Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 524

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 524 (NJ DDR 1970, S. 524); am Arbeitsplatz böswillig nicht nachgekommen ist bzw. sich hartnäckig undiszipliniert verhielt. Der Beschluß des Kreisgerichts ist auch insoweit zu beanstanden, als die Anordnung des Vollzugs der angedrohten Freiheitsstrafe nur auf § 35 Abs. 3 Ziff. 4 StGB gestützt wird, obwohl lediglich zum Verhalten der Angeklagten im Hinblick auf die Arbeitsaufnahme Feststellungen getroffen wurden. Eine solche Ansicht verkennt, daß die Anwendung der Ziff. 2 und 4 des § 35 Abs. 3 StGB an unterschiedliche Voraussetzungen gebunden ist und birgt die Gefahr in sich, den Nachweis der „Böswilligkeit“ durch die Anwendung des Merkmals „hartnäckig undiszipliniertes Verhalten“ zu umgehen. Zwar kann sich ein hartnäckig undiszipliniertes Verhalten auch darin äußern, daß ein Täter böswillig seiner Verpflichtung zur Bewährung am Arbeitsplatz nicht nachkömmt, jedoch ist dann der Vollzug der angedrohten Freiheitsstrafe nach § 35 Abs. 3 Ziff. 2 StGB als dem spezielleren Tatbestand anzuordnen. Allerdings kann sich die Anordnung des Vollzugs der Freiheitsstrafe im Einzelfall auch auf beide Bestimmungen stützen, wenn durch das Verhalten des Täters die Voraussetzungen erfüllt sind. Falls das Kreisgericht das Verhalten der Angeklagten so beurteilen wollte, hätte es aber auch zu ihrem sonstigen Verhalten Feststellungen treffen müssen. Im übrigen ist aus den Akten nicht ersichtlich, ob vor der Entscheidung über die Anordnung der Vollstrek-kung der angedrohten Freiheitsstrafe die Stellungnahme des Staatsanwalts Vorgelegen hat (§ 177 StPO), da dieser an der mündlichen Verhandlung nicht teilnahm. Das Bezirksgericht hätte die Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluß des Kreisgerichts wegen diesfer Mängel nicht als unbegründet zurückweisen dürfen. Hierzu reichte die in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung festgestellte Tatsache, daß die Angeklagte am 19. November 1969 Arbeit aufgenommen hatte, jedoch bereits ab 28. November 1969 wegen Krankheit arbeitsunfähig war, nicht aus. Eine mündliche Verhandlung auf die Beschwerde gegen einen den Vollzug einer Freiheitsstrafe anordnenden Beschluß ist zwar gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch ist davon auszugehen, daß in diesen Fällen in der Regel die Bedeutung der Sache eine mündliche Verhandlung erfordert (§ 309 StPO), zumal die erstinstanzliche Entscheidung ebenfalls grundsätzlich nach einer mündlichen Verhandlung ergeht. Wird eine mündliche Verhandlung durchgeführt, dann gelten die Vorschriften über die Durchführung der Hauptverhandlung erster Instanz entsprechend. Das Bezirksgericht hätte deshalb die vom Kreisgericht unterlassene Beweiserhebung nachholen und dabei auch einen Vertreter der letzten Arbeitsstelle der Angeklagten über ihr weiteres Verhalten hören sollen. Letzteres war trotz der relativ kurzen Beschäftigungsdauer der Angeklagten erforderlich, weil sich aus den vom Bezirksgericht vor der Verhandlung eingeholten Auskünften Hinweise darauf ergaben, daß die Angeklagte auch nach der Entscheidung über den Vollzug der angedrohten Freiheitsstrafe nicht alle Anstrengungen unternommen hatte, um ihren Pflichten aus der Verurteilung nachzukommen. Keinesfalls durfte das Bezirksgericht jedoch für seine Entscheidung über die Beschwerde Feststellungen verwenden, die in der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 1969 nicht getroffen worden sind. So geht der Beschluß davon aus, daß der Angeklagten insgesamt vier Arbeitsstellen nachgewiesen worden seien. Eine solche Feststellung wurde jedoch im gesamten Verfahren nicht getroffen. Außerdem steht die An- nahme des Bezirksgerichts, die Angeklagte sei seit dem 28. November 1969 der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben, im Widerspruch zu dem Aktenvermerk, wonach Arbeitsunfähigkeit der Angeklagten nicht erst seit 1. Dezember 1969, sondern bereits ab 28. November anerkannt werden könne. Zu rügen ist ferner, daß die mündliche Verhandlung im Beschwerdeverfahren in Abwesenheit der Angeklagten durchgeführt wurde. Im Gegensatz zur Regelung der Teilnahme des Angeklagten im Rechtsmittelverfahren außer der Anordnung des persönlichen Erscheinens ist er lediglich vom Termin der Hauptverhandlung zu benachrichtigen § 295 StPO sieht § 309 Abs. 2 StPO die Ladung des Angeklagten vor. Nach § 309 Abs. 1 StPO gelten im Falle einer mündlichen Verhandlung die Vorschriften über die Durchführung der Hauptverhandlung erster Instanz entsprechend. 'Mithin ist die Anwesenheit des Angeklagten mit Rücksicht auf die Feststellung der Wahrheit und die Gewährleistung seiner Rechte notwendig. Sine Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten ist nur in den für die erste Instanz geregelten Ausnahmefällen möglich. Nach alledem waren die Beschlüsse der Instanzgerichte aufzuheben. §§81 Abs. 3, 375 Abs. 1 StPO. Beschlüsse des Rechtsmittelgerichts über die Befreiung von den nachteiligen Folgen der Fristversäumung sowie über Entschädigung für Untersuchungshaft und Strafen mit Freiheitsentzug können mit der Beschwerde angefochten werden. OG, Beschl. vom 7. Mai 1970 - WMSt2/70. Mit dem im Rechtsmittelverfahren ergangenen Urteil wurde der Beschwerdeführer freigesprochen. Ein Anspruch auf Entschädigung für erlittenen Vermögensschaden wegen der in dieser Sache vollzogenen Untersuchungshaft wurde vom Rechtsmittelgericht durch Beschluß ausgeschlossen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Betroffenen eingelegte Beschwerde, mit der die Aufhebung des Beschlusses und Zubilligung einer Entschädigung begehrt wird. Der Beschwerdesenat hatte zunächst über die Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen solchen Beschluß des Rechtsmittelgerichts zu entscheiden. Aus den Gründen: Nach § 305 Abs. 1 StPO unterliegen alle von den Gerichten in Verfahren erster Instanz erlassene!), Beschlüsse der Beschwerde, soweit sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzogen sind. Davon ausgehend sind Beschlüsse des Rechtsmittelgerichts, da es sich hier um Verfahren zweiter Instanz handelt, grundsätzlich der Anfechtung entzogen. Von dieser grundsätzlichen Regelung über das Beschwerdeverfahren sind jedoch jene Beschlüsse des Rechtsmittelgerichts ausgenommen, die auch wenn sie im Rechtsmittelverfahren durch das zweitinstanzliche Gericht ergehen einer erstinstanzlichen Entscheidung i. S. des § 305 Abs. 1 StPO gleichstehen. In diesen Fällen wird daher in der StPO in speziellen Bestimmungen ausdrücklich die Beschwerde zugelassen. Das betrifft den Fall, bei dem das Rechtsmittelgericht im Zusammenhang mit der Prüfung der Einhaltung der Fristen bei Einlegung von Protest und Berufung nach § 81 Abs. 1 StPO über die Befreiung von den nachteiligen Folgen einer Fristversäumung zu entscheiden hat. Hier wurde gemäß i§ 81 Abs. 3 StPO gegen eine solche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts 524;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 524 (NJ DDR 1970, S. 524) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 524 (NJ DDR 1970, S. 524)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Staatssicherheit zur Vorbeugung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, den er zunehmend raffinierter zur Verwirklichung seiner Bestrebungen zur Schaffung einer inneren Opposition sowie zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit, aber auch aus dem Vorgehen kapitalistischer Wirtschaftsunternehmen und der Tätigkeit organisierter Schmugglerbanden gegen mehrere sozialistische Staaten ergeben, hat die Linie insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unterstützen. Das erfordert, alle Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen diesen vorzubeugen, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit angegriffen oder beeinträchtigt wird. Mit der Abwehr von Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die in den Aufgaben Yerantwortlich-keiten der Linie bestimmt sind, sowie den staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Einrichtungen im Territorium zur Sicherung eine: wirksamen abgestimmten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Das Zusammenwirken mit anderen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der im Rahmen der Vorgangsbearbeitung, der operativen Personenaufklärung und -kontrolle und des Prozesses zur Klärung der Frage Wer ist wer? insgesamt.

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