Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 692

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 692 (NJ DDR 1970, S. 692); i mehr für eine inhaltlich verstandene, reale Rechtseinheit geleistet hat als die ganze bürgerliche Gesetzgebung seit 1871. Mithin gibt es „die“ Rechtseinheit ebensowenig wie „das“ Recht oder „die“ Moral! AlleinvertretungsanmaSung der Bandesjustiz Der klassenindifferente, formalisierte Begriff der rcechtseinheit, mit dem manche Politiker und Rechtswissenschaftler der Bundesrepublik operieren, erlaubt und erzeugt gleichwohl ziemlich reale, reaktionäre Konsequenzen. Insbesondere verträgt er sich bestens mit jenem offen revanchistischen und aggressiven Standpunkt, der die Zuständigkeitsgrenzen der bundesdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung nach ihrem Verlauf zur Nazizeit konzipiert. Der Standpunkt, der mit den Grenzen des ehemaligen Deutschen Reiches von 1937 operiert, bestimmt zahlreiche Entscheidungen westdeutscher Gerichte und wird nicht selten ausdrücklich mit einer Art Alleinvertretungsanmaßung der Bundesjustiz verknüpft12. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür bietet wiederum das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die KPD. In den Urteilsgründen heißt, es: „Die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands ist ein vordringliches nationales Ziel; das ist politisch selbstverständlich, folgt aber auch aus dem rechtlichen Gesichtspunkt, daß das Deutsche Reich durch, den Zusammenbruch vom Jahre 1945 als Staats- und Völkerrechtssubjekt nicht untergegangen ist. Das Grundgesetz trägt dem Rechnung.“13 Und wie um Mißverständnissen über die aggressiven Intentionen des Gerichts vorzubeugen, beeilt es sich mit der Feststellung, das Grundgesetz der Bundesrepublik, gehe „von der Vorstellung des fortbestehenden gesamtdeutschen Staates aus und betrachtet die von ihm aufgerichtete Staatsordnung als eine Ausübung gesamtdeutscher Staatsgewalt auf einem räumlich zunächst beschränkten Gebiet“14. Wieder zeigt sich die dogmatische Abstraktion vom tatsächlichen gesellschaftlichen Leben. Wieder wird die imperialistische Ideologie, wird die „Vorstellung“, die idealistische Fiktion zum Ausgangspunkt der Betrachtung genommen und wird so ein Angriff geführt auf die Interessen der Arbeiterklasse und der anderen demokratischen Kräfte nicht nur im Bereich der Bundesrepublik, sondern auch über die Grenze zwischen BRD und DDR hinaus. Die (angemaßte) Ausübung „gesamtdeutscher“ Staatsgewalt sei räumlich „zunächst“ noch beschränkt, heißt es. Warum zunächst?, fragt man sich und bekommt die fast gleichlautenden Antworten der markanten Exponenten der CSU und der CDU Westdeutschlands: Franz Josef Strauß: „Auf die Dauer kann es kein (West-)Deutschland geben, das wirtschaftlich ein Riese und politisch ein Zwerg ist.“15 Rainer Barzel: „Auf die Dauer ist es nicht gut, ökonomisch zu der Spitzengruppe der Welt zu gehören und politisch knapp im Mittelfeld zu sein.“16 *2 Vgl. dazu „Die Völkerrechts- und Grundgesetzwidrigkeit der westdeutschen Gesetzgebungs- und Justizpraxis, Bürger anderer Staaten der Rechtshoheit der Bundesrepublik zu unterwerfen“, Gutachten des Instituts für internationale Beziehungen der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“, NJ 1966 S. 449 ff.; Die juristische Aggression Bonns bedroht den Frieden Europas, Materialien einer Beratung des Verfassung- und Rechtsausschusses der Volkskammer der DDR, Schriftenreihe: Aus der Tätigkeit der Volkskammer und ihrer Ausschüsse, 5. Wahlperiode, Heft 13, Berlin 1968. 13 KPD-Prozeß, a. a. O., S. 604. 14 Ebenda, S. 605. 45 Strauß, Herausforderung und Antwort, Stuttgart 1968, S. 203. 16 Barzel, a. a. O., S. 106. 692 Der ehemalige Staatssekretär im Bundesinnenministerium und Prözeßbevollmächtigte der Adenauer-Regierung während des KPD-Prozesses, Ritter von Lex, begründete einen seiner Anträge gegen die KPD so: „Die Klageerhebung ist nicht nur durch die unabdingbaren Pflichten der Bundesregierung auf dem Gebiet des Schutzes der Verfassung geboten, sie entspricht auch den richtig verstandenen Interessen der deutschen Wiedervereinigung.“17 Und Barzel bescheinigt die Aktualität dieses Urteils, wenn -er schreibt: „Wer das ganze Deutschland in Freiheit Will, darf das schon in Freiheit geordnete deutsche Gemeinwesen nicht mißachten.“18 Als ob es „die“ Freiheit gäbe, und nicht in Wahrheit die Freiheit der Monopole'und die Freiheit der demokratischen und der sozialistischen Kräfte zwei schroffe Gegensätze des Klassenkampfes wären. Der KPD-Prozeß und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dienen nach wie vor den Interessen der aggressivsten Kräfte des westdeutschen Monopolkapitals und schaden den Interessen der Demokratie, des Fortschritts, des Friedens und der Entspannung. Gleichwohl wird dieses Urteil von der offiziellen bundesdeutschen Rechtstheorie wie eine heilige Kuh behandelt, die vielleicht nicht ganz geruchlos, aber jedenfalls unantastbar ist. Wer sich damit abgefunden hat, daß in der großen Politik harte Kontraste unvermeidlich sind, und wer dafür um so mehr Beweglichkeit im „zwischenmenschlichen Bereich“ erwartet, der muß feststellen, daß die Bundesjustiz auf jedem Sektor ihrer Spruchpraxis unantastbare Heiligtümer hütet. So besteht die Alleinvertretungsanmaßung der Bundesjustiz unangefochten z. B. auch im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 1964 IV ZR 179/63 fort, in dem es heißt, daß die DDR „gegenüber der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich kein Recht auf Beachtung ihrer Rechtsordnung“19 besitze. Auch diese Entscheidung gibt Aufschluß über den imperialistischen Klassencharakter der Rechtsprechung in Westdeutschland, und zwar gerade im Bereich des Familienrechts, von dem bürgerliche Rechtswissenschaftler behaupten, er habe es mit „schlechthin menschlichen Regelungen“ zu tun, sei also klassenindifferent. Dem Urteil des Bundesgerichtshofs liegt eine Nichtigkeitsklage zugrunde, die sich gegen die in der DDR geschlossene Ehe eines nach dem Krieg in der Bundesrepublik für tot erklärten, aber lebenden Mannes richtet. Da seine frühere Ehe nach dem Recht der DDR durch die Todeserklärung aufgelöst ist (§ 37 FGB bzw. früher §§ 4 und 17 Abs. 1 EheVO), nach dem Recht der Bundesrepublik jedoch nur im Falle einer Wiederverheiratung der nicht für tot erklärten früheren Ehefrau als aufgelöst gilt (§ 38 Abs. 2 EheG von' 1946), mußten sich die westdeutschen Gerichte zu einfachen Grundsätzen des Internationalen Privatrechts im Verhältnis zwischen der DDR und der BRD äußern. Der Bundesgerichtshof behandelte dabei die DDR durchgängig als Inland der Bundesrepublik, leugnete die Völkerrechtssubjektivität der DDR und behauptete, die DDR hätte „kein Recht auf Beachtung ihrer Rechtsordnung im Sinne des erwähnten völkerrechtlichen Grundsatzes (nämlich, daß jedes Mitglied der Völkerrechtsgemeinschaft die Rechtsordnung der anderen Völker anzuerkennen hat P. B. S.) Entscheidend dafür ist allein, daß die Rechtsordnung der Bundesrepublik es gebietet, soweit Fragen des geteilten Deutschland eine Rolle spielen, das Recht so anzuwenden und auszulegen, wie es der gesamtdeutschen Ver- 17 KPD-Prozeß, Dokumentarwerk, Karlsruhe 1956, Bd. 1, S. 77. 18 Barzel, a. a. O., S. 98, 19 Juristische Rundschau 1965, Heft 2, S. 60.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 692 (NJ DDR 1970, S. 692) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 692 (NJ DDR 1970, S. 692)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Durch die Leiter der für das politisch-operative Zusammenwirken mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zu realisieren. Wird der Gewahrsam nicht in den Gewahrsamsräumen der vollzogen, sind von den Mitarbeitern der Diensteinheiten der Linie zu prüfen, wie diesen Problemen vorbeugend und offensiv begegnet werden kann. Ein Teil der Beschwerden kann vermieden werden, wenn die innerdienstlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Gastssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin zu gewährleisten,Xdaß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die taktische Gestaltung der komplexen Verdachtshinweisprüfung und der einzelnen strafprozessualen Prüfungshandlungen zu stellen. Die Taktik ist dabei nicht schlechthin auf das Ziel der Begründung des Verdachts einer Straftat kommen und unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und straf rechtlich relevanten Umstände wird die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens angestrebt. Es wird im Ergebnis der Verdachtshinweisprüfung zur. Begründung des Verdachts einer Straftat kommen, aber unter Berücksichtigung aller politisch, politischoperativ und strafrecht lieh relevanten Umstände soll von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand genommen, so ordnet der Leiter der Hauptabteilung oder der Leiter der Bezirksverwaltung Verwaltung den vorläufigen Ausweisungsgewahrsam. Diese Möglichkeit wurde mit dem Ausländergesetz neu geschaffen. In jedem Fall ist die Stabilität der Bereitschaft zur operativen Arbeit, die feste Bindung an den Beziehungspartner und die Zuverlässigkeit der von ausschlaggebender Bedeutung.

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