Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 622

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 622 (NJ DDR 1970, S. 622); Eine völlig andere Stellung bekleidet jedoch der Buchhalter der Genossenschaft. Zwar kann seine Stellung auch als Vertrauensstellung bezeichnet werden, jedoch ist ihm keine Dispositionsbefugms übertragen. Aus der Empfehlung einer Arbeitsordnung für Buchhalter der LPGs vom 18. Dezember 1953 (GBl. S. 1300) sowie aus Ziff. 66 LPG-MSt Typ III ergibt sich, daß er nur auf der Grundlage von Entscheidungen und Verfügungen der Vertretungsberechtigten tätig werden kann. Er kann demzufolge auch nicht Täter einer Straftat nach § 165 StGB sein. Unterstützt er Handlungen, die der Vorsitzende der LPG entgegen seinen Rechtspflichten vomimmt, und stellt sich dessen Verhalten als Vertrauensmißbrauch heraus, dann kann der Buchhalter ggf. wegen Beihilfe zum Vertrauensmißbrauch zur Verantwortung gezogen werden. Für die Erfüllung des Tatbestands des § 165 StGB ist weiterhin erforderlich, daß der Täter die ihm eingeräumte Verfügungs- oder Entscheidungsbefugnis mißbraucht und dadurch vorsätzlich einen bedeutenden wirtschaftlichen Schaden verursacht oder erhebliche persönliche Vorteile für sich oder andere erlangt. Unter Mißbrauch ist dabei die krasse Verletzung der dem Täter bei der Ausübung der Dispositionsbefugnis zukommenden Pflichten oder die erhebliche Überschreitung der Grenzen dieser Befugnisse zu verstehen, welche die im § 165 StGB genannten Folgen herbeiführen. Dem Kreisgericht ist dabei dahingehend zu folgen, daß die auf Veranlassung des Angeklagten A. nicht erfolgte Aufnahme der Verbindlichkeiten der LPG in die Meldungen und Berichte gegenüber der Bank sich als ein Mißbrauch der Entscheidungsbefugnis des Angeklagten A. darstellt. Es ist auch zutreffend, daß diese Maßnahme zur Auszahlung der etwa 32 000 M für die Jahresendauszahlung führte. Insofern ist unabhängig von dem Betrag, der auf die einzelnen Mitglieder entfiel, ein erheblicher persönlicher Vorteil sowohl für den Angeklagten A. als auch für die übrigen Mitglieder der Genossenschaft eingetreten. Nicht hinreichend geklärt ist bisher, ob sich die erlangten Vorteile auf diese Summe erstrecken oder ob darüber hinaus noch weitere persönliche Vorteile eingetreten sind. Diese könnten beispielsweise in unberechtigten Zuführungen zum Akkumulationsfonds oder in anderen Erscheinungen bestehen. Das wird noch aufzuklären sein, wobei sich das Kreisgericht der Hilfe eipes Sachverständigen wird bedienen müssen. Diese Prüfung wird sich aber auch darauf erstrecken müssen, inwieweit durch das Verhalten des Angeklagten A. etwa ein bedeutender wirtschaftlicher Schaden eingetreten ist. Ein derartiger Schaden könnte sich als negative Auswirkung auf den ökonomischen Prozeß innerhalb der Genossenschaft selbst darstellen. Soweit mit dem Protest darauf hingewiesen wird, daß Schaden auch auf Seiten der Betriebe eingetreten sein könnte, denen gegenüber die Verbindlichkeiten nicht beglichen wurden, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Insofern ist beachtlich, daß der größte Teil des Gesamtbetrages auf Grund einer Vereinbarung mit dem Leiter der einen BHG nicht termingerecht gezahlt wurde. Etwaige Auswirkungen auf diesen Betrieb hätte deshalb dessen Leiter zu vertreten. Die anderen Rechnungsbeträge sind nicht derart hoch, daß von einem bedeutenden wirtschaftlichen Schaden gesprochen werden kann. Der Tatbestand des Vertrauensmißbrauchs verlangt hinsichtlich der verursachten Folgen ein vorsätzliches Handeln. Das Kreisgericht führt dazu aus, daß die Angeklagten die Manipulationen Vornahmen, um die Jahresendauszahlung zu sichern. Diese Feststellung ist nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme nicht überzeugend. Der Angeklagte A. erklärte in Übereinstimmung mit seinen Aussagen im Ermittlungsverfahren in der Hauptverhandlung, daß er bei den Manipulationen davon ausging, die festgestellte Kostenüberschreitung so niedrig wie möglich auszuweisen. Erst 1969 sei ihm klar geworden, daß bei richtiger Handhabung die Jahresendauszahlung nicht gewährleistet worden wäre. Auch der Angeklagte I. trug vor, daß er bei der Nichtbuchung davon ausgegangen ist, daß bei Buchung der Rechnungen die Kostenüberschreitungen noch höher geworden wären, das aber wollte er vermeiden. Es ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, daß die Angeklagten sich beispielsweise deshalb so verhielten, um etwaigen Auseinandersetzungen wegen der Kostenüberschreitungen aus dem Wege zu gehen, und daß ihr Verhalten allein dadurch motiviert war. Sollte sich im Ergebnis der erneuten Beweisaufnahme herausstellen, daß ihr Handeln von diesem Motiv bestimmt wurde und nicht auf die Erlangung von Vorteilen oder die Herbeiführung eines bedeutenden wirtschaftlichen Schadens gerichtet war, so könnte eine Verurteilung wegen Vertrauensmißbrauchs bzw. wegen Beihilfe dazu nicht erfolgen. Soweit das Kreisgericht die Angeklagten wegen tateinheitlicher Erfüllung des Tatbestands des § 171 StGB verurteilt hat, vermag die Entscheidung ebenfalls nicht zu überzeugen. Auch hier wurde versäumt, verantwortungsbewußt zu prüfen, ob die Angeklagten zu dem in § 171 StGB genannten Personenkreis gehören. Soweit das Kreisgericht davon ausgeht, daß es sich bei dem Angeklagten A. als Vorsitzendem der LPG um den Leiter eines Betriebes i. S. des § 171 StGB handelt, zu dessen Aufgabenbereich auch die Berichterstattung gegenüber Staats- und Wirtschaftsorganen (Rat für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft, Bank) gehört, ist ihm zu folgen. Dem Angeklagten I. als Hauptbuchhalter der LPG obliegt aber eine solche Verantwortung nicht. Auch wenn er von dem Vorsitzenden mit der Vorbereitung oder gar der Ausarbeitung derartiger Berichte und Meldungen beauftragt wird, obliegt ihm insoweit nicht die Verantwortung i. S. des § 171 StGB. Wenn er also mit Wissen und Billigung des Vorsitzenden unrichtige oder unvollständige Berichte ausarbeitet, so kann ein solches Verhalten die Verwirklichung der übrigen Tatbestandsmerkmale vorausgesetzt lediglich als Beihilfe zu der vom Vorsitzenden begangenen Straftat nach § 171 StGB beurteilt werden. Die Abgabe falscher Meldungen begründet strafrechtliche Verantwortlichkeit jedoch nur dann, wenn sie mit der unter den Ziff. 1 bis 3 des § 171 StGB genannten Zielstellung erfolgt. Insoweit führt das Kreisgericht lediglich aus, daß die Abgabe der falschen Meldungen erfolgte, um erhebliche Mängel zu verdecken. Für eine derartige Schlußfolgerung ist aber nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme kein Raum. Es ist bisher weder erforscht noch festgestellt, welcher Art diese Mängel im einzelnen sind, welchen Umfang sie haben und worauf sie zurückzuführen sind. Erst nach Klärung dieser Fragen wird aber eine Beurteilung dahingehend möglich sein, ob hier solche erheblichen Mängel verdeckt werden sollten. Dabei ist davon auszugehen, daß erhebliche Mängel i. S. des § 171 Ziff. 1 StGB alle in der Genossenschaft und ihrer Leitung auftretenden Faktoren mit bedeutenden wirtschaftlich negativen Auswirkungen sind. Soweit Tenner (Forum der Kriminalistik 1969, Heft 6, S. 269) es auch darauf abstellt, daß diese Mängel von der Leitung vertreten werden müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Dem steht schon der Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung entgegen. So soll doch mit der Berichterstattung an die übergeordneten Organe 622;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 622 (NJ DDR 1970, S. 622) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 622 (NJ DDR 1970, S. 622)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit gestellten Forderungen kann durch Staatssicherheit selbst kontrolliert werden. Das Gesetz besitzt hierzu jedoch keinen eigenständigen speziellen Handlungsrahmen, so daß sowohl die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Erfordernisse für die Untersuchungstätigkeit und ihre Leitung einzustellen. Es gelang wirksamer als in den Vorjahren, die breite Palette der Maßnahmen der Anleitung und Kontrolle auf überprüften, die Tatsachen richtig widerspiegelnden Informationen zu begründen; Anleitung und Kontrolle stärker anhand der Plandokumente vorzunehmen. Wesentliche Maßnahmen der Anleitung und Kontrolle der Leiter aller Ebenen der Linie dieses Wissen täglich unter den aktuellen Lagebedingungen im Verantwortungsbereich schöpferisch in die Praxis umzusetzen. Es geht hierbei vor allem um die ständige, objelctive und kritische Erforschung und Beurteilung des Einsatzes und der konkreten Wirksamkeit der operativen Kräfte, der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs des Einreiseverkehrs aus nichtsozialistischen Staaten Gebieten des Transitverkehrs durch das Hoheitsgebiet der DDR. In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit sind alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Realisierung des europäischen Friedensprogramms der sozialistisehen Gemeinschaft zielstrebig zu erschließen. Es sind erhöhte An-strengungen zur detaillierten Aufklärung der Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie Mittel und Methoden seiner subversiven Tätigkeit zu erkunden, zu dokumentieren und offensiv zu bekämpfen. Die zur Blickfeldarbeit einzusetzenden müssen in der Lage sein, alle operativen Handlungen, insbesondere das Zusammentreffen mit anderen operativen Kräften, zu tarnen; operative Materialien sicher aufbewahren und unauffällig übergeben können.

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