Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 636

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 636 (NJ DDR 1970, S. 636); Bürger, Straftaten konsequent zu bekämpfen und der Kriminalität wirksam vorzubeugen. Das erfordert die kompromißlose Bloßlegung ihrer Wurzeln, die exakte Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und der Persönlichkeit des Angeklagten sowie der Ursachen und Bedingungen seines Handelns. Die Feststellung der Wahrheit ist nicht bloß für die Beantwortung der Frage, ob der Angeklagte schuldhaft oder nicht schuldhaft handelte, von Bedeutung. Unser sozialistisches Strafrecht verlangt neben der exakten Schuldfeststellung zugleich die Aufdeckung der Ursachen und Bedingungen der Straftat, die Einschätzung der Persönlichkeit des Angeklagten und die Feststellung der Folgen der Tat. Das ist zur wirksamen Bekämpfung und Verhütung der Kriminalität nicht nur im Einzelfall, sondern auch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe notwendig. Das Gebot der Wahrheitserforschung gilt daher für alle im Strafverfahren zu treffenden Feststellungen. Die Gewähr für die Lösung der gerichtlichen Aufgaben auf dem Gebiet der Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im Strafprozeß liegt einmal in den sozialistischen gesellschaftlichen Verhältnissen selbst, in denen der Klassenantagonismus und die diesem eigene Beschränkung der Erkenntnis der Wahrheit, insbesondere im gesellschaftlichen Bereich, beseitigt sind. Sie ist zum anderen in der sozialistischen Parteilichkeit begründet, die der wissenschaftlichen Beweisführung immanent ist, mit der die Gerichte an die Erforschung und Feststellung der Wahrheit ,im Strafverfahren her-angehen. Hierin wird auch der grundlegende Unterschied zur Rechtsprechung in der westdeutschen Bundesrepublik sichtbar. Die Eingliederung der Gesetzgebung und der Rechtsprechung in das staatsmonopolistische Herrschaftssystem wird dort auch auf dem Gebiet des Beweisrechts sichtbar. Es kann daher nicht verwundern, daß sich reaktionäre Strafprozeßtheoretiker und -prak-tiker bemühen, auf dem Gebiet der gerichtlichen Beweisführung das Problem der Wahrheit zu entstellen, und nur solche Erkenntnisse als wahr anerkennen, die für die Realisierung der reaktionären Klasseninteressen nützlich sind. Es ist aufschlußreich, wie sich in der kapitalistischen und imperialistischen Rechtstheorie und -praxis die Auffassungen von dem, was als „Wahrheit“ im Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellen ist, gewandelt haben. Während in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch gefordert wurde: „Es genügt als Zustand, der die Verurteilung rechtfertigen kann, nur der Zustand der Gewißheit“1, hieß es in den achtziger Jahren schon, daß diese Gewißheit „von der Wahrscheinlichkeit nur dem Grade, nicht aber der Art nach verschieden, äußerlich nicht meßbar“ sei2. Noch weiter ging das ehemalige Reichsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahre 1927: „Der Richter muß sich mit einem so hohen Grad von Wahrscheinlichkeit begnügen, wie er bei möglichst erschöpfender und gewissenhafter Anwendung der vorhandenen Mittel der Erkenntnis entsteht. Ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit gilt als Wahrheit.“3 Die Krönung dieses Subjektivismus lieferte der westdeutsche Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahre 1953, das auch heute noch für die Rechtsprechung richtungweisend ist. Dort heißt es: „ . das Wesen der freien Beweiswürdiguag besteht nicht nur in der Freiheit von gesetzlichen Beweisregeln, sondern 1 Mlttermeyer, Das deutsche Strafverfahren, 1. TeU, Heidelberg 1845, S. 526. 2 Glaser, Handbuch des Strafprozesses, Bd. 1, Leipzig 1883, S. 347. 3 RGSt Bd. 61, S. 206. 636 auch in der Freiheit der Entschließung bei der Beantwortung der Schuldfrage gegenüber objektiv an sich möglichen Zweifeln. Der Begriff der Überzeugung schließt die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Sachverhalts nicht aus.“'4 Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß eine solche Wahrheitsauffassung mit sozialistischen Grundsätzen unvereinbar ist, da sie unwissenschaftlich ist und nicht der Arbeiterklasse und den mit ihr verbündeten Klassen und Schichten dient. Das sozialistische Strafverfahren kann seine Funktion nur dann erfüllen, wenn in ihm die Wahrheit über die Strafsache zweifelsfrei festgestellt wird. Die Feststellung der Wahrheit ist in der sozialistischen Ordnung generell und im Strafverfahren im besonderen eine notwendige Bedingung wirksamer wissenschaftlicher staatlicher Leitungstätigkeit. Das unterstrich auch der Vorsitzende des Staatsrates, Walter Ulbricht, als er in seiner Programmatischen Erklärung vom Oktober 1960 unter der Thematik „Grundfragen unserer Staatspolitik“ ausführte: „Das Wichtigste sind: Wahrheit und Klarheit.“5 Zu einigen Ergebnissen von Untersuchungen über die gerichtliche Beweisführung Untersuchungen der gerichtlichen Praxis haben ergeben, daß in der überwiegenden Mehrheit aller Strafverfahren die Schuld der Angeklagten zweifelsfrei festgestellt wird. Darin spiegelt sich das große Verantwortungsbewußtsein der Richter bei der Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit wider. Diese positive Gesamteinschätzung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß teilweise, insbesondere bei komplizierten Sachverhalten, in der gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung noch Mängel auftreten. Sie zeigen sich in folgendem: 1. Das Wesen des Verhaltens des Angeklagten wird noch nicht überall in seinen gesellschaftlichen Zusammenhängen erforscht. Manche Gerichte begnügen sich mit der Feststellung des äußeren Tatgeschehens. 2. Teilweise werden die wirklichen Ursachen und Bedingungen des Verhaltens des Angeklagten nicht exakt nachgewiesen. 3. Es mangelt an einer umfassenden Aufklärung und Charakterisierung der Schwere der Straftat. 4. Bei Delikten, die von mehreren Tätern begangen wurden, wird zuweilen der Tatbeitrag der einzelnen Täter nicht gründlich genug erforscht. 5. Bei mehrfachen Eigentumsdelikten und bei Rückfalldelikten wird aus dem zweifelsfreien Nachweis einer oder mehrerer Handlungen teilweise unzulässig ohne exakten Nachweis auf das Vorliegen weiterer Handlungen geschlossen. Die Ursachen für diese Mängel liegen in unzureichenden Kenntnissen über die theoretischen Grundfragen der Beweisführung und Wahrheitsfindung, . insbesondere über die Maßstäbe, die das sozialistische Strafrecht dafür gesetzt hat; nicht genügender Beherrschung der praktischen Anforderungen an Inhalt und Umfang der gerichtlichen Beweisaufnahme, wie sie sich aus entsprechenden Leitungsdokumenten des Obersten Gerichts und seiner Rechtsprechung ergeben; noch ungenügender Fähigkeit, festgestellte Fakten richtig in die gesellschaftlichen Zusammenhänge und die jeweilige Situation einzuordnen und zu bewerten; 4 Goltdammers Archiv für Strafrecht 19/54, Heft 5, S. 152. 5 Programmatische Erklärung des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR vor der Volkskammer am 4. Oktober 1960, Berlin 1960, S. 34.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 636 (NJ DDR 1970, S. 636) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 636 (NJ DDR 1970, S. 636)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen führen die Dienstaufsicht für die in ihrem Dienstbereich befindlichen Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit durch. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Untersuchungshaft; der Haftgründe; der Einschätzung der Persönlichkeit des Verhafteten zu bestimmen. Die Festlegung der Art der Unterbringung obliegt dem Staatsanwalt und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft zu garantieren. Zu bestimmen ist des weiteren, durch welche Handlungen und Reaktionen einschließlich von Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben ode Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder Widerstan gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft und auch der möglichst vollständigen Unterbindung von Gefahren und Störungen, die von den Verhafteten ausgehen. Auf diese Weise ist ein hoher Grad der Ordnung und Sicherheit bei der Besuchsdurchführung rechtzeitig erkannt, vorbeugend verhindert und entschlossen unterbunden werden können. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der Forschung zur Sicherung von Verhafteten in Vorbereitung und Durchführung gerichtlicher Hauptverhandlungen, sowie zur Sicherung von Transporten mit Inhaftierten - Mit der wurde eine einheitliche Verfahrensweise für die Linie geschaffen.

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