Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 385

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 385 (NJ DDR 1970, S. 385); gegen einen flüchtigen Täter ist aber ein Strafverfahren nach §§ 262 ff. StPO zulässig. Im Zusammenhang mit der Vermögenseinziehung (§ 57 StGB) ist zu beachten, daß ihre Anwendung wesentlich davon abhängt, inwieweit diese Zusatzstrafe zur Verstärkung der Repressivwirkung der Hauptstrafe erforderlich ist. Außerdem ist sie insbesondere dann anzuwenden, wenn der Täter sein Vermögen zur Begehung der Straftat mißbraucht hat oder- wenn ihm die Möglichkeit zu einem solchen Mißbrauch genommen werden soll bzw. wenn er durch die Tat erhebliches Vermögen erlangt hat. Zur Bemessung der Strafe An den Anfang der Ausführungen zu den Grundsätzen der Strafzumessung (§ 61 StGB) stellt der Lehrkom-mientar die Grundsätze der sozialistischen Gerechtigkeit. Daneben wäre es aber erforderlich gewesen, die Grundsätze der Strafzumessung, vor allem den Grundsatz der Differenzierung bei der Strafzumessung, herauszuarbeiten, und es insoweit nicht bei einem allgemeinen Hinweis auf die an anderer Stelle (S. 134 ff.) behandelten Prinzipien der Differenzierung zwischen den verschiedenen Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu belassen (S. 232)30. Das Plenum des Obersten Gerichts hat in seiner 22. Tagung die Strafzumessungskriterien weiterentwickelt, präzisiert und in drei Hauptgruppen zusammengefaßt31. Zu beachten ist, daß das Oberste Gericht hinsichtlich dieser Kriterien in erheblichem Umfang eine von der Kommentierung abweichende Auffassung vertritt. So wird z. B. im Kommentar gesagt, daß mögliche Folgen nur dann straferschwerend berücksichtigt werden dürfen, wenn sie real sind (S. 233). Das Plenum des Obersten Gerichts bestätigte dagegen die Auffassung, daß mögliche Folgen keine selbständigen Strafzumessungskriterien sind; sie sind soweit sie von der Schuld umfaßt werden anderen Strafzumessungskriterien (Begehungsweise, Schuld usw.) zuzuordnen. Der Lehrkommentar nennt als Strafzumessungskriterium die Art der Schuld (S. 234). Das Oberste Gericht führt dazu aus: „Die Schuldfeststelhmg, d. h. die Feststellung, daß der Täter eine bestimmte Handlung vorsätzlich oder fahrlässig (begangen hat, enthält bereits als solche eine Aussage über den Grad der Schuld. Dean trägt das Gesetz bereits im Strafrahmen Rechnung .' Die Aufgabe (besteht) darin, die mit der Schuldart allgemein getroffene Aussage über den Grad der Schuld zu konkretisieren und zu vertiefen ,“32 Mißverständlich ist auch, wenn es im Lehrkommentar heißt: „Gleichwohl darf nicht die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei diesen Delikten (gemeint sind fahrlässige Erfolgsdelikte H. P.) an die Herbeiführung schädlicher Folgen ank-nüpfen“ (S. 234). Hierzu meint das Oberste Gericht: „Bei Erfolgsdelikten ist die Herbeiführung von Folgen straftatbegründend und daher insoweit im Strafrahmen bewertet. Die .Tatsache des Eintritts von Folgen kann somit nicht bei der Strafzumessung durch das Gericht herangezogen werden. Dagegen ist der Umfang der Folgen für die Bewertung der Tatschwere beachtlich.“33 Die Ursachen und Bedingungen einer Straftat können für die Strafzumessung ebenfalls Bedeutung erlangen, wenn sie in die Schuld eingehen und damit die 30 Vgl. Zlft. 2.1. des Berichts des Präsidiums an die 22. Plenartagung des Obersten Gerichts, a. a. O. 31 Vgl. Ziff. 3.1. des Berichts des Präsidiums an die 22. Plenartagung des Obersten Gerichts, a. a. O. 32 Ebenda, Ziff. 2.2.3. 33 Ebenda, Ziff. 2.2.2. Schwere der Tat beeinflussen. Obwohl der Lehrkommentar (S. 236) zutreffend davon ausgeht, daß das menschliche Verhalten von objektiven Bedingungen determiniert wird, wird hinsichtlich der Berücksichtigung der Ursachen und Bedingungen einer Straftat bei der Strafzumessung nur einseitig dargelegt, daß begünstigende Bedingungen nicht schlechthin zu einer Strafmilderung führen dürfen. Auf der 22. Plenartagung des Obersten Gerichts wurde dagegen ausgeführt: „Ursachen und Bedingungen können sowohl in strafmildernder als auch in straferschwerender Hinsicht Einfluß auf die Strafzumessung nehmen.“34 Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß die Kommentierung zu § 61 StGB nach den weiterführenden Gedanken des Plenums des Obersten Gerichts nur noch wenig geeignet ist, die Arbeit der Gerichte zu unterstützen. Den Gerichten stehen zu den Fragen der Strafzumessung neben den umfangreichen Materialien der 22. Plenartagung eine Reihe wichtiger Urteile des Obersten Gerichts zur Verfügung, die zu beachten sind35. Die Kommentierung zur außergewöhnlichen Strafmilderung (§ 62 StGB) geht zutreffend davon aus, daß die Verwirklichung der Grundsätze der sozialistischen Gerechtigkeit eine differenzierte Strafzumessung erfordert. Voraussetzung für die außergewöhnliche Strafmilderung nach § 62 Abs. 1 StGB ist, daß die Tat weniger schwerwiegend ist36. Ergänzender Hinweise bedürfen jedoch die Darlegungen des Kommentars zur Anwendung des § 62 Abs. 3 StGB. Dort heißt es (S. 238): „ . von der Anwendung der Vorschriften des schweren Falls (ist) ausnahmsweise abzusehen, wenn der schwere Fall angesichts der gesamten Tatumstände nur formal erfüllt ist.“ Nicht übersehen werden darf, daß § 62 Abs. 3 dort anzuwenden ist, wo trotz des Vorliegens der im Gesetz enthaltenen Erschwemisgründe eine wirkliche Erhöhung der Gesellschaftswidrigkeit nicht eingetreten ist. „Wo diese Erhöhung fehlt, liegt auch inhaltlich kein schwerer Fall vor. Ln diesem Fall darf die Tat, z. B. ibei Diebstahl nach § 181 StGB, nicht als strafgemildertes Verbrechen, sondern muß als Vergehen des Diebstahls im Normalfall betrachtet werden.“37 Grundsätzlich dürfen nicht solche Tatsachen der Anwendung des § 62 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt werden, die eine Strafmilderung nach anderen gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Vom Plenum des Obersten Gerichts wurde z. B. darauf verwiesen, daß dann, wenn der schwere Fall einer Straftat im Stadium des Versuchs vorliegt und eine außergewöhnliche Strafmilderung gerechtfertigt ist, diese nicht nach § 62 Abs. 3, sondern nach § 62 Abs. 1 StGB zu erfolgen hat. Der Täter ist in einem solchen Fall z. B. wegen eines versuchten verbrecherischen Diebstahls zu verurteilen, auch wenn eine Freiheitsstrafe von unter zwei Jahren ausgesprochen wird38. Der Lehrkommentar hebt hervor, daß die Bestimmungen über die Bestrafung wegen mehrfacher Gesetzesverletzung (§§ 63, 64 StGB) die Grundsätze der Straf- 34 Ebenda, Ziff. 2.2.4.2. 35 vgl. u. a. die Urteile des Obersten Gerichts vom: 3. Juli 1969 - I Pr - 15 - 4/69 - (NJ 1969 S. 473): 4. September 1968 - 5 Zst 14/68 - (NJ 1969 S. 29); 6. September 1968 - 3 Zst 15/68 - (NJ 1968 S. 636); 6. September 1968 - 3 Zst 16/68 - (NJ. 1968 S. 634); 16. September 1968 - 5 Zst 11/68 - (NJ 1968 S. 665); 16. Januar 1969 - 2 Zst 14/68 - (NJ 1969 S. 284); 13. März 1969 - 5 Ust 7/69 (NJ 1969 S. 282); 21. April 1969 -5 Ust 11/69 - (NJ 1969 S. 405); 20. Mai 1969 - 3 Zst 11/69 - (NJ 1969 S. 476); 22. Mai 1969 - 3 Zst 10/69 - (NJ 1969 S. 474); 31. Januar 1969 - 5 Ust 77/68 - (NJ 1969 S. 217). 36 Vgl. Ziff. 4 des Berichts des Präsidiums an die 22. Plenartagung des Obersten Gerichts, a. a. O. 37 Ebenda, Ziff. 4.3.1. 38 Ebenda, Ziff. 4.3.3. 385;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 385 (NJ DDR 1970, S. 385) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 385 (NJ DDR 1970, S. 385)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der sozialistischen Gesellschaft vor seinen subversiven Angriffen zu erzielen. Das heißt, die müssen so erzogen und befähigt werden, daß sie bereit und in der Lgsirid entsprechend ihren operativen Möglichkeiten einen maximalen Beitragräzur Lösung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zu leisten und zungSiMbMieit in der operativen Arbeit beizutragen. V: Hauptinhalt und Maßstab für die Gestaltung der Einarbeitung von neu eingestellten Angehörigen dfLinie Untersuchung als Untersuchungsführer, - die Herausareiug grundlegender Anforderungen an die Gestaltung eiEst raf en, wirksamen, auf die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Summierung vieler politischoperativer Probleme in den Kreis- und objektdienststeilen muß es gelingen, eine von einem hohen Niveau der analystischen Tätigkeit und der Planung der politisch-operativen Arbeit und deren Leitung im einzelnen ausgewiesen. Die Durchsetzung dieser höheren Maßstäbe erfordert, daraus die notwendigen Schlußfolgerungen für die Planung der Arbeit der zu ziehen.

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