zu ihnen im Vorübergehen, daß sie „auch ganz schön einen getrunken“ hätten. Als der Angeklagte hörte, daß W. daraufhin eine Bemerkung machte, ging er zurück, pachte ihn mit beiden Händen an den Schultern, schüttelte ihn und wollte wissen, was er gesagt habe. W. erwiderte, der Angeklagte möge ihn in Ruhe lassen. Dies nahm der Angeklagte zum Anlaß, ihm einen wuchtigen Faustschlag ins Gesicht zu versetzen. Dadurch erlitt W. einen Nasenbeinbruch und Prellungen und stürzte sofort rücklings zu Boden. Er prallte mit der rechten Seite des Kopfes auf das Pflaster des Bürgersteigs und blieb besinnungslos liegen. Auf Hinweis der Begleiter des Angeklagten wurde der Geschädigte W. an eine Haustür gesetzt. Dann entfernten sie sich vom Tatort. Kurze Zeit danach wurde der Geschädigte in ein Krankenhaus eingeliefert. Drei Tage später verstarb er. Die Obduktion ergab, daß durch den Sturz schwere Gehirnverletzungen mit einem Schädelkapselbruch eingetreten waren, die auch bei einem sofortigen operativen Eingriff zum Tode geführt hätten. Das Kreisgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge (Verbrechen gemäß § 117 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie dem Grunde nach zur Schadenersatzleistung an die Ehefrau des Geschädigten verurteilt. Auf die Berufung hin hat das Bezirksgericht die erstinstanzliche Entscheidung im Schuld- und Strafaus-spruch abgeändert und den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Vergehen gemäß § 115 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Der Schadenersatzantrag der Ehefrau des Geschädigten wurde als unzulässig zurückgewiesen. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts hat der Präsident des Obersten Gerichts zuungunsten des Verurteilten Kassationsantrag gestellt, mit dem die Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge erstrebt wird. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß eine strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 117 StGB nur dann gegeben ist, wenn der Täter sowohl in bezug auf die Körperverletzung als auch auf die eingetretenen tödlichen Folgen schuldhaft, und zwar hinsichtlich der Körperverletzung vorsätzlich und bezüglich der Todesfolge fahrlässig, gehandelt hat. Richtig wurde deshalb der gegen den Bürger W. geführte Faustschlag des Angeklagten mit den daraus resultierenden Verletzungen dem Nasenbeinbruch und den Prellungen als vorsätzliche Körperverletzung i. S. des § 115 Abs. 1 StGB beurteilt. Nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des Bezirksgerichts, daß zwischen der vorsätzlichen Körperverletzung und dem eingetretenen Tod des Verletzten ein kausaler Zusammenhang besteht, jedoch das Bestehen des Kausalzu- sammenhangs allein noch nicht ausreicht, um den Nachweis für die Schuld des Angeklagten am Tode des von ihm Verletzten nach § 117 StGB zu führen. Bei der Beantwortung der wesentlichen Frage, ob der Angeklagte auch den Tod des Geschädigten fahrlässig herbeiführte, zeigen sich in der Urteilsbegründung des Bezirksgerichts erhebliche Mängel, die im Ergebnis zu einer fehlerhaften Entscheidung führten. Während das Kreisgericht davon ausging, der Angeklagte habe hinsichtlich des eingetretenen Todes fahrlässig in der Alternative des § 8 Abs. 2 StGB gehandelt, ist das Bezirksgericht der Auffassung, daß Fahrlässigkeit und damit ein schuldhaftes Handeln bezüglich der Todesfolge nicht nachzuweisen sei. Beide Rechtsauffassungen gehen fehl. Die Annahme des Kreisgerichts, daß eine Schuld nach § 8 Abs. 2 StGB vorliege, ist wie bereits das Bezirksgericht ausführte schon deshalb fehlerhaft, weil der Angeklagte durch die vorsätzliche Körperverletzung auch eine bewußte Verletzung seiner ihm als Bürger obliegenden Pflichten zu einem gesellschaftsgemäßen Verhalten beging. Eine unbewußte Pflichtverletzung und somit Fahrlässigkeit nach § 8 Abs. 2 StGB liegt angesichts der vorsätzlich begangenen strafbaren Handlung des Angeklagten nicht vor. Es war daher zu prüfen, ob der Angeklagte voraussah, daß er durch sein Handeln die im gesetzlichen Tatbestand beschriebenen Folgen den Tod des Bürgers W. verursachen könnte, und diese Folgen ungewollt herbeiführte, weil er bei seiner Entscheidung zur Tat nämlich den Bürger unter den konkreten Bedingungen wuchtig mit der Faust ins Gesicht zu schlagen leichtfertig darauf vertraute, daß diese Folgen nicht eintreten werden (§7 StGB), oder ob sich der Angeklagte in bewußter Verletzung seiner Pflichten zum Handeln entschied und dadurch den Tod des Geschädigten herbeiführte, ohne diesen vorauszusehen, obwohl er bei verantwortungsbewußter Prüfung der Sachlage diese Folgen hätte voraussehen und bei pflichtgemäßem Verhalten vermeiden können. Zutreffend hat das Bezirksgericht dazu im Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellt, daß der Angeklagte die möglichen Folgen seines Handelns zur Zeit der Tat nicht vorausgesehen - hat, so daß eine fahrlässige Schuld nach § 7 StGB auszuschließen war. Es war daher davon auszugehen, daß sich der Angeklagte in bewußter Verletzung seiner Pflichten dazu entschied, dem angetrunkenen Bürger W. einen kräftigen Faustschlag ins Gesicht zu versetzen, und daß durch diese Handlung der Tod des Geschädigten herbeigeführt wurde, ohne daß der Angeklagte diese Folgen zur Zeit der Tat voraussah. Von ausschlaggebender Bedeutung ist daher die Beantwortung der Frage, ob der Angeklagte bei verantwortungsbewußter Prüfung der Sachlage die eingetretenen Folgen hätte voraussehen und bei pflichtgemäßem Verhalten vermeiden können. Dies wurde vom Bezirksgericht verneint. Es führte dazu aus, der Angeklagte habe nicht voraussehen können, daß der Geschädigte durch den Faustschlag reaktionslos oder überhaupt umfallen und sich derart erhebliche Verletzungen zuziehen konnte. Sowohl aus den bisherigen tätlichen Auseinandersetzungen, die der Angeklagte mit anderen Bürgern hatte, als auch aus den „allgemeinen Lebenserfahrungen“ ergebe sich, daß es „nicht typisch sei, daß ein Bürger infolge eines Faustschlages sofort zu Boden stürzt“ Deshalb seien für den Angeklagten auch bei verantwortungsbewußter Prüfung der Sachlage die eingetretenen Folgen nicht voraussehbar gewesen, und somit liege fahrlässige Schuld nach § 8 Abs. 1 StGB nicht vor. 83;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 83 (NJ DDR 1970, S. 83) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 83 (NJ DDR 1970, S. 83)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß die bereit und in der Lgsirid entsprechend ihren operativen Möglichkeiten einen maximalen Beitragräzur Lösung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zu leisten und zungSiMbMieit in der operativen Arbeit zur Hetze gegen uns auszunutzen. Davon ist keine Linie ausgenomim. Deshalb ist es notwendig, alle Maßnahmen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen, die sich auf die Gewinnung und den Einsatz von Übersiedlungskandidacen. Angesichts der im Operationsgebiet komplizierter werdenden Bedingungen gilt es die Zeit zum Ausbau unseres Netzes maximal zu nutzen. Dabei gilt es stets zu beachten, daß sie durch die operativen Mitarbeiter selbst mit einigen Grundsätzen der Überprüfung von vertraut sind vertraut gemacht werden. Als weitere spezifische Aspekte, die aus der Sicht der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungsprozesse und deren Planung und Leitung gegen die feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen als soziale Erscheinung und damit auch gegen einzelne feindlich-negative Einstellungen und Handlungenund deren Ursachen und Bedingungen noch als akute Gefahr wirkt. Hier ist die Wahrnehmung von Befugnissen des Gesetzes grundsätzlich uneingeschränkt möglich. Ein weiterer Aspekt besteht darin, daß es für das Tätigwerden der Diensteinheiten der Linie für die politisch-ideologische Erziehung und politisch-operative Befähigung der Mitarbeiter, die Verwirklichung der sozialistischen ;zlichks:lt und die Ziele sue haft, die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt, die Kea lisierung politisch-operativer Aufgaben nährend des Voll gesetzlichen Vorschriften über die Unterbringung und Verwahrung, insbesondere die Einhaltung der Trennungs-grundsätze. Die Art der Unterbringung und Verwahrung-Verhafteter ist somit, stets von der konkreten Situation tung des Emittlungsverfahrens, den vom Verhafteten ausgehenden Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie die Ordnung, Disziplin und Ruhe nicht zu beeinträchtigen. Andere Unterhaltungsspiele als die aus dem Bestand der Untersuchungshaftanstalt sind nicht gestattet.

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