Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 391

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 391 (NJ DDR 1970, S. 391); In dieser Aufgabenstellung zeigt sich die für die Sicherung der Rechte der Bürger bedeutsame Schutz-funktion des sozialistischen Zivilrechts, mit deren Hilfe der sozialistische Staat allen Bürgern die Gewißheit verschafft, daß alle zu Beeinträchtigungen des Leistungsprinzips führenden'Schadenszufügungen eine entsprechende gesellschaftliche Reaktion erfahren. Mit der Charakterisierung der Schutzfunktion des Zivilrechts und seiner Rolle als Instrument des sozialistischen Staates zur Organisierung und Gestaltung der gesellschaftlichen Beziehungen im Bereich der individuellen Konsumtion4 wird deutlich, daß das ZGB als wesentlicher Bestandteil des einheitlichen Rechtssystems enge Berührungspunkte zum Arbeitsrecht hat. Wird mit Hilfe der arbeitsrechtlichen Bestimmungen das sozialistische Aneignungsgesetz, d. h. die Aneignung und Verteilung nach der Arbeitsleistung, verwirklicht, so trägt das Zivilrecht mit seinen auf die Versorgungsbeziehungen gerichteten Regelungen zur Realisierung des im Ergebnis gesellschaftlich nützlicher Arbeit erlangten Arbeitslohnes bei, indem es durch die Äquivalenz der Leistungen sichert, daß der Werktätige für sein „gutes Geld“ auch „gute Ware“ erhält. Die allgemeine Verhaltenspflicht der Bürger bei der Verhütung und Abwehr von Schäden Die ibei der außervertraglichen Verantwortlichkeit bestehenden besonderen Merkmale gegenüber vertraglichen Pflichtverletzungen bedeuten selbstverständlich nicht, daß die Beteiligten auf die Abwendung des Schadensfalls keinen Einfluß hätten. Unter den Bedingungen der sozialistischen Gesellschaftsordnung verhalten sich die Bürger und die Betriebe entsprechend den Grundsätzen der sozialistischen Moral, der kameradschaftlichen Hilfe und gegenseitigen Zusammenarbeit sowie der Achtung vor dem Leben, der Gesundheit und dem Vermögen überwiegend so, daß anderen keine Schäden zugefügt werden. Mehr noch: Die Werktätigen als kollektive Eigentümer der Produktionsmittel und als bewußte Mitgestalter der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung unterlassen im Interesse der Vermeidung von letztlich der sozialistischen Gesellschaft insgesamt zum Nachteil gereichenden Schäden5 nicht nur jedes möglicherweise zur Verletzung des Lebens, der Gesundheit oder der Entstehung von Vermögensnachteilen führende Verhalten, sondern wirken sogar aktiv bei der Verhinderung und Beseitigung von Schäden sowie bei der Aufdeckung und Überwindung ihrer Ursachen mit. Daher wird im künftigen ZGB einer auf die Vorbeugung der Entstehung von Schäden orientierenden Regelung, die die allgemeine gesellschaftliche Pflicht der Bürger und Betriebe zur Verhütung von Schäden und zur Abwehr von Gefahren unterstreicht, besonderes Gewicht beizumessen sein6. Eine solche Regelung hat wegen ihres erzieherischen Inhalts große Bedeutung für die weitere Herausbildung und Festigung des Rechtsbewußtseins der Bürger7. Vom Gegenstand und von den Möglichkeiten des Zivilrechts her gesehen, ist sie auch ein Beitrag zur weiteren Entwicklung und Durch- 4 vgl. Lübchen, „Aulgaben und Gegenstand des künftigen Zivilgesetzbuches“, NJ 1969 S. 547 ff. (549). 5 Bley (Schadenersatz Im Zivilrecht, Berlin 1963, ß. 66) fordert zutreffend, das ZGB müsse unseren Bürgern bewußt machen, daß der Schaden des einzelnen ein Schaden der Gesellschaft ist. 6 Vgl. Bley, a. a. O., S. 69. 7 Lübchen (a. a. O., S. 551) hebt hervor, daß die Funktion der außervertraglichen materieUen Verantwortlichkeit nicht nur darin besteht, Folgen der Verletzung des Leistungsprinzips zu beseitigen, sondern vor allem in einer Verhinderung und Verhütung von Schäden. Zur Frage der Einheit von Erziehung und Rechtsschutz bei der Anwendung der materiellen Verantwortlichkeit vgl. auch Püschel, „Die Erziehungs- und Wiedergut- machungsfunktion der materieUen VerantwortUchkeit“, NJ 1964 S. 9. Setzung der für das Zusammenleben der Bürger in der sozialistischen Gemeinschaft geltenden Verhaltensweisen, die insbesondere im Bereich der gesellschaftlichen Produktion in den Betrieben und Genossenschaften dadurch charakterisiert sind, daß die Bürger in ihrer Doppeleigenschaft als Werktätige und kollektive Eigentümer der Produktionsmittel Verantwortungsbewußtsein für das Ganze zeigen8 (Art. 3 der Verfassung) und die ihnen anvertrauten gesellschaftlichen Fonds mit höchster Effektivität für die Erhöhung des Nationaleinkommens nutzen und mehren sowie vor Schäden schützen (Art. 10 Abs. 2 der Verfassung). Was im Bereich der Produktion für die Einstellung der Bürger im Hinblick auf die Mehrung und den Schutz des Volksvermögens gilt, trifft prinzipiell auch für das allgemeine Verhalten der Bürger in ihren Beziehungen zueinander und zu ihrem Staat zu ein Verhalten, das u. a. dadurch gekennzeichnet ist, daß „der einzelne seine individuelle Tätigkeit bewußt in den Zusammenhang der gesellschaftlichen Erfordernisse des Sozialismus als Gesamtsystem stellt“9. So tritt in dem vom Zivilrecht geregelten Bereich im Zusammenhang mit Schadensereignissen die Frage nach dem Umfang der an die Bürger generell zu stellenden Verhaltensanforder,ungen bei der Verhütung und Abwehr von Schäden auf, und zwar über ein konkretes Beteiligtsein an der Entstehung eines bestimmten Schadensfalls und somit über die durch Verletzung bestimmter Rechtspflichten begründete materielle Verantwortlichkeit hinaus. Soll z. B. der Bürger, der zufällig ein brennendes Haus sieht und den Umständen nach annehmen muß, daß die Feuerwehr noch nicht alarmiert ist, weil die Löscharbeiten noch nicht begon-gen haben oder das Haus abgelegen liegt, zum Eingreifen verpflichtet sein, indem er die Feuerwehr benachrichtigt oder auch sich selbst an den Löscharbeiten beteiligt, wenn ihm dies unter Berücksichtigung der konkreten Situation zuzumuten ist? Wird eine Verpflichtung der Bürger, ihnen mögliche Maßnahmen zu treffen, um unmittelbar drohende Schäden für das Leben, die Gesundheit, das gesellschaftliche Eigentum und das Eigentum anderer Bürger abzuwehren, prinzipiell bejaht10 *, so ist damit die Frage nach der rechtlichen Qualität dieser Verhaltenspflicht gestellt. Es handelt sich um die Frage, ob eine gesetzliche Fixierung dieser Pflicht11 im Falle ihrer Verletzung entsprechende materielle Sanktionen erfordert oder ob es sich ihrem Wesen nach um eine moralische Pflicht handelt, auf deren Durchsetzung mit staatlichen Mitteln zwar verzichtet werden kann12, weil sie, im sozialistischen Rechtsbewußtsein der Bürger tief verwurzelt, ohnehin beachtet wird, deren Statuierung kn ZGB jedoch erforderlich ist, um jedem Bürger vor Augen zu führen, welche große Bedeutung die sozialistische Gesellschaft einem solchen Verhalten bei-mißt. Hier erscheint das schon bei der Ausarbeitung früherer Gesetze, z. B. beim Familiengesetzbuch, verschiedentlich diskutierte rechtstheoretisch interessante Pro- 8 Vgl. auch Hager, Grundfragen des geistigen Lebens im Sozialismus, Referat auf der 10. Tagung des Zentralkomitees der SED, Berlin 1969, S. 29. 9 Das Menschenbild der marxistisch-leninistischen Phiiosophie, Berlin 1969, S. 36. 10 Diese Verpflichtung sollte nur dann nicht bestehen, wenn den Bürger wichtige Gründe hindern oder er sich selbst oder seine Angehörigen dadurch einer ernsten Gefahr aussetzen würde. H Gegen die Aufnahme einer solchen Pflicht in das ZGB dürften im Hinblick auf die Verantwortung jedes einzelnen in und vor der Gesellschaft „für das Ganze“ keine Bedenken bestehen. 12 Von den Fällen, bei denen für bestimmte Bürger eine Pflicht zum Handeln besteht, z. B. auf Grund beruflicher Pflichten, und daher u. U. Sanktionen erforderlich sind, soll hier abgesehen werden. 391;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 391 (NJ DDR 1970, S. 391) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 391 (NJ DDR 1970, S. 391)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte und Ausübung der Kontrolle ihrer Einhaltung; alle Unregelmäßigkeiten in den Verhaltensweisen der Inhaftierten und Strafgefangenen festzustellen und sofort an den Wachschichtleiter zu melden. Die Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes haben gegenüber den Inhaftierten und Strafgefangenen Weisungsrecht. Das Weisungsrecht bezieht sich auf - die Durchsetzung dieser Dienstanweisung, die Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung und - die Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln sowie die Nichtbefolgung der Weisungen der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten, zürn Beispiel das Nichtauf-stehen nach der Nachtruhe, das Nichtverlassen des Verwahrraumes zur Vernehmung, zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft sowie fürdie Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität - dringend verdächtigt gemacht haben. Die Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit bedeutet für alle Angehörigen der Linie den politisch-operativen Untersuchungshaft Vollzug auf der Grundlage der zentralen Orientierungen und Weisungen, den Maßnahmen der Vorbeugung, Schadensverhütung und der Öffentlichkeitsarbeit in allen gesellschaftlichen Bereichen noch mehr Aufmerksamkeit beizumessen.

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