Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 358

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 358 (NJ DDR 1970, S. 358); erforderlich, daß der Sachverständige zur Hauptverhandlung erscheint. Seine Anwesenheit wird aber dann erforderlich sein, wenn er zu einem anderen Ergebnis als in seinem schriftlich vorliegenden Gutachten kommt oder wenn sich, durch die ergänzende Stellungnahme weitere Fragen ergeben6. Die Beiziehung eines Zweitgutachtens Es gibt in der Strafrechtspraxis Fälle, in denen auch eine Ergänzung des psychiatrischen Gutachtens nicht ausreicht, um die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten bzw. nach dem Umfang der Zurechnungsfähigkeit mit der erforderlichen Sicherheit zu beantworten. Das betrifft in der Regel außergewöhnliche und komplizierte kriminalistische Sachverhalte und vielschichtige Persönlichkeitsfaktoren beim Täter. Es entspricht dem Prinzip der Wahrheitserforschung und dem humanistischen Inhalt des sozialistischen Strafverfahrens, wenn das Gericht in solchen Fällen mit der Beiziehung eines Zweitgutachtens alles unternimmt, um die psychischen Grundlagen und Voraussetzungen strafrechtlicher Schuld des Angeklagten zu prüfen. Ein Zweitgutachten wird dann erforderlich sein, wenn trotz der Ergänzung des Erstgutachtens die Fragen des Gerichts nicht ausreichend beantwortet wurden und diese wesentliche Seiten der Prüfung der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten betreffen. Es muß aber die begründete Erwartung bestehen, daß diese Fragen vom Zweitgutachter beantwortet werden können. Weist also schon der Erstgutachter darauf hin, daß es nach dem derzeitigen Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht möglich ist, die Fragen des Gerichts sicher zu beantworten, so verbietet sich ein weiteres Gutachten. Das betrifft z. B. solche Fälle, in denen der Sachverständige darlegt, daß funktionale Auswirkungen bestimmter Hirnschädigungen auf das psychische Verhalten des Angeklagten noch nicht exakt bestimmbar sind oder psychiatrische Feststellungen aus bestimmten Hirnstrombildern nicht getroffen werden können. Andererseits kann es gerade erforderlich sein, ein Zweitgutachten von einer psychiatrischen Institution beizuziehen, die über größere diagnostische Möglichkeiten verfügt. Die Ergänzung des Erstgutachtens ist aber nicht generell Voraussetzung für die Beiziehung eines Zweitgutachtens. In der Praxis gibt es Fälle, bei denen es wegen der komplizierten Beurteilungslage notwendig ist, noch einen anderen Spezialisten gutachterlich zu hören7. Dieses Erfordernis kann aus der ungewöhnlichen psychologischen Struktur eines bestimmten Tatverhaltens, aus der Art einer geistigen Erkrankung des Angeklagten oder aus einem Hinweis des Erstgutachters selbst erwachsen. Es gibt auch Fälle, wo spezielle Kenntnisse und Erfahrungen auf einem besonderen Gebiet der Psychiatrie oder Neurologie erforderlich geworden sind, z. B. auf dem Gebiet der Jugendpsychiatrie. Die Beiziehung eines Zweitgutachtens bedeutet keineswegs, daß das Gericht dieses Gutachten weniger verantwortungsbewußt zu prüfen und beweisrechtlich zu bewerten hat. Die gerichtliche Prüfung des Zweitgutachtens unterliegt denselben Grundsätzen wie die des Erstgutachtens und muß dieselben inhaltlichen Bedingungen erfüllen. Das Oberste Gericht vermeidet daher in seiner Rechtsprechung den früher üblichen Begriff Obergutachten“, weil dieser eine voreingenommene Deutung des Beweiswertes dieses Gutachtens zuläßt. 6 Vgl. BG Halle, Urteil vom 5. Oktober 1966 Kass. S. 6/66 (NJ 1967 S. 548). 7 In diesem Sinne auch OG, Urteil vom 14. Juni 1966 5 Ust 22/66 - (unveröffentlicht), ur.d OG, Urteil vom 14. November 1968 - 5 ust 43/68 - (NJ 1969 S. 126). Wird ein Zweitgutachten beigezogen, ohne daß der Erstgutachter durch konkrete Fragen zur Ergänzung seines Gutachtens aufgefordert wurde, so sollte ihm eine Abschrift des Auftrags zur Erstattung des Zweitgutachtens zugesandt und er aufgefordert werden, dazu Stellung zu nehmen. Diese Art der Vorbereitung der Beweisaufnahme, in der in der Regel beide Sachverständige zu hören sind, hat sich als richtig erwiesen, weil sie der gründlichen Erörterung einer schwierigen Problematik dient. Ein Zweitgutachten wird sich stets mit den Ergebnissen des Erstgutachtens auseinandersetzen müssen. Folgt es dem Erstgutachten, so wird es in der Regel dessen Begründung ergänzen und vertiefen. Oftmals ergänzt es die medizinischen Feststellungen des Erstgutachtens im Hinblick auf die speziellen Fragen des Gerichts. Diesen gutachterlichen Darlegungen kommt dann ein hoher Beweiswert zu. Schwierig sind dagegen die Fälle zu beurteilen, bei denen das psychiatrische Zweitgutachten von den Feststellungen und Ergebnissen des Erstgutachtens abweicht. Das Oberste Gericht hat zu dieser Prozeßfrage entschieden, daß es im Interesse der Wahrheitsforschung grundsätzlich erforderlich ist, „in der Hauptverhandlung zu versuchen, durch eine eingehende Erörterung des Sachverhalts mit den Sachverständigen und durch deren Befragen zu ihren abweichenden Ansichten eine Klärung der Widersprüche herbeizuführen“8. Das Gericht wird aber dem Gutachten folgen dürfen, das an Hand aller wesentlichen Details des Tatgeschehens und der Persönlichkeit des Angeklagten die Fragen nach der Zurechnungsfähigkeit entsprechend den hohen Ansprüchen an eine exakte wissenschaftliche Aussage beantwortet. Gründlichkeit, Exaktheit, Klarheit und Ausdruckskraft, aber auch die Einbeziehung eines wissenschaftlichen Kollektivs in die Begutachtung das sind Kriterien, die den Grad der Wissenschaftlichkeit eines Gutachtens erhöhen. Selbstverständlich sind dem Gericht auch Grenzen seiner Beurteilungsfähigkeit gesetzt, wo es also nicht mehr mit der notwendigen Sicherheit einem von beiden Gutachten zu folgen vermag. In solchen Fällen muß es im Zweifel zugunsten des Angeklagten entscheiden, also diejenige Variante zur Grundlage der Schuldentscheidung nehmen, die das günstigste Beweisergebnis für den Angeklagten enthält. Es ist jedoch fehlerhaft, eine solche Entscheidung zugunsten des Angeklagten zu treffen, ohne daß das Gericht alle Möglichkeiten der Wahrheitserforschung genutzt hat. Das verstößt gegen die Pflicht des Gerichts zur allseitigen und unvoreingenommenen Beweisführung. In dem vorstehend genannten Urteil des Obersten Gerichts wird nachdrücklich verlangt, daß bei einander widersprechenden Gutachten zu versuchen ist, in der gerichtlichen Hauptverhandlung eine Klärung der Ansichten herbeizuführen. Obwohl es sich in dem dort entschiedenen Fall um Glaubwürdigkeitsgutachten handelte, treffen die prozessualen Prüfungskriterien auf forensische Gutachten allgemein zu. Im konkreten Fall ist überzeugend dargelegt worden, daß der Senat eine weitere Klärung nicht für möglich hielt. Dieser entscheidende Umstand rückt jedoch etwas aus dem Blickpunkt, so daß der hiermit verbundene Rechtssatz mißdeutet werden könnte. Es heißt nämlich in dieser Entscheidung: „Kann dennoch eine Klärung zwischen den Gutachtern nicht herbeigeführt werden und vermag auch das Gericht keinen eigenen Standpunkt zu gewinnen, dann ist entweder ein weiteres Gutachten einzuholen 8 OG, Urteil vom 15. Oktober 1968 - 3 Zst 17/68 - (NJ 1969 S. 123). 358;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 358 (NJ DDR 1970, S. 358) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 358 (NJ DDR 1970, S. 358)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der Rechtssicherheit Hauptrichtungen und Inhalte zur weiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen durch die Zusammenarbeit zwischen operativen Diensteinheiten und Untersuchungsabteilungen als ein Hauptweg der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen und der ihnen zugrunde liegenden Ursachen und Bedingungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit im gesamtgesellschaftlichen und gesamtstaatlichen. Prozeß der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen eine große Verantwortung. Es hat dabei in allgemein sozialer und speziell kriminologischer Hinsicht einen spezifischen Beitrag zur Aufdeckung. Zurückdrängung. Neutralisierung und Überwindung der Ursachen und Bedingungen auf treten. Dieser realen Komplexität muß im konkreten Fall der Vorbeugung durch komplexes Vorgehen entsprochen werden. Vorbeugungsmaßnahmen dürfen sich grundsätzlich nicht auf einzelne Wir-kungszusanmenhänge von Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen. Die Erzeugung Honecker, Bericht an den Parteitag der Partei , Berichterstattert Genosse Erich Honecker, Bietz-Verlag Berlin, - Hede des Genossen Erich Hielke zur Eröffnung des Partei lehrJahres und des vom Bericht des Politbüros an das der Tagung des der Partei , Dietz Verlag Berlin Über die Aufgaben der Partei bei der Vorbereitung des Parteitages, Referat auf der Beratung das der mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung in den genannten Formen zu regeln, wo das unbedingt erforderlich ist. Es ist nicht zuletzt ein Gebot der tschekistischen Arbeit, nicht alles schriftlich zu dokumentieren.

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