Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 583

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 583 (NJ DDR 1970, S. 583); nähme des Staatsanwalts, des Verteidigers und Vertreter des Kollektivs des Beschuldigten durchzuführen, entspricht nicht dem Sinn des als vereinfachtes Verfahren ausgestalteten Strafbefehlsverfahrens. Das Recht auf Verteidigung des Beschuldigten (§ 15 StPO) bzw. -die Rechte des Verteidigers (§ 64 StPO) werden dadurch nicht beeinträchtigt, da es sich bei der Aussprache nicht um einen Verfahrensabschnitt handelt, in dem Ermittlungen vorgenommen und Entscheidungen getroffen werden. Außerdem ist die Mitwirkung des Verteidigers bei Einspruch gegen den Strafbefehl und in der darauf folgenden Hauptverhandlung gewährleistet. Die Aussprache trägt informativen und erzieherischen Charakter, wobei m. E. der im StPO-Lehrkommentar (Anm. 1 au § 271 [S. 304]) genannte Grund für die Aussprache, den Beschuldigten ken-nenzulemen, nicht das primäre Anliegen ist. Die Absprache dient dem Gericht dazu, sich von der Geständigkeit des a ■ Beschuldigten zu überzeugen, seine Erziehungsbereitschaft festzustellen', die sozialen Verhältnisse des Beschuldigten ggf. zu erfragen, Hinweise für Ursachen und begünstigende Bedingungen der Straftat zu erhalten. Der Beschuldigte ist zu der Aussprache einzuladen. Erscheint er nicht, so sollte er erneut eingeladen werden. Kommt er auch dieser Einladung nicht nach, dann muß die Sache an den Staatsanwalt zurück-gegeben werden. Eine polizeiliche Vorführung zur Aussprache ist unzulässig, da es sich weder um eine Vernehmung noch um eine Hauptverhandlung handelt (§§ 48, 203 StPO). Die Gründe für die Unzweckmäßigkeit der Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Gericht sind sehr vielgestaltig; sie lassen sich nicht katalogisieren. In der Praxis haben sich bisher im wesentlichen folgende Fälle herausgestellt, bei denen eine Entscheidung durch Strafbefehl als zweckmäßiger angesehen wurde als die Beratung vor einem gesellschaftlichen Gericht: 1. Der Beschuldigte stand innerhalb des letzten Jahres schon einmal vor einem gesellschaftlichen Gericht und hat erneut eine einschlägige Straftat begangen. Mit dem Strafbefehl soll erzieherisch auf ihn eingewirkt werden, da eine Anklage und eine gerichtliche Hauptverhandlung noch nicht als erforderlich anzusehen sind, andererseits der Beschuldigte aber aus der Beratung vor dem gesellschaftlichen Gericht noch nicht die erforderlichen Schlußfolgerungen gezogen hat. 2. Die Tat erfordert unter Berücksichtigung des Motivs und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten eine Geldstrafe über 50 M. Die nachhaltige erzieherische ' Wirkung könnte in diesem Fall mit einer vom gesellschaftlichen Gericht auszusprechenden Geldbuße nicht erreicht werden, so daß zur Gewährleistung einer. gerechten Reaktion der Gesellschaft ein Strafbefehl zweckmäßiger ist. 3. Bei Verkehrsstraftaten (§§ 200, 201' StGB) macht sich oftmals ein Fahrerlaubnisentzug " erforderlich. Bei einer Beratung" durch ein. gesellschaftliches Gericht und einer entsprechenden Empfehlung an die Volkspolizei kann eine Fahrerlaubnis höchstens wenn nicht die Voraussetzungen für den Entzug gemäß §§ 3 und 4 StVZO vorliegen in einem Ordnungsstrafverfahren gemäß § 47 Abs. 4 StVO oder § 89 Abs. 4 StVZO1 für drei Monate entzogen werden. Bei einigen Straftaten, insbesondere bei Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit, ist jedoch ein längerer Fahrerlaubnisentzug erforderlich, der mit Strafbefehl ausgesprochen werden kann. Da der Strafbefehl gegenüber der Übergabe einer Sache an ein gesellschaftliches Gericht eine Ausnahme darstellt und- nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen angewendet Werden kann, sollte der Antrag des Staatsanwalts die Gründe enthalten, weshalb das Strafbefehlsverfahren zweckmäßiger ist. HORST LVDERITZ, Direktor des Kreisgerichts Gera (Stadt) Einige Feststellungen und Schlußfolgerungen aus Mahnverfahren Die Rechtspflegeorgane haben die hohe Verpflichtung, mit den aus ihrer Tätigkeit gewonnenen Erkenntnissen und Erfahrungen besonders die Volksvertretungen, aber auch Staats- und Wirtschaftsorgane, Betriebe, Genossenschaften und gesellschaftliche Organisationen bei der Vorbeugung von Rechtsverletzungen wirksam zu unterstützen und damit zugleich auf die Vervollkommnung der Leitungstätigkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen hinzuwirken Dazu müssen sie die Ursachen des dem Streitfall zugrunde liegenden Konflikts sorgfältig aufklärert und feststellen und ju ihrer Überwindung beitragen. Diese Verpflichtung obliegt den Ge-richteh auch auf dem Gebiet der Zivilrechtsprechung. Im folgenden soll gezeigt werden, daß auch mit dem als Zivilverfahren' besonderer Art ausgestalteten Mahnverfahren (§§ 688 ff. ZPO) zur Lösung gesellschaftlicher Konflikte sowie zur Erhöhung der Wirksamkeit der gesamtstaatlichen Leitung bei der Entwicklung sozialistischer Beziehungen beigetragen werden kann. Die Leitung des Bezirksgerichts Suhl wertete im I. Quartal 1970 in einer Tagung mit den Direktoren der Kreisgerichte und in einer Präsidiumssitzung die Arbeitsergebnisse der Gerichte im Jahre 1969 mit dem Ziel aus, die Leitungstätigkeit Weiter zu vervollkommnen. Dabei wurde hinsichtlich des Tätigkeitsbereichs -der Sekretäre der Kreisgerichte festgestellt, daß es bei den Kreisgerichten des Bezirks einen sehr unterschiedlichen Arbeitsanfall an Mahnverfahren gab. Die weitaus meisten Eingänge hatte das Kreisgericht Meiningen. Dies war für die Leitung des Bezirksgerichts Anlaß, den Direktor, des Preisgerichts Meiningen zu beauftragen, den erheblichen Anstieg der Mahnverfahren im letzten Jahr zu analysieren und daraus abzuleitende Schlußfolgerungen Und Maßnahmen dem Präsidium des Bezirksgerichts vorzutragen. Die Feststellungen des Kreisgerichts ergaben, daß es insbesondere zwei volkseigene Betriebe waren, von denen die Mehrheit der Anträge auf Einleitung eines Mahnverfahrens kamen : der VEB Energiekombinat Süd (Energieversorgung . Suhl) und der VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Suhl, beide mit Sitz in Meiningen. Während der erstgenannte Betrieb in 330 Fällen ,im Mahnverfahren Ansprüche geltend machte, beantragte der zuletztgenannte 218mal den Erlaß eines Zahlungsbefehls. Nur in sehr wenigen Fällen waren Forderungen nicht berechtigt. Da das Kreisgericht die Ursachen des sprunghaften Ansteigens der Mahnverfahren allein nicht einzuschätzen vermochte, führte es mit Vertretern beider Betriebe eine Beratung durch, in der diese Ursachen erörtert und konkrete Maßnahmen festgelegt wurden. Schon diese Arbeitsmethode verdient hervorgehoben zu werden. Der VEB Energiekombinat führte als einen wesentlichen Grund für das Ansteigen der Mahnverfahren den erhöhten Energieverbrauch der Bevölkerung an, aus dem sich für einzelne Bürger zeitweilig Schwierigkeiten ergeben hätten. Die Nichteinhaltung von Zahlungsverpflichtungen wurde z. T. auch dadurch begünstigt, daß vierteljährlich ein pauschaler Abschlag gezahlt und der tatsächliche Energieverbrauch insgesamt jährlich abgerechnet wird. Ein weiterer Grund liegt darin, daß zur sog. Auftragskassierung durch Bürger übergegangen wurde, die diese Tätigkeit nebenberuflich ausüben und die Gelder noch nicht mit der gleichen Intensität einziehen wie die früheren hauptberuflichen ~ Kassierer. Wenn sie den Abnehmer von Energie nicht beim ersten Aufsuchen antreffen oder von ihm abschlägig be-schieden werden, veranlassen sie gleich die Einziehung der Forderungen durch, den Betrieb im Wege des Mahnverfahrens. Der VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung sah eine wesentliche Ursache für das Ansteigen der Mahnverfahren , darin, daß seit 1969 die Forderungen auf Zahlung von Wassergeld nicht mehr wie bisher. von mehreren Betrieben, sondern nur noch von ihm geltend gemacht werden. Die damit verbundene ört- 583;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 583 (NJ DDR 1970, S. 583) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 583 (NJ DDR 1970, S. 583)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter den Ziffern und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linien und haben zu gewährleisten, daß bei politisch-operativer Notwendigkeit Zersetzungsmaßnahmen als unmittelbarer Bestandteil der offensiven Bearbeitung Operativer Vorgänge angewandt werden. Zersetzungsmaßnahmen sind insbesondere anzuwenden: wenn in der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Effektivierung der Untersuchungsarbeit. Sie enthält zugleich zahlreiche, jede Schablone vermeidende Hinweise, Schlußfolgerungen und Vorschläge für die praktische Durchführung der Untersuchungsarbeit. Die Grundaussagen der Forschungsarbeit gelten gleichermaßen für die Bearbeitung von Bränden und Störungen; Möglichkeiten der Spezialfunkdienste Staatssicherheit ; operativ-technische Mittel zur Überwachung von Personen und Einrichtungen sowie von Nachrichtenverbindungen; kriminaltechnische Mittel und Methoden; spezielle operativ-technische Mittel und Methoden des Feindes zur Enttarnung der. Diese Qualitätskriterien sind schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in allen Verantwortungsbereichen durchzusetzen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der für die Erfüllung der Gesamaufgabenstellung Staatssicherheit . Mpf Dabei ist sicTst äüchAler. Erfordernissen der Vorgangs- und persononbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet sowie der Aufklärungslätigkeii planmäßig, zielgerichtet, allseitig und umfassend zu erkunden, zu entwickeln und in Abstimmung und Koordinierung mit den anderen operativen Diensteinheiten, die entsprechend den Festlegungen in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen festgelegte Zuständigkeiten anderer operativer Diensteinheiten berührt werden, grundsätzlich in Abstimmung und Koordinierung mit den Leitern dieser Diensteinheiten zu erfolgen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X