Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 556

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 556 (NJ DDR 1970, S. 556); Vorsatzes zu führen. Das Oberste Gericht hat sich wiederholt dagegen ausgesprochen, den konkreten psychischen Vorgang, wie ihn eine Entscheidung zur Tat darstellt, allein mit einer solchen generalisierenden Auffassung zu begründen, da selbst scheinbar eindeutigen Handlungsphasen sehr unterschiedliche subjektive Vorgänge zugrunde liegen können (OG, Urteil vom 6. Februar 1970 5 Ust 53/69 unveröffentlicht). Es ist für den Nachweis der konkreten Art und Form strafrechtlicher Schuld erforderlich, alle dafür entscheidenden Umstände des Tatverhaltens des Angeklagten, wie die Art des Tatwerkzeuges, seine konkrete Anwendung, aber auch die subjektive Seite der Tathandlung, exakt zu analysieren. Die Schwierigkeit besteht doch gerade darin, daß sich die Menschen in bestimmten Tatsituationen oft sehr unterschiedlich verhalten und sich ihre Vorstellungen dabei keineswegs immer nach den allgemeinen Erkenntnissen über objektive Vorgänge richten und auch Fehleinschätzungen möglich sind. Es genügt daher keinesfalls, wenn das Bezirksgericht in seinem Urteil ausführt, ein Täter sollte in einem derartigen Fall wie dem vorliegenden auch an mögliche Todesfolgen denken, wie überhaupt solche Formulierungen für den Nachweis der Schuld ungeeignet sind. Es kommt eben darauf an zu beweisen, daß sich der Angeklagte tatsächlich bei seiner Entscheidung zum Handeln bewußt damit abfand, den Tod der Frau herbeiführen zu können, obgleich er diese Folgen nicht anstrebte (§6 Abs. 2 StGB). Aus der objektiven Beschaffenheit des Tatwerkzeuges allein ist in der Regel ein sicherer Schluß auf die Art der Tatentscheidung des Angeklagten nicht möglich. Es muß vor allem geprüft werden, unter welchen Bedingungen und mit welcher Intensität der Angeklagte das Tatwerkzeug zur Tatdurchführung benutzte. Der Hammer war als Tatwerkzeug geeignet, die Frau tödlich zu verletzen. Das war dem Angeklagten auch bewußt. Seine Vorstellung bestand aber darin, die Frau nur bewußtlos zu schlagen, nicht aber zu töten. Dies hat der Angeklagte im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht immer wieder vorgebracht. Objektive Umstände, wie die Verletzungen der Frau, beweisen eindeutig, daß Art und Ausmaß der Verletzungen davon abhängen, wie der Angeklagte das Tatwerkzeug gebrauchte. Tatsächlich waren die Verletzungen der Frau nicht lebensgefährlich. Sie erlitt auch keine Gehirnerschütterung, war in der ganzen Zeit bewußtseinsklar und in der Lage, ihren Dienst weiter zu versehen. Folglich sprechen die objektiven Umstände für die Richtigkeit der Aussagen des Angeklagten, er habe die Frau nur bewußtlos schlagen wollen, weshalb er nicht mit voller Wucht zugeschlagen habe. Im gerichtsmedizinischen Gutachten ist selbst ausgeführt worden, daß die Art der Verletzungen Rückschlüsse auf die Intensität der Schläge zulassen. Der Sachverständige hielt die effektive Gewalteinwirkung auf den Kopf der Geschädigten für begrenzt. Unter der Voraussetzung kräftigen Zuschlagens und bei Fehlen einer Abwehr der Schläge hätten Schädelbrüche, Hirnquetschungen oder eine schwere Gehirnerschütterung entstehen können. Mithin können die Einlassungen des Angeklagten nicht mit den durch das Gutachten vermittelten Tatsachen widerlegt werden, denn die Verletzungen sprechen für ein verhaltenes Zuschlägen. Es widerspricht dem Prinzip der gerichtlichen Beweisführung, wenn das Bezirksgericht ausführt, die Auffassung der Verteidigung, die nicht schweren Verletzungen der Geschädigten seien auf das bewußte Verhalten des Angeklagten zurückzuführen, sei nicht überzeugend. Das Gericht muß vielmehr dieses Vorbrin- gen widerlegen, um von einem anderen Sachverhalt ausgehen zu können. Das weitere Verhalten des Angeklagten nach dem zweimaligen Zuschlägen mit dem Hammer spricht ebenfalls für die Richtigkeit seiner Darlegungen. Das Bezirksgericht stellt hierzu richtig fest, daß der Angeklagte schockiert war, als er sah, daß die Geschädigte blutete, denn er glaubte, nicht so heftig zugeschlagen zu haben. Wenn aber der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt über die Verletzungen der Geschädigten schockiert war und das Bezirksgericht feststellt, er sei deshalb darüber so erschrocken, weil er die Frau nicht schwer verletzen oder gar töten wollte, so liegt darin die Bestätigung, daß er sich nicht mit der möglichen Tötung der Frau abgefunden hatte. Auf der Grundlage der allseitigen Beweisaufnahme konnte folglich der Beweis nicht geführt werden, daß der Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz auf die Frau einschlug. Seine Verurteilung wegen versuchten Mordes ist daher fehlerhaft. Bei der rechtlichen Beurteilung der richtig festgestellten Tatsachen über das Vorgehen des Angeklagten gegenüber der Geschädigten nach der Gewaltanwendung hat das Bezirksgericht die Voraussetzungen für einen freiwilligen und endgültigen Rücktritt vom Versuch einer Vergewaltigung verkannt und ist dadurch fehlerhaft zur Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Vergewaltigung (Verbrechen nach § 121 Abs. 1 und 4 StGB) gekommen. Das Bezirksgericht hat zunächst richtig festgestellt, daß der Angeklagte nach dem zweimaligen Zuschlägen mit dem Hammer von der Frau abließ, sie aus den Gleisanlagen zog, sie aufrichtete und losließ, damit sie ihren Dienst weiter versehen konnte. Es hat erkannt, daß bei einem solchen Sachverhalt, der einen noch nicht beendeten Versuch darstellt, zu prüfen war, warum der Angeklagte die weitere Durchführung seines Verbrechens auf gab. Es hat hierzu zwei Gründe festgestellt: Der Angeklagte war darüber schockiert, daß die Frau am Kopf blutete, und sah sich außerstande, den Geschlechtsverkehr mit ihr durchzuführen; zum anderen tat sie ihm leid. Das Bezirksgericht vertritt nun die Auffassung, der Angeklagte habe sein Ziel, die Geschädigte geschlechtlich zu mißbrauchen, deshalb nicht verwirklichen können, weil er subjektiv dazu nicht mehr in der Lage war. Es erblickt hierin einen Umstand, der die Freiwilligkeit der Abstandnahme von der Vollendung der Tat ausschließt. Der Angeklagte hat sich in seinen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren stets dahingehend eingelassen, daß er schockiert gewesen sei, als er das Blut am Kopf der Geschädigten sah. Die Verletzungen der Geschädigten brachten ihm sofort zu Bewußtsein, was er angerichtet hatte. Er hat wiederholt ausgesagt, daß die Geschädigte ihm leid tat. Seine sexuelle Erregung sei daher abgeklungen. Es sei auch die Angst vor der Bestrafung hinzugekommen, die ihn von der Vollendung der Vergewaltigung Abstand nehmen ließ. Mithin sprechen zwar einige Aussagen des Angeklagten dafür, daß er von der Geschädigten abließ, weil er sich nicht in der Lage wähnte, das Verbrechen zu vollenden, obgleich er es gewollt hätte; andererseits enthalten seine Aussagen durchaus die Beweisvariante, daß er angesichts der verletzten Frau, die ihm nun leid tat, sein Vorhaben nicht mehr verwirklichen wollte und deshalb seine sexuelle Erregung nachließ. Da das objektive Tatgeschehen diese Möglichkeit zuläßt, muß bei der strafrechtlichen Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten von einem solchen subjektiven Geschehen ausgegangen werden. Es ist folglich festzustellen, daß die subjektive Unfähigkeit des Angeklagten zum geschlechtlichen Verkehr mit der Geschädig- 556;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 556 (NJ DDR 1970, S. 556) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 556 (NJ DDR 1970, S. 556)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren durch zusetzen sind und welche Einflüsse zu beachten sind, die sich aus der spezifischen Aufgabenstellung Staatssicherheit und der Art und Weise der Begehung der Straftat und die Einstellung zur sozialistischen Gesetzlichkeit, zum Staatssicherheit und zur operativen Arbeit überhaupt. Dieser gesetzmäßige Zusammenhang trifft ebenso auf das Aussageverhalten des Beschuldigten mit dem Ziel, wahre Aussagen zu erreichen, wird mit den Begriffen Vernehmungstaktik vernehmungstaktisches Vorgehen erfaßt. Vernehmungstaktik ist das Einwirken des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Informationsoewinnuna in der Beschuldiatenvernehmung Umfang und Inhalt der Beweisführung im Ermittlungsverfahren werden durch den Gegenstand der Beweisführung bestimmt. Er ist auch Grundlage für die Bestimmung des Informationsbedarfs in der Beschuldigtenvernehmung. Wie bereits im Abschnitt begründet, sind die Rechtsgrundlagen Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit im gesamten Verantwortungsbereich, vorrangig zur Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche und zur zielgerichteten Bearbeitung der politisch-operativen Schwerpunkte, und der Vorgangs- und personenbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet. Derartige Aufgabenstellungen können entsprechend der Spezifik des Ziels der sowohl einzeln als auch im Komplex von Bedeutung sein.

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